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0745 - Angst über Altenberg

0745 - Angst über Altenberg

Titel: 0745 - Angst über Altenberg
Autoren: Jason Dark
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zwölfjähriger Junge geschafft, mich zu erwürgen.
    Allein diese Vision sorgte für eine Mobilisierung aller Kräfte und für den Adrenalinstoß, der notwendig war.
    Ich wehrte mich.
    Meine Arme waren nicht behindert. Sie fuhren in die Höhe und zwischen den Jungenarmen hindurch. Ich fegte sie zur Seite. Der Junge schrie auf, er war irritiert, und ein nächster Hieb erwischte ihn an der Brust.
    Er war hart genug, um die Gestalt wieder auf ihren Sitz zurückzuschleudern. Dort prallte er auf, federte noch einmal nach und sackte dann in sich zusammen.
    Ich rang nach Luft und rieb mir gleichzeitig den Hals, der angeschwollen war und schmerzte. Allmählich klärte sich auch mein Blickfeld, und ich sah das Erste-Klasse-Abteil, in dem ich zusammen mit Elohim saß, nicht mehr so unscharf.
    Mir fiel ein, daß wir uns irgendwo auf der Strecke zwischen Basel und Karlsruhe befanden. Der Urlaubsort Pontresina, der für mich beinahe zum Grab geworden wäre, lag einige Stunden hinter uns. Vergessen würde ich ihn wohl nie.
    Ich hustete, massierte meinen Hals, war aber noch nicht in der Lage, ein Wort zu sprechen, da die Anstrengungen noch immer in mir steckten.
    Hinzu kam auch die Überraschung, denn mit einer derartigen Attacke hatte ich nicht im Traum gerechnet. Ich war immer der Meinung gewesen, daß Elohim auf meiner Seite stand.
    Nun mußte ich anders darüber denken.
    Ich wollte ihn anschauen. Er aber hatte seinen Kopf zur Seite gedreht und zusätzlich noch die Hände vor sein Gesicht geschlagen, wahrscheinlich schämte er sich.
    Ein Schatten huschte an der Abteiltür vorbei. Es war der Schaffner, der einen kurzen Blick in das Abteil warf und dann weiterging. Kontrolliert worden waren wir schon.
    Ich räusperte mich einige Male. Erst dann fühlte ich mich in der Lage, wieder zu sprechen, auch wenn meine Stimme noch rauh und krächzend klang. »Kannst du mir erklären, Elohim, was das hatte werden sollen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Du hast mich angegriffen.«
    Er hob die Schultern.
    »Warum hast du das getan?« Ich veränderte meine Sitzhaltung und schaute ihn an.
    Er schämte sich noch immer. Seine Brust bewegte sich. Es konnte sein, daß er weinte.
    »Okay, Elohim, okay. Es ist alles gutgegangen. Ich lebe ja noch. Wir sollten deshalb vernünftig miteinander reden. Ich weiß, daß es dir peinlich ist, und ich rechne auch damit, daß du persönlich nichts dafür kannst. Ich habe es schon vergessen.«
    »Danke.« Er ließ die Hände sinken, so daß ich ihn jetzt anschauen konnte. Sein Gesicht war vom Weinen etwas verquollen, und der Blick seiner Augen war ins Leere gerichtet. Er schnaubte, dann strich er sein Haar zurück.
    Ich dachte über ihn nach.
    Der Junge hieß Elohim, was soviel wie Gott oder Götter bedeutete. Er war kein normales Kind, denn man hatte ihn dazu ausersehen, den Geist des Urengels Henoch in sich aufzunehmen. Ich hatte dies verhindern können, und nach einem großen Kampf gegen Jessica Long, den wir beide überstanden hatten, wollte ich natürlich mehr wissen und mußte feststellen, daß Elohim allein auf dieser Welt stand.
    Er hatte keine Eltern mehr, er wußte auch nicht, wer sie waren. Er war ein Junge ohne Vergangenheit, obwohl er eine haben mußte, die ihn stark geprägt hatte.
    Wir beide befanden uns auf der Suche nach seiner Vergangenheit, und diese Suche führte uns nach Deutschland in die Nähe der Stadt Köln. Dort mußten wir hin. Da war er aufgezogen worden und zur Schule gegangen. In einem kleinen Ort im Bergischen, wie er mir gesagt hatte. Darunter konnte ich mir noch nicht viel vorstellen. Jedenfalls mußte ich mehr über Elohim herausfinden, bevor ich wieder nach London zurückkehrte. Ich war auch der Überzeugung, daß mir noch einige Überraschungen bevorstanden, was ihn und seine Vergangenheit anging. Ich hatte natürlich mit ihm gesprochen und versucht, Informationen zu erhalten, doch Elohim war stur gewesen und hatte kaum geredet.
    Den Grund kannte ich nicht. Wahrscheinlich fürchtete er sich, oder er wollte erst sprechen, wenn wir am Ziel waren. Jedenfalls war er in einer sehr waldreichen Gegend aufgewachsen, in einer Schule, die gleichzeitig so etwas wie ein Internat war und zum Teil von den Kirchen finanziert wurde. Der Ort hieß Altenberg, lag im Bergischen und war nur einen Katzensprung von Köln entfernt, unserem ersten Ziel. Wir würden am frühen Abend in der Stadt am Rhein eintreffen. Dort hatte praktisch alles begonnen, wie er mir berichtet hatte. Da waren er und seine
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