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0745 - Angst über Altenberg

0745 - Angst über Altenberg

Titel: 0745 - Angst über Altenberg
Autoren: Jason Dark
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wartete ab.
    Es war natürlich die Frage, wie sich der Junge verhielt. Zu welcher der beiden in Frage kommenden Seiten er neigte und hoffte nicht, daß es die Mutter war, obgleich sich ihre Kraft in seinem Innern manifestiert hatte und die Seele umspülte.
    Aber sie steckte in ihm. Am Blick seiner Augen und dieser grellen Veränderung hatte ich es deutlich gesehen. Und trotzdem war er in den Dom hineingegangen, als wäre nichts geschehen. War die Kraft seines Vaters dermaßen stark, daß sie bei ihm das Gleichgewicht hielt?
    In Elohims Haut wollte ich nicht stecken. Der Junge tat mir in der Seele leid. Er hatte ein schweres Schicksal hinter sich, war zu einem magischen Spielball geworden. Ich konnte nur hoffen, daß die positive Seite überwog.
    Wie viele Minuten vergangen waren, konnte ich nicht sagen. In diesem Dom fühlte ich mich irgendwie zeitlos. Hier waren die Stunden oder Minuten stehengeblieben. Wer als Mensch dieses Bauwerk betrat, den nahm es voll und ganz umfangen.
    Elohim wirkte im Gang zwischen den Bänken wie verloren. Manchmal bewegte er sich, drehte aber nur den Kopf. Ich war schon versucht, einzugreifen, hielt mich aber immer wieder zurück und wollte erst alles auf mich zukommen lassen.
    Bisher hatte er gebeugt auf der Stelle gestanden, wie jemand, der seine Gedanken noch sammeln will.
    Plötzlich bewegt er seinen Kopf. Ei schaute dabei dem Altar entgegen, ah hätte er dort etwas Außergewöhnliches entdeckt. Auch ich blickte hin und konnte nichts finden, was anders gewesen wäre.
    Der Dom schwieg…
    Das ewige Licht strahlte ruhig wie ein roter Punkt. Kerzenschein wurde von der Luft aufgesaugt. In einer derartigen Stille konnte der Mensch wieder zu sich selbst finden, vorausgesetzt, er brachte die entsprechende Bereitschaft mit.
    Aber der Junge wollte nicht zu sich selbst finden, er suchte seine Eltern.
    Ein Wort rief er.
    »Mutter?«
    Seine helle Stimme hallte durch das Kirchenschiff, bevor sie sich als Echo verlor.
    Ich schrak zusammen. Nicht wegen der Stimme, sondern wegen des Begriffs Mutter. Es paßte mir nicht in den Kram, daß er ausgerechnet sie rief, also das Böse in ihm.
    Seine Mutter rührte sich nicht.
    Er versuchte es noch einmal. Diesmal lauter und schon etwas ungeduldiger.
    Wieder bekam er keine Reaktion.
    Ich hörte ihn stöhnen. Er bewegte sich unruhig, seine Füße schabten über dem Boden.
    Dann noch einmal. »Mutter?«
    Diesmal klang der Ruf ängstlich und auch leicht verzweifelt. Wie bei einem Menschen, der sich von seinen Beschützern im Stich gelassen fühlt. Hatte Elohim so stark auf seine Mutter gesetzt, daß es nur sie für ihn gab?
    Es war kaum vorstellbar, denn ich hatte ihn ganz anders in Erinnerung. Zu diesem Zeitpunkt hätte er mein Kreuz sicherlich nicht angerührt, davon ging ich aus.
    Der dritte Ruf brachte ihm einen Teilerfolg. Etwas, das seine Mutter durchaus hätte sein können, war plötzlich da. Zu sehen war es nicht, einfach nur zu fühlen, und auch für mich, denn ich spürte bereits den Hauch, der durch das Kirchenschiff geisterte und einfach anders war als alles, was ich zuvor erlebt hatte. Das Böse lauerte…
    Meine Nackenhaare stellten sich zwar nicht gerade hoch, aber die Spannung nahm zu.
    Auch das Kreuz reagierte.
    Als ich danach faßte, spürte ich die leichte Erwärmung. Es stemmte sich gegen die neue Gefahr an.
    Ich fühlte noch einmal nach, weil ich mich bei einer bestimmten Sache vergewissern wollte, und ich hatte mich nicht getäuscht.
    Mein Kreuz hatte sich besonders in der Mitte erwärmt, wo die Zeichen hineingeätzt worden waren, die man mir einmal genommen hatte. Es war eine mächtige Person gewesen, die dies geschaffen hatte. Auch vergleichbar mit einem Urengel, der sich auf die falsche Seite schlug, um so zu werden wie die oberste aller Kräfte. Allerdings ein weiblicher und in der Mystik des Alten Testaments als erste Hure des Himmels bezeichnet, für die es auch einen Namen gab.
    Lilith!
    Bei dem Gedanken an sie krümmte ich mich zusammen. Ich hatte plötzlich einen schlechten Geschmack im Mund, denn gerade diese Person war unheimlich mächtig und hatte es sogar geschafft, mein Kreuz zu manipulieren. Mein Herz schlug plötzlich schneller. Es war nur ein Verdacht und keine Bestätigung, aber ich blieb dabei, es konnte sich nur um Lilith handeln, die von den Hexen auch als die Große Mutter oder die Urmutter bezeichnet wurde.
    Jetzt dachte ich über die Waldhexe auch anders. Ich sah sie in einem anderen Licht. Sie gehörte zu den Wesen,
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