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SGK306 - Dr. Tschang Fu - Der Unheimliche kehrt zurück

SGK306 - Dr. Tschang Fu - Der Unheimliche kehrt zurück

Titel: SGK306 - Dr. Tschang Fu - Der Unheimliche kehrt zurück
Autoren: Larry Brent
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    Sie lief wie in Trance durch das Dickicht und merkte nicht, wie
Zweige und Äste ihre Haut verletzten. Amaiko, die junge Japanerin, hatte längst
keine Furcht mehr. Ihr Gesicht war wie aus Porzellan geformt, klar und rein, es
leuchtete weiß in der Dunkelheit des Waldes, aus dem geheimnisvolle Geräusche
drangen.
    Dies war der »Wald des Todes« oder auch »Wald ohne Wiederkehr«...
Wer hierher kam, erwartete den Tod. Und der überfiel Amaiko, so schnell, so
unerwartet, daß sie nicht einmal erkannte, in welcher Form er sich ihr näherte.
    Das undurchdringliche Dickicht machte jede Orientierung unmöglich.
Hinter jedem Busch, jedem Strauch konnte ein Fuchs, ein Marder oder wilder Hund
hocken, der sich im nächsten Moment auf sie stürzte und sie zerriß. Was es dann
schließlich war, konnte sie jedoch nicht erkennen. Es fühlte sich an wie harte,
knöcherne Krallen, die ihr Gesicht streiften.
    Die Frau, obwohl auf den Tod gefaßt, fuhr wie in Panik hoch. Laut
hallte ihr Schrei durch die Nacht und die Endlosigkeit des berühmt-berüchtigten
Waldes am Fuß des Fudschijama . Doch da war niemand in
der Finsternis, der sie gehört hätte, geschweige ihr zu Hilfe eilen konnte.
    In dem Augenblick, als sie fühlte, daß der Tod kam, wehrte sie
sich dagegen und wollte nichts mehr davon wissen.
    »Toshio !« schrie sie wie von Sinnen.
»Toshio ... komm', hilf mir... ich will zu dir... ich will zu dir...«
    Wie eine Flut schwappte die Angst über sie hinweg.
    Nein! schrie es in ihr. Ich will nicht sterben - ich will leben!
    Und sie wehrte sich plötzlich mit einer Kraft gegen den Tod, die
nur möglich war in einem Augenblick höchster Todesangst.
    Es war Irrsinn gewesen, hierher zu kommen.
    Amaiko wollte noch mal ganz von vorn anfangen. Sie konnte glücklich
werden.
    Der Tod war kein Ausweg ... alles war zu klären
...
    Aber es war zu spät zur Umkehr. Sie hatte keine Chance mehr,
jemals wieder aus diesem Wald herauszufinden, selbst wenn es ihr gelänge, sich
aus dem Würgegriff des Raubtieres zu lösen.
    Raubtier?
    Ihre verlöschenden Sinne registrierten hornartige Klauen und einen
mattschimmernden, schwarzen Chitinpanzer, der sich über sie wälzte.
    Dann schwanden die Eindrücke.
    Die Frau merkte nicht mehr, auf welche Weise ihr Tod erfolgte.
    Es war grauenhaft...
     
    *
     
    Toshio Kawasako warf einen Blick auf die große Bahnhofsuhr.
    Amaiko müßte längst da sein. Ihre Verspätung betrug schon mehr als
zwanzig Minuten. Er war daran gewöhnt, daß sie pünktlich war.
    Der junge Mann wurde zunehmend nervöser.
    Er sah nochmals aufmerksam in die Runde und vergewisserte sich,
daß er auch wirklich am vereinbarten Treffpunkt wartete und Amaiko nicht einen
anderen Tokioter Bahnhof gemeint hatte.
    Nein, alles hatte seine Richtigkeit...
    Dies war der Treffpunkt...
    Der junge Reporter beobachtete eine Weile den Strom der Menschen,
der sich zu den Bahnsteigen ergoß. Die Millionenstadt war immer voller Leben,
ob am frühen Morgen oder am späten Abend. Das Kommen und Gehen von und zu den
Büros versiegte scheinbar nie...
    Der Japaner ließ noch eine Viertelstunde verstreichen und füllte
sie damit, daß er sich einen gegrillten Fisch an einer Imbißstube einverleibte
und an einem Kiosk dann einen Horror-Comic erstand, den er flüchtig
durchblätterte. Die Story handelte von einem amorphen Ungeheuer, das sich wie
eine schleimige Brühe durch die Tokioter Kanalisation wälzte, hin und wieder
durch die Gullys und Abflüsse in den Straßen und Badezimmern auftauchte und
einige junge Frauen verschlang. Die Handlung war unheimlich gezeichnet und
geschrieben und wirkte trotz aller phantastischen Elemente realistisch. Das
machte den Reiz dieses Comics aus.
    Toshio, der sonst gern solche Geschichten las, war heute nur mit
halbem Herzen dabei.
    Eine Stunde über der gewohnten Zeit!
    Da stimmte etwas nicht...
    Hatte Amaiko es sich anders überlegt?
    Unwillkürlich atmete Toshio tief durch, und das Herz wurde ihm schwer.
    Er liebte sie, und sie liebte ihn. Daran gab es eigentlich keinen
Zweifel mehr. Amaiko war verheiratet. Sie wollte heute ihren Mann verlassen und
gemeinsam mit ihm ein neues Leben beginnen. Daß er sich ausgerechnet jemals in
die Frau eines anderen Mannes verlieben würde, hätte er selbst nicht für
möglich gehalten. Und seine Freunde, die davon wußten, hielten ihn für
verrückt. In Tokio gab es hunderttausende von gutaussehenden jungen Mädchen und Frauen , - aber er wollte ausgerechnet Amaiko ...
    Toshio Kawasako
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