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Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern
Autoren: Dorothy L. Sayers
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haben Sie sich allein in dieses Abenteuer eingelassen? Sagen Sie die Wahrheit, sonst könnte alles noch viel unangenehmer für Sie werden, als es so schon ist.»
    «Ich war allein. Ich bin keine unnötigen Risiken eingegangen.»
    «Das mag zwar stimmen, aber trotzdem dürfte es besser sein, auch diesen Mann bei Scotland Yard – wie heißt er noch? – diesen Parker auszuschalten. Ebenso den Diener des Gefangenen, Mervyn Bunter, und möglicherweise seine Mutter und Schwester. Der Bruder ist ein Tölpel und dürfte von dem Gefangenen kaum ins Vertrauen gezogen worden sein. Eine vorsorgliche Beobachtung dürfte in seinem Falle wohl den Notwendigkeiten Genüge tun.»
    Der Gefangene schien erstmals unruhig zu werden.
    «Sir, ich versichere Ihnen, daß meine Mutter und meine Schwester nichts wissen, was der Gesellschaft in irgendeiner Weise gefährlich werden könnte.»
    «Sie hätten Ihre Situation vorher bedenken sollen. Meine Damen und Herren, bitte wählen …»
    «Nein – nein!» Fleisch und Blut ertrugen die Farce nicht länger. «Nein! Erledigen Sie ihn! Bringen Sie es hinter uns. Schließen Sie die Versammlung. Es ist so gefährlich. Die Polizei –»
    «Ruhe!» Der Präsident sah sich unter den Anwesenden um. Eine gefährliche Strömung ging von ihnen aus. Er lenkte ein.
    «Nun gut. Schaffen Sie den Gefangenen fort und bringen Sie ihn zum Schweigen. Er bekommt Stufe vier. Und vergessen Sie nicht, ihm diese vorher genau zu erklären.»
    «Ah!»
    Die Blicke drückten wölfische Zufriedenheit aus. Starke Hände packten Wimseys Arme.
    «Einen Moment – lassen Sie mich um Gottes willen anständig sterben.»
    «Das hätten Sie sich früher überlegen sollen. Schafft ihn fort. Meine Damen und Herren, seien Sie unbesorgt – er wird keinen leichten Tod haben.»
    «Halt! Warten Sie!» rief Wimsey verzweifelt. «Ich habe etwas zu sagen. Ich bitte nicht um mein Leben – nur um einen schnellen Tod. Ich – ich habe etwas dafür zu bieten.»
    «Zu bieten?»
    «Ja.»
    «Wir machen keine Geschäfte mit Verrätern.»
    «Das nicht – aber hören Sie zu. Glauben Sie vielleicht, ich hätte daran nicht gedacht? So dumm bin ich nicht. Ich habe einen Brief hinterlegt.»
    «Aha. Jetzt kommt es also. Einen Brief? An wen?»
    «An die Polizei. Wenn ich morgen nicht wiederkomme –»
    «Nun?»
    «Dann wird dieser Brief geöffnet.»
    «Sir», sprach Nummer Fünfzehn dazwischen, «das ist eine Finte. Der Gefangene hat keine Briefe verschickt. Er wurde monatelang nicht aus den Augen gelassen.»
    «Das schon, aber hören Sie zu. Ich habe den Brief hinterlegt, bevor ich nach Lambeth kam.»
    «Dann kann er mit Sicherheit keine wertvollen Informationen enthalten.»
    «O doch!»
    «Was denn?»
    «Die Kombination meines Safes.»
    «So? Ist der Safe dieses Mannes durchsucht worden?»
    «Ja, Sir.»
    «Was war darin?»
    «Keine Informationen von Bedeutung, Sir. Eine Schilderung des Aufbaus unserer Organisation – der Name dieses Hauses – nichts, was nicht bis morgen früh geändert oder vertuscht werden kann.»
    Wimsey lächelte.
    «Haben Sie auch das Innenfach des Safes durchsucht?»
    Eine kurze Stille trat ein.
    «Sie haben gehört, was er sagt», donnerte der Präsident. «Haben Sie dieses Innenfach gefunden?»
    «Es gibt gar kein Innenfach, Sir. Er versucht nur zu bluffen.»
    «Ich widerspreche Ihnen ungern», sagte Wimsey, um seinen gewohnt liebenswürdigen Ton bemüht, «aber ich glaube, Sie müssen das Innenfach meines Safes wirklich übersehen haben.»
    «So», sagte der Präsident, «und was soll angeblich in diesem Innenfach sein, falls es existiert?»
    «Die Namen sämtlicher Mitglieder dieser Gesellschaft, mitsamt Adressen, Fotos und Fingerabdrücken.»
    «Was?» Die Gesichter ringsum waren jetzt häßlich verzerrt vor Angst. Wimsey wandte keinen Blick von Nummer Eins.
    «Und wie wollen Sie an diese Information herangekommen sein?»
    «Ich habe auf eigene Faust Detektiv gespielt.»
    «Sie wurden doch überwacht.»
    «Richtig. Die Fingerabdrücke meiner Beschatter zieren gleich das erste Blatt meiner Sammlung.»
    «Und das können Sie beweisen?»
    «Gewiß. Ich werde es beweisen. Der Name von Nummer Fünfzig zum Beispiel lautet –»
    «Halt!»
    Ein Sturm von Stimmen erhob sich. Der Präsident brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen.
    «Wenn Sie hier Namen nennen, können Sie ganz bestimmt nicht auf Gnade hoffen. Es gibt nämlich noch eine Stufe fünf, die eigens solchen Leuten vorbehalten ist, die Namen nennen. Bringen Sie den
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