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Zuckermacher 02 - Aschenblüten

Zuckermacher 02 - Aschenblüten

Titel: Zuckermacher 02 - Aschenblüten
Autoren: Mary Hooper
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erlauben mussten, Handel zu treiben.
    Ich konnte mich nicht entscheiden, was wir tun sollten. Obwohl ich mich danach sehnte, nach Hause
    zurückzukehren, wollte ich nicht aus London weggehen, ohne Tom eine Nachricht zu hinterlassen, damit er wusste, wohin ich gegangen war. Außerdem wussten wir, dass wir kaum Chancen hatten, in einer Kutsche oder auf einem Wagen mitgenommen zu werden, und wir konnten uns nicht dazu durchringen, den beschwerlichen Weg nach Chertsey zu Fuß zurückzulegen. Wir waren sehr erschöpft, weil wir in Moore Fields wegen des Lärms und des ständigen Hin und Hers der Menschen um uns herum und weil immerzu Alarm geschlagen wurde, wenn Funken vom Wind Über die Mauer geweht wurden, nur wenig geschlafen hatten. Außerdem hatte ich, wenn ich denn schlief, furchtbare Albträume, dass ich wieder auf der Schwelle der Kathedrale von St. Paul stand, von Flammen eingeschlossen und kurz davor, bei lebendigem Leibe zu verbrennen. Jedes Mal wachte ich auf, weil Anne mich schüttelte und mir erzählte, dass ich im Schlaf aufgeschrien hatte, und ich war froh, dass sie es tat, weil ich dem kindlichen Aberglauben anhing, dass ich nie wieder aufwachen würde, wenn ich wirklich einmal davon träumen sollte, dass ich tot war.
    Zu guter Letzt beschloss ich (weil Anne darauf drängte), dass wir zum Crown and King Place zurückgehen würden, um zu sehen, ob noch irgendetwas von unserem Geschäft übrig war. Danach würden wir entscheiden, ob wir dableiben und wieder von vorn anfangen sollten. Wir hatten gehört, dass manche Leute bereits primitive Buden oder Zelte auf dem Schutt und der Asche ihrer ehemaligen Wohnstätten aufgestellt hatten und dass einige wenige schon wieder Handel mit Vorräten trieben, die sie außerhalb Londons bekamen.
    So verstauten wir Kitty sicher in ihrem Korb und machten uns auf den Weg. Wir durchquerten Moorgate, wo zwei kräftige Wachposten aufgestellt worden waren, um Plünderer aufzuhalten, die mit Diebesgut aus der Stadt herauswollten. Wir wussten, dass im Moment viel gebrandschatzt und geplündert wurde, denn die Schätze, die in die Keller gesperrt, in den Gärten begraben und in den wenigen Häusern, die vom Feuer verschont geblieben waren, zurückgelassen worden waren, waren jetzt jedermann zugänglich. In der Stadt selbst waren ebenfalls Wachen unterwegs, um etwaige Streitigkeiten zwischen den Bürgern und irgendwelchen Fremden zu schlichten, weil die Leute, trotz der Worte des Königs, immer noch nicht genau wussten, wie es zu dem Brand gekommen war, aber unbedingt irgendjemandem die Schuld dafür geben wollten.
    Wir hatten zwar bereits von Moorgate aus einen Blick auf den Stadtkern werfen können, doch wir waren nicht auf das Bild der Verwüstung gefasst, das sich uns bot, als wir die Stadtmauern hinter uns ließen und auf die offene Fläche dahinter traten.
    Denn das war es: eine offene Fläche. So weit das Auge reichte, angefangen bei den Stadtmauern bis hin zur Themse, lag alles in Schutt und Asche und es war wenig mehr zu sehen als hier und da Haufen von Trümmern und Steinen, die unter einer schmierigen, glitschigen Schicht Asche begraben lagen. Es gab keine grasbewachsenen Plätze mehr, keine gepflasterten Gassen, die sich durch die Stadt wanden, und keine finsteren Durchgänge ... London, die schöne Stadt mit ihren hübschen Häuschen, Prachtbauten und alten Kirchen, gab es nicht mehr.
    Anne und ich betrachteten das alles, und ich war zu niedergeschlagen, um irgendetwas zu sagen, weil ich noch nie etwas so Trostloses gesehen hatte und es kaum fassen konnte, wie so etwas sich zugetragen haben konnte und dass eine so gewaltige Stadt einfach verschwunden sein sollte.
    »Wohin sollen wir denn jetzt gehen?«, fragte Anne schließlich, doch ich schüttelte nur wortlos den Kopf, weil alle Wahrzeichen verschwunden waren und es ohne sie unmöglich schien herauszufinden, wo sich unser Geschäft befunden hatte.
    Wir gingen ein Stück weiter, dorthin, wo die Überreste einer Kirche standen, die, da sie aus schwerem Stein gebaut war, dem Feuer einigermaßen standgehalten hatte. Das Dach und die Fenster waren zwar verschwunden (es waren nur noch ein paar Spuren von geschmolzenem und in den Boden in der Umgebung der Kirche eingebranntem rotem und blauem Buntglas zu sehen), doch es waren Überbleibsel der Turmspitze stehen geblieben und zumindest ein Teil von jeder Mauer.
    »Welche Kirche ist das?«, fragte Anne.
    Ich stand da und sah mich zweifelnd um. »Die Kirche von St. Alphage,
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