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Winterzauber

Winterzauber

Titel: Winterzauber
Autoren: Mathilda Grace
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    „Sind wir eingeschneit?“
    Janoschs Frage folgte ein Hustenanfall allererster Güte, was mich leise seufzend die Augen verdrehen ließ, bevor ich den Wasserkocher anstellte, um frischen Tee zu machen. So ging das nun schon seit zwei Wochen mit Janosch. Er brütete eine Grippe aus, die sich dank seiner Arbeit als Eventmanager, denn eine Pause machen, kam für meinen kleinen Bruder nicht in Frage, wohl bald in eine dicke Lungenentzündung verwandeln würde. Aber hörte er auf mich, wenn ich ihn bat, seinen Arsch zum Arzt zu scheren, oder wenigstens für einige Tage im Bett zu bleiben? Nein.
    Auf Baxter, Mitbewohner Nummer drei in unserer Männer-WG, und gleichzeitig auch Janoschs Freund, hörte mein lieber Bruder übrigens auch nicht. Nicht, dass das etwas Neues war, Janosch war ein Sturkopf vor dem Herrn, wofür ich ihn schon des Öfteren am liebsten aus dem Fenster geworfen hätte. Was in Anbetracht der Tatsache, dass unser Haus nur über ein Obergeschoss verfügte, allerdings reichlich witzlos war. Bei meinem Glück hatte ich ihn dann mit gebrochenem Bein für acht Wochen am Hals, und soweit ging die Liebe zu Janosch nun auch wieder nicht. Wir waren Brüder und das sogar recht enge, aber wir waren grundverschieden.
    Ich war freischaffender Autor und brauchte meine zehn bis zwölf Stunden Ruhe am Tag, um meine Bücher zu schreiben. Janosch ging schon ein, wenn er mal für eine Stunde auf sein Handy verzichten sollte, und fühlte sich unter Menschen am wohlsten. Deshalb organisierte er Partys für jede Gelegenheit, je größer, desto besser. Bei der letzten hatte er sich die Grippe eingefangen, die mich dank ständigem Husten in meinem Job störte, und das ging mir langsam aber sicher mächtig auf die Nerven.
    „Logan, hör' auf, so böse zu gucken.“
    „Woher willst du wissen, dass ich böse gucke?“, murrte ich und hörte ihn die Treppe runterkommen.
    „Ich kenne dich. Ich muss nicht in der Küche sein, um zu wissen, dass du böse guckst.“
    Ich verdrehte erneut die Augen zur Decke, als Janosch mit einem belustigten Grinsen in die Küche kam und sich an den Tisch setzte, um einen Blick in die aktuelle Tageszeitung zu werfen. Kurz darauf wich sein Grinsen einem misstrauischen Blick, als ich ihm eine Tasse Tee vor die Nase stellte.
    „Was ist da drin?“
    „Ingwer, Pfeffer und Teufelswurzel, gut gegen Erkältungen.“ Was natürlich Quatsch war, aber Holundertee klang nur halb so widerlich wie meine erfundene Mischung.
    „Verarschen kann ich mich selbst“, murmelte Janosch wie erwartet und schnupperte. „Holunder? Ist ja widerlich.“
    „Trink' ihn“, befahl ich und sah aus dem Fenster, als in der Ferne zwei Scheinwerfer auftauchten. „Ich hoffe, das ist Baxter. Wenn es so weiter schneit, geht in ein paar Stunden gar nichts mehr.“
    „Hm“, machte Janosch und griff nach seinem Handy. „Mist. Dabei wollte ich morgen...“
    „Gar nichts wirst du“, fuhr ich ihm verärgert über den Mund und nahm Janosch dabei sein Handy weg. „Du weißt genau, dass ich dieses Ding nicht am Küchentisch sehen will. Und bei den Schneemassen da draußen, wirst du morgen nirgendwo hingehen, was auch nicht schadet, so krank wie du bist.“
    „Ja, Papa!“
    „Blödmann.“ Ich sah Janosch tadelnd an, was ihn loslachen ließ, bevor ein weiterer Hustenanfall sein Gelächter im Keim erstickte. „Trink' deinen Tee und scher' dich ins Bett, bevor ich ernsthaft sauer werde.“
    „Ja, ja, ja“, nörgelte er, gab aber nach und verschwand samt Tasse aus der Küche. Kurz darauf schlug oben eine Tür zu.
    Hoffentlich blieb er jetzt auch eine Weile liegen. Es reichte, dass ich mir seit Tagen Sorgen machte, sobald Baxter aus der Haustür raus war, um zu seiner Galerie zu fahren. Ich war der Einzige von uns, der zu Hause arbeitete, was bei dem Wetter ein ziemlicher Vorteil war. Wer latschte schon freiwillig durch Schneewehen von über einem Meter Höhe? Ende November hatte es zum ersten Mal in diesem Jahr geschneit, doch mit so einem starken Wintereinbruch hatte niemand gerechnet. In den letzten Tagen war ein halber Meter Neuschnee gefallen und seither hörte es einfach nicht auf zu schneien. Nächstes Wochenende war bereits Weihnachten und ob sich die Lage wettermäßig bis dahin etwas beruhigte, stand in den Sternen.
    Unsere aufgehende Haustür und das damit einhergehende Geschimpfe von Baxter riss mich aus meinen Überlegungen. Ich füllte schnell den Wasserkocher neu und schaltete ihn ein, bevor
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