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0017 - Ich gab ihm eine Chance

0017 - Ich gab ihm eine Chance

Titel: 0017 - Ich gab ihm eine Chance
Autoren: Heinz Werner Höber
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Die ganze Stimmung war natürlich zum Teufel, als wir ihn fanden.
    Er lag auf der Veranda. Diesmal regnete es allerdings nicht. Und drüben, hinter dem Garten, in der großen Garage war alles ruhig. Unsere Leute hatten den Laden ja gestern ausgehoben. Ich bückte mich und sah mir die Einschußstelle an.
    Sie lag genau oberhalb des Herzens. Er mußte sofort tot gewesen sein. Ich richtete mich auf und sah nach der Waffe, die dicht neben ihm lag. Sie dürfen mir glauben, daß ich mich nicht gerade wohl fühlte.
    »Wenn euch jemand fragt«, sagte Mr. High, »wißt ihr von nichts. Die Erklärung für die Presse mache ich fertig.«
    Die anderen nickten stumm.
    Ich kletterte über das Geländer der Veranda hinab in den Garten.
    »Hallo, Captain!«, rief ich in die nächtliche Dunkelheit des Gartens hinein.
    Aus einem Gebüsch, das ich nur als schwarzen Schattenriß erkennen konnte, löste sich die breite Gestalt von Captain Hywood. Er trug die Offiziersuniform der City Police von New York. Das blanke Wappenschild auf seinem Uniformrock glänzte matt, als er in den Lichtschein trat, der von der geöffneten Verandatür hinab in den Garten fiel.
    »Sind Sie es, Cotton?«
    »Ja. Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Captain. Sie können Ihre Leute wieder abrücken lassen.«
    Hywood kratzte sich hinter dem Ohr.
    »War’s ein blinder Alarm?« fragte er nicht sehr begeistert.
    »Nein«, sagte ich. »Verdammt, nein! Er hat sich selbst erschossen. Verstehen Sie?«
    Hywood nickte.
    »Okay«, knurrte er zwischen den Zähnen hervor. »Kommen Sie morgen im Laufe des Tages zu mir ins Office, damit wir das Einsatzprotokoll fertig machen können.«
    »Ja, geht in Ordnung.«
    Hywood drehte sich um und zog eine Signalpfeife aus seiner Brusttasche. Er blies ein zweitöniges Zeichen.
    Jetzt kamen sie zum Vorschein. Hinter den Büschen, aus dem Schatten der Stachelbeersträucher, von der Gartenlaube her, um die beiden Hausecken — von überall kamen sie.
    Die silbernen Tressen und Knöpfe ihrer Uniformen glitzerten im Lichtschein der offenen Tür. Sie scharten sich schweigend um ihren Boß. Die meisten von ihnen hatten ihre schweren 45er Colts schußbereit in der Hand. Manche trugen sogar Maschinenpistolen mit langem Einsatzmagazin.
    »Okay, Boys«, sagte Hywood. »Wir haben ihn. Er hat keine Schwierigkeiten gemacht. Besser für uns. Ihr könnt zurückfahren.«
    Sie gingen über den Kiesweg nach vorn zur Straße. Wir sahen sie nacheinander um die Hausecke verschwinden. Als letzten den Captain. Dann heulten in der Nachbarschaft die Motoren der Autos und der Motorräder auf, mit denen sie gekommen waren. Allmählich verklang der Lärm in der Ferne.
    Vom Hafen herauf schnitt das Heulen einer Dampfsirene grell durch die nächtliche Dunkelheit. Das Leben ging weiter. Auch wenn er jetzt tot war. Das ist nun einmal so bei den Menschen. Nein, er hatte keine Schwierigkeiten gemacht, dachte ich bitter. Er hätte beinahe unseren Distriktchef, Mr. John D. High, umgelegt mit seiner verrückten Schießart, die mir soviel Kopfzerbrechen gemacht hatte, aber dann, als er merkte, daß ich ihm auf die Schliche gekommen war, da hatte er keine erheblichen Schwierigkeiten mehr gemacht. Nein, wirklich nicht. Er war hinaus auf die Veranda gegangen und hatte abgedrückt. Aus. Vorbei.
    Mir war nicht nach Festefeiern zumute. Schons den ganzen Tag über nicht, seit ich wußte, daß er es gewesen war.
    Aber einen Whisky würde ich noch trinken. Vielleicht auch zwei. Ich hatte es mir verdient. Die schlecht verheilte Wunde brannte auch wieder wie ein Höllenfeuer. Dennoch, einen Whisky konnte ich mir noch genehmigen.
    Ich zog mich mit einem Klimmzug am Geländer der Veranda wieder hoch und kletterte darüber. Mr. High trat auf mich zu und gab mir in seiner stillen feinen Art wortlos die Hand. Ich drückte sie kurz und kräftig. Er sollte nicht denken, daß er mir etwas schuldig wäre, weil ich zeitig genug kam, um seinen Tod zu verhindern. Du lieber Gott, wievielmal hatte er mir oder Phil schon das Leben gerettet! Wofür also sollte er sich jetzt bedanken?
    Wir gingen wieder hinein. Ben war so rücksichtsvoll, den immer noch dudelnden Zehnplattenspieler abzustellen. Nancy D’Kryman saß noch immer regungslos in ihrem Schaumgummisessel, wie wir sie verlassen hatten. Ihr hübsches Gesicht war starr wie eine Maske.
    Hol’s der Teufel, wenn ich sie ansah, konnte mir die Lust an meinem Beruf vergehen. Da plagt sich einer ein Leben lang ab, versucht ein anständiger Kerl zu
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