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Forever in Berlin

Forever in Berlin

Titel: Forever in Berlin
Autoren: Mia Landorf
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    Lilly schloss ihr Fahrrad an die Laterne vor dem Café Solo und träumte ein bisschen von einer ruhigen Morgenschicht in der Coffee Bar, als sie ein lautes Quietschen hörte, bevor sie selbst, nun ja, laut quietschte.
    »Du Vollidiot!«, brüllte sie dem Fahrer des silbernen Porsche nach, der zwar in allerletzter Sekunde gebremst hatte, um nicht mit 50, sondern nur mit den hier am Kollwitzplatz vorgeschriebenen 30 Stundenkilometern durch die Riesenpfütze neben Lillys Laterne zu rauschen. Aber er spritzte sie dennoch von Turnschuh bis Taille voll.
    »Du arrogantes, kapitalistisches Egoisten-Schwein!«
    Ihre ehemals sonnengelbe Skinnyjeans waren übersäht mit kleinen matschbraunen Flecken, die bestenfalls an ein billiges Leopardenmuster erinnerten. Schlechtestenfalls an eine explodierte Babywindel.
    Wie konnten dieser Drecksluxuskarossenfahrer nur so gedankenlos sein?, dachte sie wütend. Die Pfütze vor ihr war riesig, fast schon ein kleiner Pfützenteich. Und hier am Prenzlberg war ohnehin alles Zone 30. Wenn der Vollidiot es nicht so eilig gehabt hätte, seinen nächsten sicherlich faulen Businessdeal einzutüten, wäre der Pfützenteich ihm vielleicht rechtzeitig aufgefallen.
    Lilly sah dem silbernen Porsche erbost nach, der plötzlich bremste, anhielt und sachte rückwärts wieder auf sie zurollte. Bis er genau neben ihr zum Stehen kam. Der Pfützenteich schwappte dieses Mal nur ein klein wenig über seine Ufer.
    »Sie fluchen ja wie ein Bierkutscher«, sagte ein Typ der Kategorie Hipsterschnösel mit sorgsam gestutztem Vollbart und Hornbrille durch das geöffnete Porschefenster.
    »Und Sie fahren wie einer«, schoss Lilly zurück. »Wie einer, der seine Frühschicht schon besoffen begonnen hat.« Wütend hatte sie die Hände in die Hüften gestemmt.
    »Ruhig Braune, ruhig«, grinste der Hipsterschnösel.
    Lilly musste zwei Mal überlegen, ob sie richtig gehört hatte. Redete der Typ etwa mit ihr wie ein Cowboy mit seinem Pferd?
    »Sagen Sie mal, geht’s Ihnen noch gut?«
    »Mir geht es hervorragend. Im Gegensatz zu Ihnen. Tut mir leid, dass ich ihre Hose ruiniert habe. War keine Absicht.«
    Dann reichte er ihr eine Visitenkarte durchs Fenster. »Schicken Sie die Rechnung für die Reinigung in mein Büro.«
     
    Sie stand noch eine geschlagene Minute lang regungslos mit der Visitenkarte in der Hand da, als der silberne Porsche längst wieder verschwunden war. So verblüfft war sie. Dann schaute sie sich das Kärtchen näher an. Universal Food & Beverages Worldwide stand da in nobel erhöht geprägten Buchstaben als wäre es Blindenschrift. Und darunter ein Name: Christopher Wortmann. Lilly stopfte die Karte achtlos in ihre hintere Hosentasche. Vollidiot, dachte sie noch einmal. Arroganter Vollidiot. Dann betrat sie die Coffee Bar.
    »Wie siehst Du denn aus, Schätzchen?«, fragte Tim, mit dem sie sich heute die Morgenschicht an der Kaffeetheke teilte.
    »Vor dem Café ist so ein Trottel von Porschefahrer einfach durch diese Riesenpfütze gerauscht und hat mich nass gespritzt. Und er fand es auch noch irgendwie amüsant.«
    »Ach so. Und ich dachte schon, Du warst beim Schlammcatchen mit einer spärlich bekleideten, vollbusigen Blondine und hast mir nix davon gesagt.«
    »Träum’ weiter, Tim.« War sie heute etwa nur von Chauvis umgeben?
    Es hatte überhaupt keinen Sinn, zu versuchen, die Flecken auf ihrer Jeans herauszuwaschen, befand sie. Auf Heimradeln und Umziehen hatte sie andererseits auch keine Lust, so dass sie sich einfach die fast bodenlange Bedienschürze mit dem Fair-Trade-Kaffeelabel umband und beschloss, die leopardige Windelexplosion an ihren Beinen für den restlichen Tag zu ignorieren. Dann begann sie die Spülmaschine auszuräumen.
     
    Das Café Solo lag am Kollwitzplatz im Berliner Szenebezirk Prenzlauer Berg und gehörte vier Freunden: Lilly, Tim, Emily und Nick. Die Coffee Bar mit ihrer aus recycelten Scheunentoren grob zusammengezimmerten Holztheke und den Flohmarktspiegeln an den Wänden trug nicht zufällig ihren Namen. Der Name beruhte auf einem Geheimnis: Alle vier Freunde waren solo. Als sie sich nach Abschluss ihrer jeweiligen Studiengänge von Theaterwissenschaften bis zu Kulturmanagement - Schwerpunkte also, die einen geradezu zum Cafébesitzer prädestinierten -, am Ende von Katastrophenbeziehungen mit vier bis sieben anderen Menschen befanden, hatten sie beschlossen, zusammen ein Café zu eröffnen. Gemeinsam war man schließlich besser einsam. Café Solo eben. Der Name
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