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0745 - Angst über Altenberg

0745 - Angst über Altenberg

Titel: 0745 - Angst über Altenberg
Autoren: Jason Dark
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verzogene Fratze, in der sich all das Böse vereinigte, was sich auch in seinem Innern befand.
    Dieses junge Gesicht strahlte einen Haß aus, der mich zutiefst erschreckte. Er bohrte sich förmlich in mein Innerstes hinein, das war nicht mehr der Elohim, den ich kannte. Nicht mit einem derart roten Gesicht, das wie überhitzt wirkte. Die Augen waren ihm aus den Höhlen gequollen. Sein Haar glich einem durchgeschwitzten und flach auf dem Kopf liegenden Lappen. Er bewegte seine Arme hektisch hin und her wie jemand, der versucht, von der Stelle abzuheben und zu fliegen.
    Dann brach er in die Knie.
    Mit beiden Händen stützte er sich ab. Den Kopf nach vorn gedrückt und schwer atmend.
    Ich war weitergegangen, doch auch jetzt zeigte er keinerlei Interesse an mir.
    Er blieb hocken, den Mund geöffnet. Laute, die auch ein Tier hätte ausstoßen können, drangen daraus hervor. Sein Gesicht war naß. Auf seine Haut hatte sich ein Gemisch aus Tränen und Schweiß gelegt. Bei jedem Atemzug zuckte sein Körper und er sah aus, als wollte er jeden Moment einbrechen.
    Ich hatte nur noch wenige Schritte zu laufen. In der Düsternis sah er aus wie eine Schattengestalt.
    Ich wandte meinen Blick ab und ließ ihn durch die Kirche streifen.
    Zeigte sich Lilith? Würde sie erscheinen, um ihren Triumph hinauszubrüllen?
    Nein, sie hielt sich zurück und war nicht einmal als feinstoffliche Projektion zu erkennen.
    In Reichweite stoppte ich vor dem Jungen.
    »Elohim«, sagte ich leise.
    Er reagierte nicht, schüttelte nur den Kopf, wobei aus seinem Mund dunkle Knurrlaute drangen.
    »Elohim, Junge!«
    »Geh, Sinclair, geh…«
    Ich schrak zusammen. Das war nicht mehr die Stimme des Jungen. Aus seinem Mund drang mir ein neutrales Etwas entgegen, über das ich nicht Bescheid wußte.
    Furchtbar…
    Ich faßte ihn an.
    Und da schrie er, als wäre er von einer heißen Flammenwand erfaßt worden!
    ***
    Der Schrei war so schrill, daß ich nicht anders konnte, ihn losließ und zurückzuckte. Ich hätte nie gedacht, aus seinem Mund so etwas zu hören. Das war auch nicht der Elohim gewesen, den ich kannte, ihn ihm steckte viel mehr, etwas anderes und Furchtbares, das möglicherweise seine Seele zerstört hatte.
    Mein Blickwinkel war günstig. Ich schaute auf ihn hinab, er zu mir hoch.
    Ein blankes Gesicht, gezeichnet von kaltem Haß auf alles Gute. Augen, die nicht mehr so grellweiß strahlten, sondern jetzt aussahen wie blanke Spiegel. Der Junge machte einen Eindruck, als wäre er blind. Aber er konnte nach innen sehen und auch erkennen, was da von ihm Besitz ergriffen hatte.
    »Mutter…!« würgte er hervor und rieb mit beiden Handflächen über seine Brust, ein Zeichen für den Geist, sich zu befreien und sich ihm zu zeigen.
    »Sie ist nicht deine Mutter!« sprach ich ihn an. »Sie darf es einfach nicht sein.«
    »Doch!« brüllte er. »Sie ist es. Sie ist in mir! Ich spüre sie genau! Sie will mich, sie hat mich. Sie läßt mich nicht im Stich. Endlich hat sie mich gefunden!«
    Seine Stimme war nur mehr ein Kreischen, das wie eine schaurige Botschaft durch den Dom hallte und deren zahlreiche Echos sich überschnitten. Wieder bewegte er sich und blieb dabei auf dem blanken Steinboden hocken. Sein Kopf zuckte nach vorn und zurück. Ich mußte eingestehen, daß Elohim besessen war.
    Dann sprang er hoch!
    Damit überraschte er mich sogar. Da er nichts unternahm, blieb auch ich stehen.
    Elohim bewegte seine Augen rollend. Im selben Rhythmus fuhr auch die Zungenspitze aus dem Mund und umkreiste die Lippen, wobei sie noch ein feucht schimmerndes Schleimerbe hinterließ.
    Sein Lachen traf mich hart. Es klang so schrill, häßlich und auch gackernd. Elohim streckte seine Arme aus, während er sich wieder auf der Stelle im Kreis drehte. »Ich hasse diesen Dom!« sprach er mit einer fremden Stimme, wobei ich nicht wußte, ob eine Frau redete oder ein Mann. Ich einigte mich auf ein neutrales Wesen.
    »Ja, ich hasse ihn. Ich habe ihn immer sehen müssen. All die Jahre über. Jemand wollte, daß ich ihn sah. Ein Jemand, der genau wußte, daß etwas anderes noch in mir steckte. Eine andere Kraft, die von meiner Mutter. Der Jemand, es ist mein Vater, hat sich einen Plan ausgedacht, aber er schaffte es nicht, die andere Kraft zu überdecken. Sie war einfach zu mächtig und wollte ihren alten Fehler wieder gutmachen. Ha, ha, ha…« Plötzlich lachte er wie ein kleines Mädchen, bevor er seinen rechten Handballen gegen die Lippen preßte. Langsam sank die Hand
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