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Etenya Saga - Band 1: Soyala - Zeit der Wintersonnenwende (German Edition)

Etenya Saga - Band 1: Soyala - Zeit der Wintersonnenwende (German Edition)

Titel: Etenya Saga - Band 1: Soyala - Zeit der Wintersonnenwende (German Edition)
Autoren: Unknown
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Die Prophezeiung
    Eine gespenstische Stille herrschte auf der Lichtung.
    „Sie wird kommen“, flüsterte die Alte mit tiefer Stimme, und ihre eisblauen Augen schauten in die Runde. „Eines Tages wird sie aus der Ferne kommen, aus einer Welt, die wir nicht mehr kennen.“
    Die Kämpfer tauschten vielsagende Blicke aus, während die Frauen ihre Kinder näher an sich heranzogen. Alle starrten zu der Ältesten und Weisesten unter ihnen.
    Pamuya Meda hatte ihr Volk in dieser sternenlosen Nacht um sich versammelt. Sie wollte von den Visionen berichten, die sie erst kürzlich heimgesucht hatten.
    Die Dunkelheit des Himmels wirkte undurchdringlich und die leichte Brise, die ständig durch Tenya Nahele strich, war etwas kühler als sonst. Einige der Anwesenden rieben sich fröstelnd die Arme. Selbst das Zirpen der Insekten verstummte. Nur das Knistern des Feuers in ihrer Mitte und das leise Säuseln des Windes waren zu hören.
    „Die Sterne sind heute verdunkelt und ich sage euch, dies ist nur der Anfang“, raunte Pamuya Meda mit rauer Stimme über die Angst ihrer Zuhörer hinweg. „Es wird eine wahrlich düstere Zeit auf uns zukommen, in der sich die Völker der vier Winde verfeinden werden. Die Erschaffer vergessen Etenya und vernichten damit unsere Welt.“
    Sie machte eine Pause und erblickte die Furcht, die unter den Leuten ihres Stammes um sich griff. Ein kaum wahrnehmbares Lächeln tanzte um ihren rechten Mundwinkel.
    „Doch die Ersehnte wird kommen. Sie wird für unser Volk kämpfen und es wieder vereinen.“
    Unruhig und ein wenig verunsichert schauten die Kämpfer um sich. Eine Frau, die kämpfen sollte? Das war ein schlechtes Omen. Ein leises Murmeln ging durch die Reihen, das sofort erstarb, als die Alte ihre Hände erhob.
    Nur ein kleines Mädchen mit vorwitzigen Locken, das ein Abbild der Alten war, rutschte aufgeregt hin und her und strahlte die Weise an. Dann konnte sich die etwa Zweijährige nicht mehr zusammenreißen und schrie laut: „Weiter!“
    Alle zuckten zusammen.
    Sie erntete böse, fassungslose Blicke und ihre Mutter zog sie zurück auf den Boden.
    Ihr etwas älterer Bruder stieß sie mit dem Ellenbogen an und kicherte leise. Doch kurz darauf erzählte die Alte weiter, sodass er seine Umgebung vergaß und ihr förmlich an den Lippen klebte. Die kraftvollen Worte schlängelten sich wie bunte Bänder aus ihrem Mund, die seinen Geist, seinen Körper, einfach alles, was ihn ausmachte, fesselten.
    Er beobachtete gebannt, wie die Weise plötzlich ihre Augen schloss und die Arme mit den Handflächen gen Himmel ausbreitete.
    „Ich sehe eine Frau auf einem Berg stehen. Sie blickt in den Abgrund, in dem Etenya versinken wird. Dann erhebt sie ihre Stimme, und sie wird singen, um unsere Welt zu retten.“
    Abermals ging ein Flüstern durch die Menge. Ungläubigkeit war auf den Gesichtern der Kämpfer zu erkennen.
    „Singen?“, rief einer von ihnen skeptisch. „Sie rettet Etenya mit ihrer Stimme?“ Einige lachten verhalten, andere blickten verschämt zu Boden.
    Da öffnete die Weise ihre eisblauen Augen und sah mit geneigtem Kopf und wütendem Blick jeden der Reihe nach an. In diesem Moment ertönte ein tiefes Grollen aus der Erde, das die Lichtung leicht erzittern ließ. Den Kämpfern gefror das Lachen in ihren Gesichtern und das Blut in den Adern.
    Ein Nebelschleier kroch langsam von den Bergen hinunter und hüllte schweigend den dunklen Wald um die Versammelten herum ein.
    „Oh ja“, hauchte die Alte kaum hörbar ihre Worte in die eisige Stille, „ihre Stimme ist es, die sie so besonders macht. Hütet euch vor ihr, sie wird tief in jeden Einzelnen eindringen und sein wahres Herz berühren. Nur für diejenigen, die ihr wohlgesonnen sind, die es verstehen, sie zu lieben, denen wird ihre Stimme als das größte Geschenk ihres Daseins zuteil. Sie werden ihre treuen Wegbegleiter sein, in denen goldene und silberne Seen aus Tränen entstehen.“
    „Wer ist sie denn? Wie ist ihr Name?“, peitschte plötzlich eine helle, aufgeregte Stimme durch die angespannte Atmosphäre.
    Erschrocken richteten sich alle Blicke auf den kleinen Jungen, der die alte Weise mit seinen tiefschwarzen Augen, die von langen Wimpern umrahmt waren, fiebrig anstarrte. Wie seine Schwester zuvor, war er vor Aufregung aufgesprungen und ragte trotz seiner geringen Größe aus der Menge hervor.
    Ein vernichtender Blick der Alten traf nun auch den Kleinen, verfehlte jedoch seine Wirkung. Er war ihm egal. Alle spürten
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