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Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13

Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13

Titel: Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13
Autoren: Yasmine Galenorn
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Kapitel 1
     
    Der Mond stand hoch am Himmel, rund und voll wie eine dieser Leuchtkugeln, mit denen die Menschenkinder in der Weihnachtszeit spielen. Ich konnte Mutter Mond, die dort oben über mich wachte, gerade noch sehen, während ich durch das dichte Gras huschte und die Pfoten leicht auf den gefrorenen Boden setzte. Die Nacht war klar, aber bitterkalt, und mein Atem bildete kleine Dampfwölkchen vor meinem Maul.
    Ich fror fürchterlich, aber das war besser, als drinnen zu sein: Dort würde Maggie mich packen und mir mit ihren Küssen das ganze Fell vollsabbern, oder Iris könnte mich in die Falle locken, mich in diese dämliche Katzentasche stecken und mir gewaltsam die Krallen stutzen. Nach ihrer Maniküre hatte ich immer ganz stumpfe, kurze Fingernägel. Und niemand, absolut niemand würde die French Manicure ruinieren, für die ich im Salon gerade erst fünfzig Dollar hingeblättert hatte.
    Als ich um den Pavillon in der Nähe des Pfades kam, der zum Birkensee führte, erregte eine Bewegung unter den Bäumen meine Aufmerksamkeit, und ich erstarrte und lauschte. Da war das Geräusch wieder: Blätterrascheln, das Knacken dünner Zweige auf dem Waldboden. O große Bast...  bitte lass es nicht Speedo sein, den Nachbarshund. Dieser kleine Pisser war der hartnäckigste Basset, dem ich je begegnet bin. Der einzige Basset, dem ich je begegnet bin, um ehrlich zu sein. Er machte sich einen Spaß daraus, mich zu jagen, wenn ich als Vierbeiner erschien, und bellte dabei wie ein betrunkener Höhlenmensch. Ich konnte den Köter zwar mit Leichtigkeit abhängen, traute ihm aber nicht. Der Fairness halber sei gesagt, dass er kein Werwesen war, nur ein ganz gewöhnlicher alter Hund. Das war wohl auch besser so, wenn ich es recht bedachte, denn er hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank, aber dennoch...  Ich blickte mich nach dem nächsten größeren Baum um. Es konnte nie schaden, gut vorbereitet zu sein.
    Als Speedo nicht aus dem Unterholz brach, sich die leisen Geräusche aber fortsetzten, musste ich umdenken. Vielleicht ein Opossum? Oder ein Stinktier? Stinktier wäre nicht gut, aber diesmal würde ich meine Impulse unterdrücken und es in Ruhe lassen. Einmal ist keinmal, aber zweimal ist nicht nur einmal zu viel – nein, ich müsste mir wochenlang den Spott meiner Schwestern anhören.
    Ich lauschte meinen Instinkten, und irgendetwas sagte mir, dass mein geheimnisvoller Besucher kein Tier war. Jedenfalls keines von den alltäglichen Fellknäueln, die so im Wald herumstreiften. Ich war zwar keine Hexe wie meine Schwester Camille, aber ich hatte meine eigenen, ganz besonderen Instinkte, und die flüsterten ziemlich laut und deutlich, dass da jemand war. Ich hob den Kopf, schnupperte und sog tief die Luft ein. Da. Ein leichter Duft nach großer Katze, doch dahinter war noch etwas Stärkeres. Und dann wusste ich, was ich da spürte: Katzenmagie .
    Vorsichtig schlich ich mich zum Pavillon und sprang auf die erste Stufe. Ich wollte nicht ungeschützt im Gras erwischt werden. In meinem jetzigen Zustand konnte ich nicht viel tun, falls plötzlich ein Dämon aus dem Wald preschen und mich angreifen sollte. Nun ja, ich konnte mich in ein Knäuel aus Fell und rasiermesserscharfen Krallen verwandeln, doch in Anbetracht meiner Größe versprach heftige Gegenwehr höchstens ein schnelles, schmerzhaftes Ende meines Katzendaseins. Wenn ich den Pavillon erreichen konnte, würde ich aufs Geländer klettern und hätte dann zumindest einen besseren Überblick.
    Ich duckte mich zum Sprung, rückte mein Hinterteil in die beste Position, um mich richtig abzustoßen – doch als ich losschnellte, um auf die dritte Stufe zu springen, beschloss mein dicker, puscheliger Schwanz, sich in einem Nest stacheliger Kletten zu verfangen, die am Fuß des Pavillons wuchsen. O Scheiße!, dachte ich, als ich mit dem Bauch voran auf den Boden knallte, alle viere zur Seite gestreckt wie eine alberne Zeichentrick-Katze auf der Jagd nach Tweety.
    Ich blinzelte, und meine Würde bekam einen empfindlichen Schlag versetzt. Als ich den Kopf schüttelte und mich aufrappelte, stellte ich zu meiner Bestürzung fest, dass ganze Büschel Fell meines Schwanzes sich in den lästigen Pflanzen verknotet hatten. Ich stieß ein frustriertes Grollen aus. Warum musste ich auch so langes Fell haben? Zugegeben, es machte mich zur hübschesten goldenen Tigerkatze der ganzen Nachbarschaft, aber gutes Aussehen war eben nicht alles. Ich versuchte mich loszureißen, doch es ging
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