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Vyleta, Dan

Vyleta, Dan

Titel: Vyleta, Dan
Autoren: Pavel und Ich
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maßregelt, statt der Schande einer Vergewaltigung
den Freitod zu wählen. Es gibt dort auch den Bericht über die Hinrichtung eines
Dutzends Schüler der Markusschule wegen »unpatriotischer Äußerungen«, nur Tage
vor dem totalen Zusammenbruch. Andreas-Friedrich berichtet auch mit großer
Genauigkeit von den Launen des Wetters in jenem langen Winter 1946/47 und
beschreibt sehr penibel den Tribut, den der lange Frost einforderte. Um die
Entnazifizierungsgeschichte von Karli Schäfers Zirkus zu lesen - einschließlich
der »Liliputaner« -, wende man sich an George Cläres Erinnerungen »Before the
Wall: Berlin Days 1946-1948«. Was die Massenvergewaltigungen nach der
Befreiung der Stadt durch die sowjetischen Soldaten angeht (vervollständigt
durch einige bemerkenswerte psychologische Beobachtungen zur Faszination der
Vergewaltigungspropaganda der Nazis), sind die anonym veröffentlichten
Erinnerungen »Eine Frau in Berlin« ohnegleichen, quälend und doch besonnen. Die
von Annett Gröschner unter dem Titel »Ich schlug meiner Mutter die brennenden
Funken ab« zusammengestellten Berliner Schulaufsätze aus dem Jahr 1946 verschaffen
faszinierende Einblicke in die Sichtweise, aus der Kinder und Jugendliche das
erste Jahr Frieden erlebten. Vladimir Sevruks Sammlung von Augenzeugenberichten
mit dem Titel »How Wars End« und der letzte Band von Konstantin Simonows
Kriegstagebüchern bieten eindrückliche Beschreibungen der Stadt im direkten
Nachklang des Kriegs sowie der Verhaltensweisen, die unter den alliierten
Soldaten und deutschen Zivilisten vorherrschten. All diese Bücher haben mich
mit tausend kleinen Details versorgt und mir so die Schaffung eines eigenen
Nachkriegsberlins erleichtert, das fiktiv sein mag, aber sich eng an ein
düsteres Stück Wirklichkeit anlehnt, das gerade sechzig Jahre zurückliegt.
    Wie alle
Geschichten, und vielleicht mehr noch als andere, zehrt auch die Petersons von
den Werken seiner Fabulierkollegen, von denen viele seine bescheidenen
literarischen Talente weit in den Schatten stellen. Diese Werke haben Wege
gefunden, sich in seine Erinnerung zu winden, sein Vokabular zu formen und
seine Vorstellungskraft anzuregen. Im Gegensatz zu vielen anderen Erzählern
scheint unserer ausreichend taktlos, zumindest einigen seiner Helden offen zu
huldigen, vor allem Dostojewski und Dickens, die sich beide womöglich gegen
eine solche Anmaßung verwahrt hätten. Ganz im Geiste petersonscher Taktlosigkeit
will ich dennoch ein paar Namen hinzufügen, für die es in diesem Buch ebenfalls
Referenzpunkte gibt, wenn auch weniger offen. Dazu gehören Wilkie Collins,
dessen fetter Graf eine Wiedergeburt in Offizierskleidung erlebt, um neue
Verderbtheiten zu planen, und Günter Grass, der Nachkriegsdichter, der so
etwas wie ein Monopol auf clevere Zwerge hält und dessen Gefühl für Zeile und
Grammatik sich mitunter als unwiderstehlich erwies. Es mag irritieren, dass die
Fiktion einen ebenso tiefen Schatten auf diesen Roman wirft wie die düsteren
Wirklichkeiten der Vergangenheit, aber so stehen die Dinge nun einmal.
    Nicht
zuletzt möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, den Menschen zu danken, die mir
beim Schreiben dieses Romans geholfen haben, entweder, indem sie mich mit
Informationen aus erster Hand über jene Zeit versorgten, oder durch ihre sorgsamen
Reaktionen auf mein Manuskript. Dazu gehören: Simon Lipskar von Writers House,
Kathy Beiden und Mike Jones von Bloomsbury, Richard Lapidus, Kristin Semmens,
Aya Soika, Bernhard Fulda, Eckhard Leberl, Ivan und Anna Crozier und Johanna
Greenwood. Darüber hinaus möchte ich meiner Familie für die Unterstützung
danken, die sie mir unbeirrt von meiner Entscheidung, in einer fremden Zunge zu
dichten, hat zukommen lassen, James Boyd White dafür, dass er mir seinen Namen
geliehen hat, und meiner Frau Chantal Wright, deren Lektorenstift auf jeder
Seite dieses Buchs seine Spuren hinterlassen hat. Ich hoffe, Ihr habt Freude an
dem Buch.
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