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0745 - Angst über Altenberg

0745 - Angst über Altenberg

Titel: 0745 - Angst über Altenberg
Autoren: Jason Dark
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Es gibt einen großen Vorteil, wenn man mit dem Zug fährt. Man kann die Augen schließen und schlafen.
    So denken viele Menschen, und auch ich gehöre zu ihnen. Deshalb fahre ich gern mit dem Zug.
    Wenn es eben geht, verlasse ich mich auf die Bahn. Bei bestimmten, nicht zu langen Strecken ist es sowieso besser, als lange Wartezeiten auf den Flughäfen in Kauf zu nehmen.
    Im Zug kann man schlafen, im Auto nicht, wenn man selbst fährt. Außerdem ist es in einem Abteil bequemer.
    Und ich wollte schlafen.
    Ich brauchte einfach Schlaf, ich mußte mich von dem erholen, was hinter mir lag und mich verdammt aufgeputscht hatte. An Schlaf war die letzten Tage kaum zu denken gewesen.
    Schließlich war ich dann so erschöpft gewesen, daß mir die Augen wie von selbst zufielen.
    Es war kein guter oder erfrischender Schlaf, denn immer wieder störten mich meine Träume.
    Bedrückende, böse Alpträume, die leider keine Fiktion waren, weil sich darin zuviel Wahrheit mischte.
    Ich sah die Frau.
    Ich sah ihr Haar, ihren Körper, ihr Gesicht, ihr wunderschönes Lächeln. Ich sah sie und mich, wie wir uns in ihrem Bett wälzten, verfangen in einem leidenschaftlichen Taumel.
    Dann sah ich das Monster.
    Es war dieselbe Person, nur hatte sie sich verwandelt. Sie war zu einem Zerrbild des Schreckens geworden, zu einer Gestalt, die den Ausdruck Mensch nicht mehr verdiente, obwohl ihr Körper nach wie vor menschliche Umrisse hatte.
    Das war auch alles. Ansonsten war die normale Haut von einer braunen schuppigen Paste bedeckt.
    Die Frau hatte keine Haare mehr und kein normales Gesicht. Alles wirkte so glatt und flach, und ihre Augen waren zu blauen Kreisen geworden, die im krassen Gegensatz zu den roten Lippen standen. Sie trug nichts am Körper bis eben diese Schuppenhaut, aber sie stand vor mir, sie lachte mich an und stellte immer wieder die Frage, ob ich sie auch erkennen würde.
    Ja, ich erkannte sie.
    Es war Jessica Long, die Künstlerin, die ungewöhnliche Person, in die ich mich einmal verliebt hatte. War es ein Jahr oder war es hundert Jahre hergewesen?
    Keine Ahnung.
    Der Zeitbegriff verschwamm. Er war auch nicht mehr wichtig, denn Jessica zählte nur dem Aussehen nach zu den Menschen. Tatsächlich aber war sie eine Kreatur der Finsternis gewesen, ein Monstrum aus den Urzeiten, als es noch keine Menschen gab und die Erde einem quirlenden und kochenden Chaos glich, in dem sich Gut und Böse mit aller Macht gegenseitig bekämpften.
    Kreaturen der Finsternis hassen Menschen. Weil sie das tun, wollen sie diese auch umbringen.
    Wie Jessica Long mich.
    Dazu nahm sie ein Messer. In meinem Traum veränderte sich die Klinge. Sie wuchs vor meinen Augen zu einem scharfen Schwert hoch, das schräg gegen meinen Hals zielte.
    Das Monstrum bewegte seinen Mund. Er war sehr rot. Es sah so aus, als würde eine Wunde zucken.
    »Der Tod, Sinclair…«
    Ich wollte schreien, hatte den Mund schon weit aufgerissen, aber da war nichts.
    Sie schlug zu.
    Das Schwert zielte gegen meinen Hals, um mir den Kopf vom Körper zu schlagen. Ich rechnete damit, Blut spritzen zu sehen, eine gewaltige Fontäne, die aus dem Hals gegen die Decke stieg und sich verteilte.
    Die Gestalt verschwand. Etwas hatte das Traumbild einfach von der Platte geputzt.
    Dafür geschah etwas anderes.
    Ich bekam keine Luft mehr.
    Plötzlich war ich wach, würgte und stellte mit Entsetzen fest, daß mir jemand die Kehle zudrückte.
    Das war kein Traum mehr!
    ***
    Die Hände waren wie Eisenklammern, und ich spürte sogar den Druck der beiden Daumenkuppen.
    Mein Blickfeld war noch nicht so klar, wie es eigentlich hätte sein sollen. Was ich sah, reichte mir trotzdem und ließ mich beinahe an meinem eigenen Verstand zweifeln.
    Der Würger war ein Junge!
    Halb lag er auf mir, zur anderen Hälfte stützte er sich mit den Knien am Boden ab. Ich schaute auch in sein Gesicht, das sich so verändert hatte.
    Es war zumindest im oberen Drittel zu einer häßlichen Fratze geworden, allein bedingt durch die Augen, die in einem grellen Weiß strahlten, das die Pupillen völlig überdeckte und so aussah, als wären sie davon verschluckt worden.
    Der Mund des Jungen war verzerrt. Stöhnlaute, vermischt mit ächzenden Wutgeräuschen drangen mir entgegen. Heißer Atem streifte über meine Gesichtshaut hinweg, als wäre er ein kräftiger Gruß aus der tiefsten Hölle.
    Luft bekam ich keine mehr.
    Wenn es mir nicht innerhalb kürzester Zeit gelang, den Griff zu sprengen, war alles vorbei. Dann hatte es ein
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