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Wenn der Wind dich ruft

Wenn der Wind dich ruft

Titel: Wenn der Wind dich ruft
Autoren: Teresa Medeiros
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Carolines Großmut nicht so weit reichen, ein derart schweres Vergehen zu verzeihen.
    Sie warf Adrian einen verwunderten Blick zu, aber er nickte ihr nur erschöpft zu, ermutigte sie, den Wunsch seiner Frau zu respektieren.
    All ihren Mut zusammennehmend, ging sie am Arzt vorbei und schlüpfte in das Zimmer.
    Caroline lag in einem von Viviennes lavendelfarbenen Morgenröcken, gestützt von mehreren Kissen, auf dem Bett. Ihr blasses Gesicht war den Fenstern zugewandt, als ruhten all ihre Hoffnungen auf dem anbrechenden Morgen.
    Sie sprach, ehe Portia etwas sagen konnte. »Ich fürchte, sie halten sie irgendwo im Dunkeln. Sie mag die Dunkelheit nicht, weißt du. Ich habe ihr immer versichert, sie brauche keine Angst zu haben, weil es keine Monster gäbe, die im Dunkeln ihr Unwesen treiben.« Sie richtete ihren Blick auf Portia; ihre Augen waren so klar und grau wie der Morgenhimmel. »Ich hätte sie nicht anlügen dürfen, nicht wahr? Es war falsch von mir.«
    Portia schritt zum Bett, ließ sich neben ihr nieder. »Du hast mir dasselbe erzählt, als ich klein war. Aber ich habe dir nie geglaubt.«
    »Weil du daran glauben wolltest, dass unter deinem Bett alle möglichen Ungeheuer hausen — Wichtel, Gespenster und Kobolde, die alle auf das richtige kleine Mädchen warten, das ihre Verwünschung löst und sie befreit.«
    »Nun, ich bin ganz offenbar nicht das richtige Mädchen dafür.« Portia senkte den Kopf, hoffte, die Tränen zu verbergen, die ihr in die Augen stiegen.
    Caroline zauste ihr die wirren Locken, erinnerte sie beide durch die Geste an eine Zeit, als sie nur einander hatten, um sich Halt zu geben. »Ich hätte diese furchtbaren Sachen über Julian nicht sagen dürfen. Er mag eine Bestie sein, aber er ist deine Bestie. Es war nicht fair von mir.«
    Portia nahm die Hand ihrer Schwester, schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter. »Ich muss dir erzählen, was in der Gruft geschehen ist.«
    Caroline schüttelte den Kopf, und ein fahler Abglanz ihres sonstigen Lächelns spielte um ihre Lippen. »Nein, das musst du nicht. Es gibt Dinge, die ein Geheimnis zwischen einer Frau und dem Mann, den sie liebt, bleiben müssen. Soweit es mich betrifft, gibt es nur eine Sache, die du für mich tun sollst.«
    Portia drückte Carolines Hand fest. »Alles. Du weißt, ich würde alles für dich tun.«
    Caroline legte ihre andere Hand auf Portias Wange, sprach jedes Wort überdeutlich aus: »Bring mir meine Tochter zurück. «
    Adrian und Larkin saßen auf ihren Pferden auf der kleinen Anhöhe oberhalb von Chillingworth Manor, als Portia auf der zierlichen Apfelschimmelstute herangaloppierte, die Adrian ihr zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag geschenkt hatte. Sie trug ein auf Figur geschnittenes Reitkostüm aus dunkelblauer Merinowolle und ein Paar fester Lederstiefel. Ihr Haar hatte sie zu einem praktischen Zopf im Nacken geflochten, der von einem Lederband zusammengehalten wurde, und um ihren Hals lag ein Seidenschal, um die frischen Bissspuren zu verdecken.
    Genau wie sie es erwartet hatte, versuchte Adrian sie nicht wieder heimzuschicken. Er hatte bestimmt gemerkt, dass sie ihnen den ganzen Nachmittag über gefolgt war. Wenn er sie davon hätte abhalten wollen, hätte er das längst getan.
    Stattdessen schaute er ihr nur in die Augen. »Du weißt, warum wir hier sind, nicht wahr? Wenn wir Valentine vernichten ... «
    Er musste nicht zu Ende sprechen. Wenn sie Valentine vernichteten, dann würde Julians Seele zu dem Vampir zurückkehren, der ihre Seele vor mehr als zweihundert Jahren genommen hatte. Selbst wenn Julian in der Lage wäre, diese Kreatur aufzuspüren, wäre der Vampir vermutlich inzwischen so mächtig, dass er — oder sie — beinahe unbesiegbar wäre.
    Portia blickte stur geradeaus, ihr Profil nicht minder entschlossen als das ihrer Schwager. »Julian hat seine Wahl getroffen, als er gegangen ist ...« sie schluckte, schloss kurz die Augen, »... uns im Stich ließ. Alles, was jetzt noch zählt, ist Eloisa zu finden und sie nach Hause zu bringen.«
    Adrian nickte zustimmend, dann schnallte er eine Armbrust und einen Köcher mit Holzpfeilen von seinem Sattel los und reichte ihr beides. Er und Larkin hatten den größten Teil des Tages damit verbracht, die Waffenhändler und Büchsenmacher der Stadt aufzusuchen und die Geschäfte an den Docks zu durchforsten, um Ersatz für einen Teil der seltenen Waffen zu beschaffen, die im Feuer vernichtet worden waren.
    Portia hängte sich die Schlinge der Armbrust
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