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0745 - Angst über Altenberg

0745 - Angst über Altenberg

Titel: 0745 - Angst über Altenberg
Autoren: Jason Dark
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jetzt tote Gouvernante Dagmar von einer alten Frau erkannt worden, und zwar als Wesen der Finsternis oder so ähnlich.
    Diese Begegnung war mir wieder eingefallen, und darüber mußte ich mehr wissen.
    Elohim sprach mich an. »Ich… ich möchte mich entschuldigen«, flüsterte er.
    Ich lächelte. »Schon gut, es ist ja noch einmal gutgegangen.«
    »Aber ich weiß nicht…«
    »Möchtest du darüber sprechen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Du kannst dir wahrscheinlich keinen Reim darauf machen?«
    Er nickte.
    »Wir haben noch einige Stunden an Fahrt vor uns. Da kannst du nachdenken, und wenn du zu einem Ergebnis gekommen bist, wirst du es mir bestimmt mitteilen.«
    Der Junge überlegte. Nach einer Weile schüttelte er den Kopf, als könnte er über eine bestimmte Tatsache nicht hinwegkommen. »Ich weiß nicht, was plötzlich in mich gefahren ist«, sagte er leise.
    »Aber es kam über mich wie ein Sturmwind. Ich war plötzlich ein anderer, John. Kannst du das verstehen?«
    »Nein - eigentlich nicht.«
    »Ich auch nicht«, sagte er leise und wischte über sein Gesicht. »Ich kann es auch nicht begreifen. Ich habe darüber nachgedacht. Als wären zwei Personen in mir.« Er zupfte an seinem Pullover, den ich ihm in Pontresina gekauft hatte. Er war schwarz, dazu trug Elohim eine grüne Jeans und feste Turnschuhe.
    »Das ist ein gutes Thema«, sagte ich.
    »Welches denn?«
    »Das mit den zwei Personen. Oder mit den zwei Identitäten, die sich in dir vereinigen.«
    Elohim überlegte, nagte an seiner Unterlippe und schaute aus dem Fenster. Wir rollten durch die Oberrheinische Tiefebene. Der Schwarzwald grüßte zur Rechten.
    Bevor ich dieses Thema weiter ausbreiten konnte, erschien ein Mann, der einen Wagen mit Getränken und kleinen Snacks vor sich herschob. Der Mann öffnete die Tür und erkundigte sich, ob wir Wünsche hätten.
    Ich brauchte einen Schluck, bestellte für mich und den Jungen Limonade. Zusätzlich ein paar Kekse.
    »Danke«, sagte Elohim.
    »Gegen Hunger und Durst muß man etwas tun. Wenn du willst, können wir auch in den Speisewagen gehen und…«
    »Nein, bitte nicht.«
    »Okay.«
    Elohim füllte seinen Becher mit Limonade und trank einen großen Schluck. Auch mir tat die Flüssigkeit gut. Noch kratzte es im Hals, ich hatte das Gefühl, es mit der Flüssigkeit wegspülen zu können.
    Elohim stellte die Flasche neben sein Glas. »Ich habe Angst«, flüsterte er.
    »Wovor?«
    »Vor der Rückkehr.«
    »Nach Altenberg?«
    »Ja.«
    Ich schwieg und beobachtete ihn. Der Junge schaute aus dem Fenster. Er machte den Eindruck eines Menschen, der die Landschaft zwar sah, sie aber nicht richtig aufnahm. Sein Gesicht rötete sich, auf den Wangen erschienen Flecken, und des öfteren zwinkerte er mit den Augen, als hätte er wieder Mühe, Tränen zu unterdrücken.
    »Ich möchte da nicht mehr hin.«
    Die Feststellung überraschte mich, obwohl ich sie auf der anderen Seite verstehen konnte. »Warum nicht?«
    »Weil sie dort auf mich lauern.«
    »Wer lauert auf dich?«
    »Feinde.«
    »Kannst du das nicht genauer sagen?«
    Der Junge rutschte auf seinem Sitz unruhig hin und her. »Ich… ich weiß es nur«, flüsterte er. »Dort ist nicht alles gut. Wenn ich wieder in die Schule gehe, wo ich bisher wohnte…«
    »Mußt du das denn?«
    Er schaute mich an. »Du hast doch gesagt, daß wir mehr über meine Vergangenheit nachforschen wollen.«
    »Damit warst du einverstanden, Elohim.«
    Er gab mir durch sein Nicken recht.
    »Ich will aber nicht in die Schule. Nicht in dieses Heim, denn dort fühle ich mich allein. Verstehst du das denn nicht?«
    »O doch, das kann ich mir vorstellen.«
    »Man wird auch nicht zulassen, daß du dort wohnst, John.«
    »Vielleicht.«
    Elohim trank wieder. Nervös strich er sein Haar zurück und grübelte. Er suchte nach einem Ausweg.
    Ich fragte ihn direkt, ob es denn keine andere Möglichkeit gäbe.
    Ein schwaches Lächeln umhuschte seine Lippen. Mit dem rechten Zeigefinger malte er Figuren auf die Scheibe. »Ich weiß ja, daß wir hinmüssen. Ich glaube fest daran, daß sich dort mein Schicksal klären läßt, aber ich will nicht mehr in mein altes Zimmer. Davor fürchte ich mich. Kannst du das verstehen?«
    »Voll und ganz.«
    Er senkte den Blick. »Es gäbe da noch eine andere Möglichkeit.«
    »Welche denn?«
    »Wir könnten in der Nähe übernachten. Dort gibt es ein Hotel, zu dem auch ein bekanntes Restaurant gehört. Es ist der Altenberger Hof. Ich habe zweimal dort gegessen. Wenn wir in
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