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0745 - Angst über Altenberg

0745 - Angst über Altenberg

Titel: 0745 - Angst über Altenberg
Autoren: Jason Dark
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etwas Tierisches an sich hatte.
    Ich blieb stehen.
    Dann sah ich sein Gesicht.
    Er hielt es zwar etwas im Schatten, ich erkannte trotzdem die Veränderung darin. Sie bezog sich besonders auf seine Augen, die nicht mehr so aussahen wie sonst.
    Sie strahlten beide auf wie weiße Spiegel, gegen die grellweißes Licht gestoßen war. Es vereinigte sich in den Augen zu einem blendenden Reflex und gab ihnen etwas Monströses, Geisterhaftes. Die Augen hatten ihre Normalität längst verloren, sie waren böse Boten einer fremden Macht, versprachen mir viel, nur nichts Gutes.
    Es war genau das eingetreten, was Elohim vorausgesagt hatte. Die andere, die dunkle Seite seiner Seele hatte von ihm Besitz ergriffen, das war nun das Zeichen seiner mir noch unbekannten Mutter.
    Ich wartete ab.
    Er hatte sich zwar gedreht, doch er nahm von mir überhaupt keine Notiz. Sein Blick war auf die Tür gerichtet, der Mund verzogen, als wollte er jeden Augenblick ausspeien.
    »Ich werde das Zimmer jetzt verlassen«, flüsterte er mir zu. »Und wehe dem, der versucht, mich aufzuhalten. Er wird es nicht überleben, er wird vernichtet, zerrissen, getötet. Ich gehe jetzt und werde meine Eltern sehen.«
    Diesen Vorsatz setzte er sofort in die Tat um. Ich mußte ihm ausweichen, um ihm Platz zu schaffen.
    Er passierte mich.
    Ich war für Elohim nicht da.
    Der Junge verließ das Zimmer, ohne daß er von mir gestört wurde. Dennoch war mir klar, daß es von nun an um sein Leben gehen würde. Das wollte ich retten…
    ***
    Wir hatten die Treppe hinter uns gelassen und auch den kleinen Vorraum an der Rezeption.
    Meine Gebete waren dabei erhört worden. Niemand war uns entgegengekommen. Aus dem Restaurant hörte ich die Stimmen der Gäste. Sie verschwammen zu einem klebrigen Gesumm, das meiner Ansicht nach meilenweit entfernt lag.
    Die junge Frau an der Rezeption schaute kaum hoch, sie hatte mit ihren Listen genug zu tun, sie ließ sich auch nicht von dem Knarren stören, das entstand, als Elohim die Tür aufgezogen hatte.
    Er ging vor.
    Ich blieb ihm auf den Fersen.
    Noch einen letzten Blick warf ich zurück, da mich der Klang leiser Tritte gestört hatte.
    Helmut Massow stand plötzlich in meiner Nähe. Sein Blick sprach Bände. Er war erstarrt und gleichzeitig wissend sowie fragend.
    Ich nickte ihm zu und gab dabei die Ansicht kund, daß es jetzt soweit war.
    »Gut, dann wünsche ich Ihnen alles Gute.«
    »Danke, Herr Massow.«
    Nach dieser Antwort verließ ich das Haus und folgte dem Jungen, der bereits einen ziemlich großen Vorsprung gewonnen hatte. Er befand sich bereits auf dem Weg, der direkt auf den Altenberger Dom zuführte. Ich wollte ihn nicht einholen und blieb ihm in einem genügenden Abstand auf den Fersen.
    Elohim ging sehr gerade, und doch schwankte er, als wäre er von Windböen getroffen. In der Stille hörte ich seine Schritte. Sie erreichten mich wie Echos.
    Als ich auf Elohims Rücken schaute, da schoß mir durch den Kopf, wie verloren er eigentlich war.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, daß sich ein zwölfjähriger Junge den Mächten der Finsternis stellen würde, die ihm zwangsläufig begegnen würde, wenn er tatsächlich Kontakt mit seiner Mutter bekam.
    Die Umgebung hatte sich nicht verändert. Über Altenberg lag eine graue Finsternis, in der die wenigen Lampen wie die kalten Augen eines Ungeheuers vom anderen Stern wirkten und es kaum schafften, mit ihrem Licht durchzukommen.
    Alle Besucher waren verschwunden. Kein Spaziergänger durchwanderte mehr die Umgebung.
    Kälte, Dunkelheit und Wind verbündeten sich, als wollten sie das Unheimliche gemeinsam tragen, das in der Nähe lauerte. Ich warf hin und wieder einen Blick in den Himmel, über den gewaltige Wolkenberge wischten, die auch der Wind nicht zerreißen konnte.
    Zumeist bildeten sie eine kompakte Masse. Nur an wenigen Stellen war sie aufgerissen, dann schimmerte der Himmel klar. Hin und wieder blinkten auch die fernen Sterne, als wollten sie mir Mut machen.
    Im Schatten des Doms war es finsterer. Zwar wurde er angestrahlt, doch dieses Licht hatte sich meiner Ansicht nach der Dunkelheit angepaßt. Es wirkte ebenfalls leicht grau, wie von starren Schatten durchzogen, die sich immer mehr verdichteten.
    Der Wind bewegte die Zweige der Bäume. Es hingen noch keine Blätter daran, nur kleine Knospen.
    Der Bewuchs erinnerte mich an starre Totenwächter, die ihre Arme ausgebreitet hatten wie ein Polyp seine Fänge.
    Ein Instinkt ließ mich neben einem Wagen stehenbleiben und
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