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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition)
Autoren: Stefan Casta
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denke, dies ist einer der besten Freitage seit langem.
    Dinah und ich fahren mit dem Taxi nach Hause, weil meine Mutter keine Zeit hat, uns abzuholen. Es ist Dinahs erster Besuch bei uns, und ich habe eine Scheißangst, dass sie unser Haus klein und eng findet, weil ich ja weiß, dass sie an was viel Besseres gewöhnt ist.
    Aber sie sagt nichts. Sie begrüßt meinen Vater, gibt ihm aber nicht die Hand. Das macht sie zwar nie, aber trotzdem finde ich es in dem Fall befremdlich. Dann hebt sie Pompom hoch, und der schnurrt gleich los und kuschelt sich in ihre Arme.
    »Er mag dich«, sage ich. »Sonst dürftest du ihn nicht auf den Arm nehmen.«
    Dinah drückt ihr Gesicht in Pompoms Fell. »Ich hasse Menschen«, sagt sie.
    Ich schweige verblüfft. Dann sage ich: »Wie meinst du das?«
    »Nur so«, sagt sie. »Ich hasse sie einfach.«

Der Tag des Saturn
    Samstag ist ein unaufgeregter Tag, weich, freundlich und angenehm. Man schmeckt den Freitag noch irgendwie, merkt aber, wie er sachte ausklingt und zum Samstag wird. Nicht der Sonntag ist der eigentliche Ruhetag, sondern der Samstag. Am Samstag ist die Luft voller Gedanken, Ideen erwachen, die Menschen unternehmen Dinge, starten Projekte, sind draußen, sind drinnen, sind überall, gehen ins Kino, aber alles geschieht in ruhigerem Tempo. Der Samstag ist ein softer Tag.
    Dinah und ich sitzen im Garten. Der Regen hat genauso plötzlich aufgehört, wie er angefangen hat. Dinah liest ein Buch, und ich entferne Zecken aus Pompoms Fell. Nachts ist er immer im Freien unterwegs, und wenn er nach Hause kommt, ist er voller Zecken. An diesem Morgen habe ich schon vier Stück entfernt, am Hals und am Kopf, und jetzt gerade habe ich noch eine gefunden, in der Falte unter der linken Vorderpfote. Die Zecke ist schon riesig, bestimmt ist es eine, die wir früher übersehen haben. Meine Eltern sind nicht so gut im Zeckenfinden wie ich. Entfernen kann sie auch niemand so gut wie ich. Es ist wichtig, dass die ganze Zecke mitkommt, auch der Kopf. Ich benütze keine Zeckenzange, sondern kneife mit den Fingerspitzen und Fingernägeln zu und drehe die Zecke dann vorsichtig, aber energisch mit einem Ruck heraus. Das klappt immer. Mama sagt, ich sei die beste Zeckenentfernerin der Welt. Das stimmt vielleicht tatsächlich, denke ich manchmal.
    Jetzt merke ich, dass Dinah aufgehört hat zu lesen und mich beobachtet. Ich kneife fest zu und drehe mit einem Ruck. Plopp, schon ist die Zecke in meiner Hand! Wenn sie so groß sind, ist es ganz einfach. Ich zeige sie Dinah. Sie erschauert und steht auf.
    »Tu sie weg!«, schreit sie.
    Ich lache.
    »Hast du etwa Angst vor einer Zecke!«, rufe ich aus, weil ich nicht fassen kann, dass Dinah vor einer kleinen Zecke Schiss hat.
    Dann stehe ich auf und halte sie ihr direkt vors Gesicht. Pompom springt demonstrativ aus meinen Armen und stelzt gereizt davon.
    »Gib ihr ein Küsschen!«, sage ich. »Sie ist noch nie geküsst worden.«
    Dinah heult laut auf und rennt davon. Ich renne hinter ihr her, und wir hüpfen schreiend zwischen den Gartenmöbeln herum.
    »Was ist los?«, ruft Papa vom Dach, wo es anscheinend irgendetwas zu reparieren gibt. Ich höre seiner Stimme an, dass er beunruhigt ist.
    Dinah und ich bleiben stehen und sehen zu ihm hinauf. Ich halte die Zecke hoch.
    »Die hier will ein Küsschen haben«, erkläre ich. »Aber Dinah traut sich nicht.« Dann halte ich mir die Zecke an den Mund und geb ihr einen nassen extralangen Schmatz.
    »Lecker«, sage ich.
    Dinah heult wieder auf.
    »Du bist so was von supereklig!«, brüllt sie.
    Papa oben auf dem Dach lacht.
    »Wo ist Mama?«, ruft er.
    »Die vögelt mit dem Nachbarn«, schreie ich.
    Da sagt Papa nichts mehr, sondern wendet sich wieder den Dachziegeln zu. Dinah steckt sich mit einem kirschroten Feuerzeug eine Zigarette an.
    »Herr Jönsson«, sage ich und nicke zum Nachbarhaus hinüber.
    Im selben Augenblick tritt Mama auf den Balkon heraus, das Telefon in der Hand.
    »Was macht ihr?«, fragt sie.
    »Nichts«, sage ich. »Dinah hat Schiss vor Zecken.«
    Mama lacht.
    »Das hab ich auch, Dinah«, sagt sie. Dann schaut sie hinauf zum Dach und ruft: »Hast du Hunger, Axel?«
    »Muss erst noch mit dem Dach fertig werden.«
    »Das Essen ist in fünf Minuten so weit«, sagt Mama.
    •
    Wir essen im Garten. Meine Mutter hat den Gartentisch gedeckt. Eine weiße Haushaltsrolle steht auf dem Tisch und flattert träge im schwachen Wind. Es gibt Kartoffelomelett und dazu schwarze Oliven und geräucherten
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