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0745 - Angst über Altenberg

0745 - Angst über Altenberg

Titel: 0745 - Angst über Altenberg
Autoren: Jason Dark
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erstenmal bewegte, leicht lächelte und eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
    Was war Raniel?
    Vor kurzer Zeit war er mir zum erstenmal begegnet. Er war kein Engel, er war kein Mensch.
    Er war beides.
    Engel und Mensch.
    Und er hatte die Aufgabe übernommen, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen, einer Gerechtigkeit in seinem Sinne, denn er trat auch als Rächer auf.
    Ich dachte daran, daß er in einer Schule zahlreiche Kinder aus der Hand eines Geiselnehmers gerettet hatte und dabei nicht eben zimperlich vorgegangen war. Bei einem Wesen wie er es war, da heiligt der Zweck die Mittel.
    Und er sollte zusammen mit Lilith…?
    Verflixt, das wollte mir einfach nicht in den Sinn. Nicht einer wie Raniel. Oder war es der Engel gewesen? Hatte er deshalb, weil er sich mit Lilith eingelassen hatte, eine alte, nie vergehende Schuld zu bezahlen? Trat er aus diesem Grunde als Gerechter auf? Diese Gedanken schossen mir durch den Kopf. Je mehr ich über die Vermutungen nachdachte, um so einleuchtender kamen sie mir vor.
    »Komm her, Elohim…«
    Er hatte die Worte mit leiser Stimme gesprochen. Der Junge zögerte noch einen Moment, dann aber nickte er und stand auf. Er ging auf die ausgestreckte Hand seines Vaters zu und ließ sie auch nicht mehr los. Dabei drehte er sich so, daß er neben dem Gerechten stand und beide mich anschauen konnten.
    Ich kam mir etwas verloren vor. Nicht wie der lachende Dritte, sondern derjenige, der nichts mehr in dieser Umgebung verloren hatte. Aber ich wollte auch nicht verschwinden, denn ich wußte, daß mir Raniel eine Erklärung schuldig war.
    »Du sagst nichts?« fragte ich ihn, weil es mir schwerfiel meine Ungeduld zu zähmen.
    »Ich möchte mich bei dir bedanken.«
    »Wofür?«
    »Daß du dich um Elohim gekümmert hast.«
    »Es ist nicht mein Verdienst gewesen. Ich hätte es bei jedem anderen auch getan.«
    Der Gerechte hob die dunklen Augenbrauen. »Ob Verdienst oder nicht, jedenfalls hat das Schicksal diesmal wieder einen Kreis geschlossen. Es ist doch Schicksal, daß ihr beide ausgerechnet zusammengekommen seid. Es hat den großen Bogen geschlagen, über die Kreaturen der Finsternis bis hin zu Lilith.«
    »Da sagst du etwas«, flüsterte ich und schickte ihm danach die Vorwürfe entgegen. »Ich will nicht erst von deinen Taten beginnen, Raniel, aber ich hätte dich für klüger gehalten.«
    »Was meinst du damit?«
    »Du hättest dich erstens nicht mit Lilith einlassen sollen, und zweitens hättest du mehr auf deinen Sohn achten müssen, denn genau das hätte deinem Namen zur Ehre gereicht, wo du dich doch als einen Gerechten bezeichnest.«
    Er ließ sich Zeit mit der Antwort. Irgendwann nickte er und gab mir recht.
    »Mehr hast du dazu nicht zu sagen?«
    »Warum sollte ich? Ich werde Elohim mitnehmen und von nun an auf ihn achtgeben. Ich habe mich bei dir bedankt. Ich werde es dir auch nicht vergessen, John Sinclair. Es kann durchaus sein, daß du einmal auf meine Hilfe angewiesen bist.«
    »Das streite ich auch nicht ab. Nur würde mich interessieren, wie jemand wie du dazu kommt, sich mit einer Urdämonin einzulassen, die auch als erste Hure des Himmels bezeichnet wird.«
    »Muß ich das unbedingt gewesen sein?« gab er mir flüsternd zur Antwort.
    »Wer dann?«
    »Mich haben Menschen aufgezogen, wie du weißt. Aber da gab es noch etwas, erinnere dich.«
    »Der Engel, dein anderes Ich!«
    »Ja.«
    Bei mir lichtete sich das dunkel. Ich mußte mich räuspern, um etwas zu sagen. »Dann bist du persönlich, so wie du jetzt vor mir stehst, nicht unbedingt der Vater - oder?«
    »Gut gefolgert.«
    »War es deine zweite Existenz, die du damals mit deinem gläsernen Schwert getötet hast?« Ich erinnerte mich daran, daß es sich in einer Hyäne mit gelblichen Augen gezeigt hatte.
    Raniel nickte.
    »Dann hat also dein anderes Ich diesen verfluchten Pakt mit Lilith geschlossen, aus dessen Verbindung ein Junge namens Elohim entstand, und dieser Junge in sich das Böse sowie das Gute verband. War dem nicht so?«
    »Ja«, gab er zu. »Ein Stück von mir, ein Stück von ihr. So hatte er leider zwei Existenzen und konnte manipuliert werden. Er wußte es, ich gab ihn weg. Er sollte hier in der Nähe eines Doms aufwachsen. Dieses Internat erschien mir ein idealer Ort zu sein, aber ich habe die anderen Kräfte unterschätzt. Ich selbst hätte mich gern um ihn gekümmert, aber ich war noch nicht soweit. Ich brauchte einfach Zeit, um den Gerechten entstehen zu lassen. Dabei habe ich leider vergessen,
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