Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0017 - Ich gab ihm eine Chance

0017 - Ich gab ihm eine Chance

Titel: 0017 - Ich gab ihm eine Chance
Autoren: Heinz Werner Höber
Vom Netzwerk:
werden und dann zu bleiben, und da kommt irgendwann einmal dieses ausgekochte Leben, Schicksal oder wie Sie’s sonst nennen wollen, und stellt ihm ein Bein, daß er einfach drüber stolpern mußte. Ergebnis? Ein Toter, dreißig beruhigt abziehende Polizisten und aus. Nichts weiter. Das Schicksal fühlt sich nicht schuldig, wir fühlen uns nicht schuldig, keiner ist schuldig. Es kam eben alles so. Aus. Schluß.
    Ich nahm mir die Whiskyflasche und ein Wasserglas. Die anderen sahen auf ihre Fußspitzen. Keiner sagte etwas. Aber ich wußte genau, was sie dachten. Ausgenommen Mr. High und Phil. Die hätten vielleicht auch bis morgen warten können, aber die anderen waren neugierig. Sie wollten natürlich wissen, wie ich diesen unangenehmsten aller unangenehmen Fälle geklärt hatte. Zum Henker, ja, ich wäre auch neugierig gewesen. Aber mir war nach allem anderen eher zumute als zur Wiedergabe meiner Geschichte von diesem Fall, von diesem lausigen Fall, der nun schon zwei Kameradeji das Leben gekostet hatte…
    Ich goß das Wasserglas zu dreiviertel voll und kippte es in einem Zug hinunter. Darauf steckte ich mir eine Zigarette an. Der scharfe Whisky brannte in unverdünnter Qualität angenehm im Magen.
    »Glaubt nicht, daß ich mich vielleicht einen Deut wohler fühle als ihr!« brummte ich böse.
    Mr. High stand am Fenster. Er sah zu mir herüber. »Kein Mensch glaubt das, Jerry! Sie sind nur neugieirig, das müssen Sie doch verstehen!«
    »Schon gut«, knurrte ich. »Ich lege ja schon los!«
    Langsam hoben die anderen den Kopf. Und dann begann ich meinen Bericht, die Erzählung von dem Mord ohne Patronen…
    ***
    Es war am Samstag früh, so gegen zehn. Mein Freund Phil und ich bummelten die Straßen entlang. Wir hatten freies Wochenende, bis auf eine winzige Kleinigkeit freies Wochenende: Wir mußten nämlich an einer Feierstunde teilnehmen. So eine mit ernster Musik und vielen Reden, na, Sie kennen das ja sicher auch.
    Wir hatten noch eine knappe Stunde Zeit, denn die Feier begann erst um elf Uhr im großen Sitzungssaal unseres Distriktgebäudes. Wir nannten das schlichte große Haus meistens Hauptquartier, weil dort eben für den Distrikt New York City die Fäden zusammenlaufen.
    Manchmal blieben wir vor einem Schaufenster stehen. O ja, New York, diese Asphalthölle und dieses Wolkenkratzerparadies, dieses schwitzende, dampfende, sprudelnde Nest von acht Millionen Einwohnern hat schon etwas zu bieten.
    Wir strolchten noch eine ganze Weile herum. Dann war es Zeit, eine ernste, würdevolle Miene aufzusetzen und zum Distriktgebäude zu pilgern. Wir taten es mit der inneren Respektlosigkeit, die man sich so mit der Zeit angewöhnt, wenn man von Berufs wegen immer hinter die Kulissen unserer Welt gucken muß.
    Als wir den großen Sitzungssaal betraten, blieb uns beinahe die Sprache weg. Donnerwetter, sah die Bude schick aus! Alles, was recht ist, die Dekoration war gekonnt. Die Seitenwände der Bühne waren mit zwei riesigen Bundesflaggen der Vereinigten Staaten drapiert. An der Rückwand hingen sauber ausgerichtet die Bilder sämtlicher Präsidenten, die je im Weißen Haus gesessen hatten. Und über der Bühne stand in Goldbuchstaben der Wahlspruch unseres Vereins, das Motto der amerikanischen Bundeskriminalpolizei: »Fidelity — Bravery — Integrity.«
    Treue, Tapferkeit, Unbestechlichkeit, tja, das wurde von uns verlangt, und dafür bezogen wir unser Gehalt als Bundesbeamte. Eigentlich bedeuten die drei Anfangsbuchstaben natürlich etwas anderes, nämlich den eigentlichen Namen unserer amerikanischen Bundeskriminalpolizei: Federal Bureau of Investigation — Bundesbüro für Nachforschungen. Aber irgendein findiger Kopf hat die Abkürzung FBI genommen und die drei schönen Schlagworte draus gemacht, die uns jetzt in Goldbuchstaben entgegenglänzten.
    Na, wir starrten erst einmal mit weit aufgerissenen Augen das Blumenmeer an, das sich durch den ganzen Saal verteilte, dann knallte mir Phil den Ellenbogen in die Rippen und raunte: »Hast du einen leisen Schimmer, was der ganze Zinnober soll?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.«
    Wir zwängten uns in eine Reihe hinein, wo schon ein paar von unseren Leuten saßen. Neben Robby Marshfield waren noch zwei Stühle frei, und wir ließen uns darauf plumpsen.
    »Hallo, Robby!«
    »Hallo, Jerry! Hallo, Phil! Toller Budenzauber, was?«
    »Ja, ganz enorm. Keine Ahnung, um was es geht?«,, »Nicht einen blassen Dunst. Aber es muß etwas ganz Besonderes sein, da vorn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher