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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern
Autoren: Dorothy L. Sayers
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so daß man keinerlei Fugen sieht. Sie liegt in einer Ebene mit der Zimmerwand, verstehen Sie, so daß man, wenn man die Innen- und Außenmaße des Safes nachmißt, keine Diskrepanz feststellt. Sie geht nach außen auf und läßt sich mit einem normalen Schlüssel öffnen, und wie ich dem Präsidenten wahrheitsgemäß versichert habe, ist diese Tür offen geblieben, als ich meine Wohnung verließ.»
    «Glauben Sie vielleicht», fragte die Frau hämisch, «der Präsident wäre so beschränkt, sich in so einer plumpen Falle fangen zu lassen? Er hat diese Innentür bestimmt mit irgend etwas festgeklemmt, damit sie offen bleibt.»
    «Zweifelsohne, Madame. Aber der einzige Daseinszweck dieser äußeren Innentür, wenn ich sie so nennen soll, besteht darin, den Anschein zu erwecken, als ob sie die einzige Innentür wäre.
    Aber hinter den Scharnieren dieser Tür ist noch eine weitere Tür verborgen, eine Schiebetür, die so paßgenau in die Wand eingelassen ist, daß man sie kaum sieht, wenn man nicht weiß, daß sie da ist. Diese Tür habe ich auch offen gelassen. Unsere hochverehrte Nummer Eins hatte also nichts weiter zu tun, als schnurstracks in den Innenraum des Safes zu spazieren, der im übrigen in den Kamin der alten Souterrainküche eingebaut ist, der an dieser Stelle durch das Haus nach oben führt. Ich drücke mich hoffentlich verständlich aus?»
    «Ja – ja doch, weiter! Fassen Sie sich kurz.»
    Wimsey verneigte sich und setzte seine Schilderung weitschweifiger denn je fort: «Das hochinteressante Verzeichnis der Aktivitäten dieser Gesellschaft, das aufzustellen ich die Ehre hatte, steht nun in einem sehr dicken Buch – noch dicker sogar als die Akte, die Monsieur le Président unten in seinem Büro führt. – Ich will übrigens hoffen, Madame, daß Sie die Notwendigkeit bedacht haben, diese Akte an einem sicheren Ort unterzubringen. Abgesehen nämlich von dem Risiko, daß irgendein diensteifriger Polizist sich dafür interessieren könnte, wäre es ja auch nicht wünschenswert, daß ein subalternes Mitglied dieser Gesellschaft sie in die Hände bekäme. Ich gehe davon aus, daß die ehrenwerte Versammlung davon wenig erbaut wäre. –»
    «Sie ist sicher aufgehoben», antwortete sie hastig. « Mon dieu ! – reden Sie schon weiter.»
    «Danke – Sie haben mich sehr beruhigt. Sehr schön. Dieses dicke Buch liegt also nun auf einem stählernen Regal an der Rückwand des Innenraums. Einen Moment. Ich habe Ihnen diesen Innenraum noch nicht beschrieben. Er ist einsachtzig hoch, neunzig Zentimeter breit und neunzig Zentimeter tief. Man kann ganz bequem darin stehen, wenn man nicht zu groß ist. Mir ist er gerade recht, denn wie Sie sehen, bin ich nur einsvierundsiebzig groß. Der Präsident ist mir an Körpergröße überlegen; möglicherweise steht er ein wenig verkrampft darin, aber er könnte sich, wenn ihm das Stehen zu unbequem wird, auch in die Hocke setzen. Übrigens, ich weiß ja nicht, ob Sie es wissen, aber Sie haben mich ziemlich fest zusammengeschnürt.»
    «Ich werde Sie noch so zusammenschnüren lassen, bis Ihre Knochen aneinander festwachsen. Sie da, ziehen Sie ihm mal eins über! Er versucht hier Zeit zu schinden.»
    «Wenn Sie mich schlagen, Madame», sagte Wimsey, «beiße ich mir eher die Zunge ab, als daß ich weiterrede. Nehmen Sie sich zusammen, Madame. Wenn der König im Schach steht, sollte man nicht zu hastig ziehen.»
    «Weiter!» schrie sie, vor Wut mit den Füßen stampfend.
    «Wo war ich denn stehengeblieben? Ach ja – bei dem Innenraum. Wie gesagt, er ist ein wenig knapp bemessen, was um so mehr ins Gewicht fällt, als er in keiner Weise belüftet ist. Hatte ich eigentlich schon erwähnt, daß das Buch auf einem stählernen Regal liegt?»
    «Das haben Sie.»
    «Aha. Dieses Stahlregal ruht nun auf einer sehr empfindlichen versteckten Feder. Wenn das Gewicht des Buchs – das, wie gesagt, sehr groß ist – davon abgenommen wird, hebt sich die Stahlplatte kaum merklich, und dabei schließt sie einen Stromkreis. Und nun stellen Sie sich das vor, Madame: Unser verehrter Präsident tritt ein – wobei er die falsche Tür hinter sich festklemmt –, sieht das Buch – und greift schnell danach. Um sich zu vergewissern, daß es das richtige ist, klappt er es auf – er studiert die Seiten. Er sieht sich auch nach den anderen Gegenständen um, die ich erwähnt habe – die mit den Fingerabdrücken darauf. Und leise, aber sehr, sehr schnell – Sie können sich das gut vorstellen, ja? –
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