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Viel zu lange her

Viel zu lange her

Titel: Viel zu lange her
Autoren: Barbara Hannay
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Zigeuner oder abenteuerlustigen Piraten aussehen, der alle herkömmlichen Regeln verachtete. Isaac besaß noch jene gefährliche Ausstrahlung, die Tessa eigentlich abstoßen sollte, sie stattdessen immer angezogen hatte - gegen besseres Wissen und zu ihrem größten Bedauern.
    Die sichtlich teure Kleidung wirkte an seiner hinreißenden Gestalt mit den breiten Schultern, den schmalen Hüften und den langen Beinen locker und lässig.
    Mochten Vergleiche auch noch so unangebracht sein, dachte Tessa doch, dass es keinen größeren Gegensatz geben konnte als zwischen diesem Mann und Paul.
    Pauls rundliches Gesicht strahlte Ruhe, Isaacs dagegen Kraft und Härte aus. Pauls graue Augen wirkten sanft und nachdenklich. Bei Isaac verstärkten die dunklen Brauen die feurige Wirkung der schwarzen Augen. Das fiel ihr sogar jetzt auf, obwohl seine Augen im Schatten lagen.
    Impulsiv lief Tessa über die Terrasse und warf sich ihm in die Arme.
    „Isaac!”
    Nachdem sie sich unzählige Male das Wiedersehen ausgemalt hatte, kam ihre Reaktion völlig spontan. Und sie dachte auch nicht weiter darüber nach, sondern drückte sich nur an Isaacs Brust und wartete darauf, dass er sie in die starken Arme nahm, wie er das in glücklicheren Zeiten oft getan hatte.
    Sie fühlte, wie sein schlanker Körper bebte, doch Isaac legte die Arme nicht um sie. Als sie hochblickte, fand sie für einen Moment Schmerz in seinem Gesicht, das gleich darauf gar nichts mehr ausdrückte.
    Isaac verkrampfte sich, als fühlte er sich von ihr abgestoßen, und der winzige Funke der Hoffnung, den sie jahrelang bewahrt hatte, erlosch.
    „Tessa, um Himmels willen!” rief Rosalind missbilligend.
    Tessa zog sich zurück und ließ die Hände sinken. „Tut mir Leid”, sagte sie leise. „Wie … wie geht es dir, Isaac?”
    „Bestens”, erwiderte er und ließ den Blick kurz über ihr goldblondes Haar und das erhitzte Gesicht, die schlichte Bluse und die lange Hose gleiten. Danach richtete er den Blick auf die rote Bougainvillea, die sich am Spalier hochrankte. „Und wie geht es dir, Tessa?”
    „Gut …sehr gut.”
    „Ich möchte dir gratulieren.”
    Lässig ergriff er ihre linke Hand und betrachtete amüsiert den Verlobungsring, den sie viel zu protzig fand. Es war ein großer Smaragd, der von Brillanten umgeben war. Er war für ihre schlanken Finger zu voluminös, und wegen der blauen Augen trug sie so gut wie nie Grün, doch Paul war unglaublich stolz auf seine Wahl.
    Ihre Hand bebte, während Isaac sie festhielt.
    „Ein passender Klunker für die Queen von Castle Hill”, stellte er kühl fest.
    Tessa zog die Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt. Damit war klar, was sie im Grunde ihres Herzens bereits gewusst hatte. Isaac war nicht ihretwegen zurückgekommen.
    Oft hatte sie abgedroschene Phrasen über Momente der Wahrheit gehört, nie jedoch geahnt, welchen Schmerz diese Momente auslösten.
    Hätte Isaac sie unbedingt wieder sehen wollen, wäre er nicht so lange fort geblieben. Die Vorwürfe, die er ihr damals gemacht hatte, galten noch heute. Er verachtete sie und alles, was sie repräsentierte.
    Dass er nun zurückgekommen war und ungerührt zusehen konnte, wie sie sich bis ans Ende ihres Lebens an einen anderen Mann band, bedeutete doch nur, dass er ihr gegenüber keinerlei Gefühle entwickelt hatte.
    Obwohl sie sich darüber ärgerte, wie leicht er sie zurückwies, und sich wegen der impulsiven Umarmung vorhin schämte, konnte sie den Blick nicht von ihm abwenden. Voll Verlangen betrachtete sie sein Gesicht, während er höflich, kühl und zurückhaltend blieb.
    Bei näherer Betrachtung fiel ihr an Isaac etwas auf, das gleichzeitig altvertraut und doch auch neu und fremdartig war. Er schien ein Widerspruch in sich zu sein. In seinen dunklen Augen las sie Müdigkeit und Traurigkeit, als hätte er schwere Erlebnisse hinter sich. Trotzdem verbarg sich unter der Oberfläche eine freudige Erwartung wie die eines Kindes am Weihnachtsmorgen oder am ersten Tag der langen Sommerferien.
    Die Stimme ihres Vaters unterbrach ihre Gedanken. „Tessa, mein Schatz, ist das nicht eine wunderbare Überraschung?”
    Mühsam lächelte sie ihrem Vater zu, der in einem bequemen Sessel saß, ging zu ihm und küsste ihn auf die Wange. Wie ihr Verlobter Paul Hammond war John Morrow ein sanfter und freundlicher Mann, seiner Frau gegenüber sogar etwas zu unterwürfig. Tessa betrachtete ihren Vater voll Zuneigung. Dass Paul ihm so ähnlich war, hatte dazu beigetragen, dass
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