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Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3

Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3

Titel: Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3
Autoren: Katja Henkel
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1. Kapitel
    I ch saß gerade in unserer Küche und war dabei, mir ein neues Hintergrundbild auf mein Smartphone zu speichern (ein funkelnd rotes chinesisches Schriftzeichen für Freundschaft), als Tante Emmi mit einem riesengroßen Karton im Arm nach Hause kam. Sie sah ein bisschen angeschlagen aus (wir wohnen im fünften Stock, kein Fahrstuhl), ein paar Locken hatten sich aus ihrer ansonsten Eins-a-Hochsteckfrisur gelöst und ringelten sich wie knallrote Seidenfäden auf ihren Wangen.
    Sie strahlte mich an. »Ich habe noch zwei Kartons unten im Auto, Marlischätzchen, hilfst du mir mal hochtragen?«
    Wenn man gerade konzentriert am Küchentisch sitzt und sich um sein Handy kümmert, ist so eine Frage genau genommen eine Frechheit. Erwachsene finden das, was man gerade macht, irgendwie immer weniger wichtig als das, was sie gerade vorhaben.
    Doch seit ich Freerunnerin bin, nutze ich sowieso jede sich mir bietende Gelegenheit, um ein bisschen zu üben. Unser Treppenhaus ist dafür einfach perfekt, denn unten im Eingangsbereich steht ein kleiner Brunnen, der hübsch vor sich hin plätschert. Das allein ist, glaub ich, schon was Besonderes, aber das eigentlich Spannende daran ist: Wenn man von der fünftletzten Treppenstufe springt, kann man sich mit der rechten Hand vom Geländer abstoßen, halb gedreht über den Brunnen springen, ohne nass zu werden, und dann eine Präzisionslandung auf beiden Füßen direkt vor den Briefkästen hinlegen.
    Echt nicht leicht. Aber ein super Training.
    Â»Was ist denn da drin?« Ich betrachtete den Karton, den Tante Emmi auf den Küchentisch gestellt hatte. Er war an den Seiten eingerissen und müffelte auch etwas merkwürdig, so als ob er jahrelang in einem feuchten Keller gestanden hätte.
    Â»Tonnenweise alter Schmuck!«, rief Tante Emmi verzückt. »Diesen Schatz habe ich ganz zufällig entdeckt. Ich glaube, heute ist mein Glückstag!«
    Ich bog eine Ecke des Kartons auf und linste hinein. Auf den ersten Blick sah das überhaupt nicht nach Schatz aus, also keine glitzernden Goldhaufen wie bei Scrooge McDuck. 1 Im Gegenteil. Aber oft ist der Schmuck, den Tante Emmi kauft, ganz hässlich und schmutzig, doch wenn sie ihn erst mal poliert und daran herumgebastelt und neue Steine und so was eingesetzt hat, dann sind die Stücke nicht mehr wiederzuerkennen (weil wunderschön).
    Â»Also, treffen wir uns am Auto?« Tante Emmi stöckelte auf ihren turmhohen Absätzen los, ohne auch nur auf eine Antwort oder auf mich zu warten. Sie wusste, wie schnell ich war. Deswegen speicherte ich erst noch in aller Ruhe mein Freundschaftszeichen im Handy ab, schlenderte dann aus der Küche, wartete vor der Wohnungstür noch einen Moment, bis ich Tante Emmis roten Kopf im ersten Stock um die Ecke kommen sah, und flitzte dann los. Tschuummmmmmmm … sauste ich an ihr vorbei, vollführte den berüchtigten Geländer-Brunnen-Sprung und war nicht mal außer Puste, als ich in perfektem Stand, ohne zu wackeln, direkt vor der Haustür landete, um sie Tante Emmi aufzuhalten.
    Tante Emmi klatschte Beifall. »Du wirst immer besser.« »Haltungsnote eine glatte Zehn!«
    Anfangs hatte sie natürlich noch Angst, dass ich mir sämtliche Knochen brechen könnte, aber ich kann nach zwei Jahren Training und etlichen blauen Flecken mittlerweile genau abschätzen, was gefährlich ist und was nicht. Und das weiß Tante Emmi inzwischen auch. Anders als die alte Frau Köpke aus dem ersten Stock, die immer aufschreit und ganz bleich wird, wenn sie mich bei einem Sprung erwischt. Einmal, in der ersten Übungsphase, bin ich tatsächlich vor ihren Füßen auf den Hintern geknallt, als sie gerade ins Haus kam, und sie wollte schon einen Krankenwagen rufen. Die Frage ist, ob für sich selbst oder für mich – denn ich hatte im ersten Moment wirklich Angst, dass sie vor meinen Augen rückwärts aus der Haustür kippen könnte.
    Jedenfalls hatte ich mich extra so fallen lassen, dass ich auf dem weichen Fußabtreter aufkam und mich perfekt über die Schulter abrollen konnte. Ich war schnell wieder aufgesprungen, hatte mir den Staub von der Jeans geklopft und einen Daumen in die Höhe gestreckt, um ihr zu zeigen, dass es mir gut ging. Sie hatte nur mit dem Kopf geschüttelt und irgendwas Unverständliches vor sich hin gemurmelt. Seitdem hält sie sich meistens die Augen zu, wenn
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