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Schatten Der Versuchung

Titel: Schatten Der Versuchung
Autoren: Christine Feehan
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Kapitel 1
    N atalya Shonski zog ihre schwarze Lederhose über Beine und Hüften, wo sie sich eng an ihren Körper schmiegte. Leder schützte vor Verletzungen im Kampf, und Natalya war sicher, dass sie heute Nacht noch Arger bekommen würde. Während sie in ein weiches Lederhemd schlüpfte, schaute sie sich in dem sauberen Zimmer um, das sie in dem kleinen Gasthof gemietet hatte. Der Raum war nicht groß, aber mit farbenfrohen Wandbehängen ausgestattet, und auf dem Bett lag ein fröhlich gemusterter Überwurf. Natalyas Waffen waren sorgfältig auf der schönen gewebten Decke ausgebreitet.
    Sie machte sich daran, die verschiedenen Waffen in die speziell angefertigten Taschen und Schlingen ihrer Hose zu stecken. Wurfsterne mit rasiermesserscharfen Kanten sowie mehrere Messer. Dazu ein Gürtel, der Platz für weitere Waffen und zusätzliche Munition für die zwei Pistolen bot, die Natalya in die beiden Halfter unter ihren Achselhöhlen schob. Sie zog eine ihrer neuen weiten Folkloreblusen und darüber eine bunt bestickte Schaffellweste an, wie sie die einheimischen Frauen zum Schutz gegen die Kälte trugen und die Natalyas Arsenal gut verbarg.
    Der lange Rock verdeckte nicht nur die Lederhosen, sondern half ihr auch, unter den Einheimischen nicht aufzufallen. Sie hatte sich für einen Rock in bunten Farben entschieden, statt einen der schlichten schwarzen zu nehmen, den ältere Frauen häufig trugen. Zum Schluss band sie ein Tuch um ihr goldbraunes Haar, um sich noch weiter unkenntlich zu machen.
    Nachdem Natalya zufrieden festgestellt hatte, dass sie sich äußerlich kaum von einer Einheimischen unterschied, steckte sie zwei Arnis-Stöcke in die ausgeleierten Schlaufen ihres Rucksacks und öffnete die Balkontür. Sie hatte bewusst ein Zimmer im ersten Stock gewählt. Ihren zahlreichen Feinden würde es schwerfallen, sich unbemerkt zu nähern, während sie selbst leicht nach unten entkommen oder übers Dach flüchten könnte.
    Natalya stützte ihre Hände auf die Balkonbrüstung und betrachtete die Landschaft. Das kleine Dorf schmiegte sich an den Ausläufer eines der hohen Berggipfel des eindrucksvollen Gebirgszugs der Karpaten. Eine Anzahl kleiner Gehöfte war auf den wogenden, grünen Hügeln verstreut, und auf den Wiesen lagen bis hinauf zur Baumgrenze Heuballen. Über den dichten Wäldern ragten steile Gipfel empor, auf denen immer noch Schnee glitzerte. Natalya hatte angesichts der bescheidenen Katen und der ländlichen Lebensweise das Gefühl, eine Reise in die Vergangenheit angetreten zu haben, und doch fühlte sie sich, als wäre sie nach Hause gekommen. Und irgendwie stimmte das sogar. Sie hatte kein Zuhause.
    Natalya seufzte und schloss einen Moment lang die Augen. Um mehr als alles andere beneidete sie die Menschen hier um ihre Familien. Um ihr Lachen und ihre Kinder und die Liebe, die in ihren Augen und auf ihren Gesichtern leuchtete. Sie sehnte sich danach, irgendwohin zu gehören. Von jemandem gebraucht zu werden. Von einem Menschen wahrhaft geliebt zu werden. Einfach die sein zu können, die sie war, ein echtes Gespräch führen zu können ...
    Ihre Finger ertasteten tiefe Kerben im Geländer, und sie ertappte sich dabei, mit ihren Fingerspitzen fast liebevoll über die Vertiefungen in dem polierten Holz zu streichen. Dann untersuchte sie die Stellen näher. Es sah aus, als hätte ein großer Vogel seine Krallen tief in das Geländer geschlagen, obwohl die Kerben alt waren und die Wirtsleute das kunstvoll geschnitzte Geländer kräftig mit Politur bearbeitet hatten und keine Splitter zu ertasten waren.
    Natalya atmete die Nachtluft ein und starrte zu dem Berggipfel hinauf. Irgendwo dort oben befand sich ihr Ziel. Sie hatte keine Ahnung, was sie an diese bestimmte Stelle geführt hatte, aber sie vertraute ihrem Instinkt. Sie musste auf diesen Gipfel steigen und herausfinden, was es war, das ihr seit einiger Zeit keine Ruhe mehr ließ. Dichter Nebel hüllte die Bergspitze ein und umgab sie mit einer undurchdringlichen Wolke. Ob es sich bei der Wolke um ein normales Wetterphänomen oder so etwas wie eine übernatürliche Warnung handelte, spielte keine Rolle. Sie hatte keine andere Wahl, als diesen Berg zu besteigen. Der Zwang, der sie dazu trieb, war viel zu stark, als dass sie ihn hätte ignorieren können.
    Natalya warf einen letzten Blick auf die wirbelnden weißen Nebelschwaden und ging in ihr Zimmer zurück. Es hatte keinen Sinn, die Sache noch länger hinauszuzögern. Sie hatte die letzte Woche damit
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