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Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund

Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund

Titel: Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund
Autoren: Lisa J. Smith
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vergangenen acht oder neun Stunden am Laufen gehalten hatte, war verbraucht, und jeder Muskel fühlte sich an wie Gelee.
    »Ich bin so müde«, flüsterte sie.
    »Das sind wir alle«, sagte Rob und setzte sich neben sie. Anna und Lewis schlossen sich auf der anderen Seite an Kaitlyn an. »Komm, Gabriel, Kopf runter, ehe uns noch jemand sieht. Du bist ja auch halb tot.«
    Stimmt, dachte Kaitlyn. Gabriel war bereits am Ende gewesen, ehe er auf den Polizisten losgegangen war. Jetzt zitterte er fast vor Erschöpfung.
    Einen Augenblick hielt er sich noch auf den Beinen, nur um zu beweisen, dass er nicht auf Rob hörte. Dann setzte er sich, den anderen gegenüber, immer auf Distanz bedacht.
    Lewis und Anna jedoch rutschten näher an Kaitlyn heran. Sie schloss die Augen und lehnte sich gegen den Erdhaufen, froh, dass die anderen so nahe bei ihr waren. Robs warmer, fester Körper gab ihr ein sicheres Gefühl. Er würde es nicht zulassen, dass einem von ihnen etwas zustieß, dachte sie schläfrig.
    Nein, sagte Robs Stimme in ihrem Kopf, und es war, als sei sie in eine goldene Wolke gehüllt. Ein bernsteinfarbenes Glimmen wärmte sie, ja, nährte sie. Als kuschelte man sich an die Sonne, dachte sie.
    Ich bin so müde …

    Sie öffnete die Augen. »Schlafen wir hier?«
    »Das wäre wohl das Beste«, sagte Rob. »Aber vielleicht sollte einer von uns Wache halten, ihr wisst schon, falls doch jemand kommt.«
    »Das übernehme ich«, sagte Gabriel knapp.
    »Nein«, wehrte Kaitlyn ab. »Du brauchst den Schlaf mehr als jeder andere von uns …«
    Nicht Schlaf. Der Gedanke war so flüchtig, so schwach, dass sich Kaitlyn nicht sicher war, ob sie ihn überhaupt gehört hatte. Gabriel konnte seine Gedanken vor den anderen am besten abschirmen. In diesem Moment spürte Kaitlyn nichts bis auf seine Erschöpfung. Und seine Unnachgiebigkeit.
    »Dann mal los, Gabriel, wenn du unbedingt willst«, sagte Rob gereizt.
    Kaitlyn war zu müde, um sich mit dem einen oder anderen anzulegen. Sie hatte sich nie vorstellen können, dass sie so im Freien schlafen konnte, im Sitzen, auf dem blanken Erdboden, ohne Matratze oder Decke. Aber der längste Tag ihres Lebens lag hinter ihr, und der schlimmste noch dazu, und der Erdwall in ihrem Rücken war erstaunlich bequem. Anna kuschelte sich links an sie, Rob rechts. Die Märznacht war mild, und die Skijacke hielt sie warm. Sie fühlte sich fast … geborgen.
    Kaitlyn schloss die Augen.
    Jetzt weiß ich, wie es ist, kein Zuhause zu haben,
dachte sie. Entwurzelt zu sein, verlassen in der großen weiten Welt. Zum Teufel, ich bin heimatlos.
    »In welcher Stadt sind wir eigentlich?«, nuschelte sie, weil sie plötzlich das Gefühl hatte, dass das wichtig sei.
    »Oakland, glaube ich«, murmelte Lewis. »Hört ihr die Flugzeuge? Wir sind in der Nähe des Flughafens.«
    Kait hörte tatsächlich ein Flugzeug, außerdem das Zirpen von Grillen und in der Ferne den Autoverkehr. Doch diese Geräusche verschwammen bald zu einem eintönigen Summen. Einen Augenblick später hörte sie auf zu denken und fiel in einen tiefen Schlaf.
     
    Gabriel wartete, bis alle vier schliefen – tief und fest schliefen –, ehe er aufstand.
    Es konnte schon sein, dass er sie in Gefahr brachte, wenn er jetzt ging. Das konnte er aber nicht ändern, und wenn Kessler sein Mädchen nicht beschützen konnte, war das sein Problem.
    Mittlerweile war es nicht mehr zu übersehen, dass Kaitlyn Kesslers Freundin war. Gabriel wollte sie sowieso nicht. Er sollte Rob, dem Goldenen, dankbar sein, dass er ihn vor ihr bewahrt hatte, denn so eine konnte einen um Kopf und Kragen bringen. So eine ging einem unter die Haut, krempelte einen völlig um. Und dieses besondere Mädchen mit Hexenaugen, Haar wie Herbstfeuer und Haut wie Sahne hatte
bereits angekündigt, dass sie ihn, Gabriel, ändern wollte.
    Fast hätte sie es auch geschafft, dachte Gabriel, während er sich durch das Gestrüpp schlug, das zwischen den Erdhaufen wucherte. Immerhin hatte sie ihn dazu gebracht, Hilfe von Kessler anzunehmen, ausgerechnet von Kessler.
    Nie wieder.
    Als Gabriel an den Zaun kam, sprang er mit einem Satz darüber, ohne den Stacheldraht zu berühren. Als er auf der anderen Seite landete, wäre er beinahe in die Knie gegangen.
    Er war schwach. So etwas hatte er noch nie erlebt. Und er spürte etwas Seltsames in sich, ein Verlangen. Es war ein ausgebranntes Gefühl, als sei ein Feuer über ihn hinweggegangen und hätte ihn schwarz und ausgedörrt zurückgelassen. Wie
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