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Rebella - Alpenblues & Huettenflirt

Rebella - Alpenblues & Huettenflirt

Titel: Rebella - Alpenblues & Huettenflirt
Autoren: Stefanie Erlenbach
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»Also, Oktoberfest sieht anders aus.« Enttäuscht schaute sich Sara um. In diesem Nest ähnelte nichts den farbenprächtigen Versprechungen, die ihr Theresa in den letzten Wochen gemacht hatte. Im Gegenteil: Das Dorf schien sich über die Gruppe Jugendlicher lustig zu machen, die vom Bahnhof quer durch den Ort zog. Üppige grellrote Geranien hingen unter jedem Fenster wie lang herausgestreckte Zungen. Ätsch! Weder ausgelassene Menschen noch fröhlicher Wiesn-Rummel begleiteten ihren grandiosen Auftakt zur Alpenüberquerung, hier war es trostloser als zu Hause an der U-Bahn-Station, wo sie sich gestern getroffen hatten.
    Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, sich Theresa und Nele bei dieser Tour anzuschließen, haderte Sara unschlüssig mit sich selbst. Andererseits – sie gehörten nun mal zusammen, waren unzertrennliche und allerdickste Freundinnen, und die Aussicht, zwei Wochen von daheim wegzukommen und den Alltag hinter sich zu lassen, war ja auch nicht so schlecht. Sara seufzte unter ihrem prall gepackten Rucksack und versuchte, ihrer Umgebung irgend etwas Positives abzugewinnen.
    »Wart’s ab. Gleich gibt’s Bayern pur«, versicherte ihr Theresa, die sich mit einem ultrakurzen Lederhöschen, den roten Leggins und der rot-weiß-karierten Bluse so gestylt hatte, wie sie sich die angesagte Interpretation bayrischer Landestracht vorstellte. Als Krönung zierten silberne Brezel-Stecker ihre Ohren und in den dunklen Wuschelhaaren trug sie ein Band mit Edelweiß-Muster.
    »Machst du bitte ein Foto von mir, wie ich vor so einem kultigen Haus stehe? Oder noch besser, vor einem geschnitzten Holzbrunnen mit diesen scharfen roten Blumen dran. Die sehen zu meiner Bluse bestimmt toll aus.«
    Zum ungefähr hundertsten Mal beäugte Sara kritisch Theresas Outfit. Na ja, ihr Geschmack war es nicht gerade, aber immer noch besser als das knallenge Dirndl, das ihre Freundin ursprünglich tragen wollte. Doch Nele hatte ihr schnell klargemacht, dass es sich in einem Kleid denkbar schlecht wandern ließ. Und wandern würden sie wohl genug in den nächsten Tagen. Um genauer zu sein: ausschließlich. Denn sie würden zu Fuß die Alpen überqueren. Ob das wirklich der Gipfel der Romantik war, wie Theresa glaubte, daran zweifelte Sara, seit sie die ersten Bergspitzen aus dem Zugfenster gesehen und damit eine leise Ahnung bekommen hatte, was ihr bevorstand. Da sollte sie hinauf und auch noch quer hinüber bis nach Italien? Zu Fuß? Was für ein Irrsinn!
    »Ich freu mich schon so! Hoffentlich trödeln wir hier nicht noch lange herum, ich will endlich los«, hibbelte Nele, die sich schwer beherrschen musste, um mit dem gemächlichen Tempo der Truppe Schritt zu halten. Am liebsten wäre sie gleich auf den nächsten Berg galoppiert und hätte den Erfolg in ihr Touren-Tagebuch eingetragen, in dem sie alle bezwungenen Gipfel festhalten wollte.
    Während Sara insgeheim betete, dass das nicht allzu viele sein würden, hoffte Nele, den Bergführer zu einigen zusätzlichen Gipfelabstechern überreden zu können, um den Rekord ihrer wanderbegeisterten Familie von zwölf eroberten Gipfelkreuzen in einer Tour zu übertreffen. Alle Berge und alle möglichen Abstecher hatte sie auswendig gelernt und wusste über den bevorstehenden Weg besser Bescheid als jeder Scout. Theresa kannte dafür alle Artikel der Klatsch-Zeitschriften auswendig, die in letzter Zeit über bayrische Mode oder das Oktoberfest berichtet hatten. Das nervte ein wenig, passte aber zu ihrem akuten Wiesn-Fieber, an dem sie seit Monaten litt. Deshalb war für sie auch schnell klar gewesen, dass sie die Projektwochen der Schule weder im sozial wertvollen Integrationsprojekt noch im heimeligen Schulgarten, sondern in der romantischen Bergwelt verbringen musste.
    Nele hatte sich, ohne zu zögern, unter Theresa auf die Liste gesetzt, womit für Sara ebenfalls feststand, dass sie das Wanderprojekt wählen würde. So konnte sie nicht nur zwei Wochen mit ihren beiden allerbesten Freundinnen verbringen, sondern auch der Fürsorge ihrer Eltern entfliehen. Zudem musste sie sich in dieser Zeit nicht die ständigen Kommentare und Hänseleien ihrer älteren Geschwister bezüglich ihrer vielen Unzulänglichkeiten und vor allem ihres nicht vorhandenen Liebeslebens anhören. Die waren ihr nicht nur furchtbar peinlich, sondern hatten inzwischen sogar ihre verunsicherten Eltern dazu gebracht, sich zu sorgen, Sara in tiefgründige Gespräche zu verwickeln und sie sogar zum Arzt zu
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