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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition)
Autoren: Katja Brandis
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Der beste Sucher von ganz Daresh
    Im ersten Monat meiner Wanderschaft durch das Seenland wurde ich dreimal übers Ohr gehauen, zehnmal zum Essen eingeladen, zweimal bei einer Wette besiegt und einmal beinahe von einer jungen Händlerin verführt. Aber nur beinahe. Als sie hörte, dass ich erst fünfzehn war, beließ sie es zu meiner Enttäuschung beim Küssen.
    Die Reise erfüllte ihren Zweck. Immer öfter schaffte ich es, den hässlichen Streit mit meinem Vater zu vergessen, wegen dem ich meine Sachen gepackt hatte und noch in der gleichen Nacht verschwunden war. Aber ich wusste auch, dass Vergessen nichts helfen würde. Mein Vater hatte mit dieser schrecklichen Frau, deren Namen ich nicht mal denken mochte, den Bund geschlossen; er würde mit ihr wegziehen. Es gab kein Zurück mehr. Ich musste meinen eigenen Weg finden.
    Fortschritte dabei machte ich, als ich in der Nähe eines Krötenmenschen-Nests unterwegs war. Weil ich wusste, dass in dieser Gegend oft Skagaroks jagten, sichtete ich den Schwarm rechtzeitig. Lautlos glitten die wolfsköpfigen Raubvögel auf ihren dunklen Schwingen über die Wasseroberfläche hinweg. Sieht so aus, als hätten sie schon irgendeine Beute gesichtet , dachte ich und zögerte noch mit dem Abtauchen, um Ausschau zu halten. Zehn Baumlängen weiter entdeckte ich einen einzelnen Reisenden, der in einem Kanu vor sich hinpaddelte, ohne nach rechts oder links zu schauen.
    »Achtung – Skas!«, brüllte ich. Der Fremde hörte mich, sah sich um, ließ sich erschrocken aus dem Kanu fallen und verschwand unter der Oberfläche. Hastig tat ich es ihm gleich – gerade noch rechtzeitig. Scharfe Krallen streiften über mich hinweg, konnten mich aber nicht mehr packen.
    Der Fremde konnte unfassbar schlecht die Luft anhalten und musste immer wieder hoch, was den Skas noch ein paar Mal Gelegenheit zu Angriffen gab. Ich tauchte auf den Fremden zu, so schnell ich konnte, und zog ihn zur winzigen Schutzkuppel am Boden des Sees. Die Luft darin war verbraucht und stickig, aber für zwei Menschen reichte sie gerade so.
    »Bist du verletzt?«, fragte ich. Schade, dass der Fremde sein Gildenamulett unter der Schwimmhaut verborgen trug. Ich hätte gerne gewusst, zu welcher der Gilden Dareshs er gehörte: Erde, Luft oder Feuer. Dass er keiner von uns – den Wasserleuten – war, hatte ich schon gemerkt.
    »Nein, es geht mir gut – danke für die Warnung«, keuchte der Fremde, ein junger Mann mit rotblonden Haaren, Sommersprossen und abstehenden Ohren. »Beinahe hätte ich die Biester nicht bemerkt. Das kommt davon, wenn man zu viel nachdenkt.« Er zögerte. »Dabei habe ich mir selbst vorhergesagt, dass heute irgendetwas passieren wird in meinem Leben. Aber eigentlich sollte etwas Gutes geschehen, deshalb war ich unvorsichtig.«
    »Du bist ein Vorhersager?« Mein Vater behauptete zwar, dass die wenigsten Vorhersager etwas taugten, aber interessant klang das schon. »Vielleicht war das Gute, dass du keine kostenlose Gesichtsverschönerung von einem Skagarok bekommen hast.«
    »Kann schon sein«, sagte der Mann und wurde rot. »Ich bin noch kein Meister, meine Vorhersagen sind noch nicht allzu genau. Aber ich mache dir trotzdem gerne eine Deutung, wenn du willst. Ach, übrigens, ich heiße Janor ... äh, ke Nerada.«
    Wahrscheinlich gehörte er zur Luft-Gilde wie die meisten Menschen aus der Provinz Nerada. Das würde einiges erklären. Wahrscheinlich war er erst seit ein paar Wochen bei uns in Vanamee. »Ich heiße Tjeri«, stellte ich mich vor. »Tjeri ke Vanamee aus der Wasser-Gilde. Eigentlich könnte ich eine Deutung gebrauchen. Ich weiß immer noch nicht, was meine Berufung ist. Das hat mir mein Vater oft genug unter die Nase gerieben. Alle meine Freunde, die so alt sind wie ich, sind längst bei einem Meister.«
    »Was machen denn deine Eltern?«
    »Mein Vater ist Züchter. Als Kind bin ich viel mit ihm auf den Fischfarmen unterwegs gewesen. Aber das reizt mich heute nicht mehr. In der Familie meiner Mutter gibt‘s einige Künstler, aber ich fürchte, das Talent habe ich nicht geerbt.« Ich zuckte die Schultern und streichelte den Salamander, der auf meinem Arm hockte. Eigentlich hatte ich ihn mir gekauft, um Botschaften zu überbringen, doch inzwischen hatten wir uns so aneinander gewöhnt, dass ich es nicht übers Herz brachte, ihn wegzuschicken.
    »Gib mir deine Hand«, forderte Janor mich mit einem verlegenen Lächeln auf.
    Ich pflückte mir den Salamander vom Handgelenk, setzte ihn mir auf die
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