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Haus der Sünde

Haus der Sünde

Titel: Haus der Sünde
Autoren: P Costa
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Kapitel 1
    Der Mann im Fluss
    Ein Sturm kam auf.
    Claudia Marwood blickte zum Himmel. Sie sah das strahlend blaue Himmelszelt, über das nur wenige zarte weiße Wölkchen zogen, und fragte sich, warum sie diesen eigentlich so wunderschönen Anblick als unheilvoll empfand. Es war ein herrlicher Sommertag, geradezu wie aus dem Bilderbuch, doch in ihrem tiefsten Inneren spürte sie das bedrohliche Grollen eines aufziehenden Gewitters. Sie konnte die Anzeichen dafür weder hören noch sehen, und dennoch wusste sie, dass sich da etwas zusammenbraute.
    Idiotin!
    Sie blieb in der Spülküche stehen und warf einen Blick auf den Schirm und die leichte Baumwolljacke, die sie an kühleren Tagen im Garten manchmal trug. Mach dich doch nicht lächerlich, redete sie sich selbst zu und griff entschlossen zu einem Strohhut mit breiter Krempe und gelbem Band. Dann trat sie auf die Terrasse hinter ihrem Haus, die im Terrazzo-Stil angelegt war. Wenn es regnet, wirst du eben nass. Na und? Du wirst schon nicht zerfließen!
    Während sie über den Rasen ging, rückte sie den Hut auf ihrem Kopf zurecht und dachte darüber nach, warum sie sich so mutig gezeigt hatte, auch wenn es zugegebenermaßen in einem sehr kleinen Rahmen geschehen war. Sie fühlte sich frei, wild und irgendwie sogar ein wenig waghalsig. Auf einmal wurde ihr klar, dass sie in Wahrheit wohl sehr glücklich war.
    Welche Erleichterung! Endlich! Beschwingt schritt sie
dahin und hüpfte beinahe schon vor Ausgelassenheit. Der makellos gemähte Rasen unter ihren Füßen, die in Sandalen steckten, fühlte sich herrlich an. Und als sie den köstlichen Duft einatmete, der von den reich bepflanzten Blumenbeeten zu ihr herüberwehte, wurde ihr fast schwindlig. Waren die Rosen, die Wicken und die üppig blühenden Büsche nicht eine wahre Augenweide!
    Mein Gott, es war Sommer! Körperlich fühlte sie sich ausgezeichnet, außerdem hatte sie keinerlei Verpflichtungen – es gab überhaupt nichts, was sie tun musste. Die Ringeltauben gurrten, die Bienen summten über den Rosen und Geranien, und Claudia teilte ihre vollkommene Zufriedenheit.
    Am Ende des Gartens führte ein kleines überdachtes Tor in das dahinterliegende Wäldchen. Hatte man es durchquert, so kam man zum Fluss. Während Claudia dort hindurchspazierte, verspürte sie erneut eine tiefe Zufriedenheit. Das war ihr Land: Sie konnte hier völlig ungestört und von anderen Spaziergängern unbehelligt durch die Gegend streifen. Dieses neue Gefühl war etwas ganz Besonderes, und sie wollte es genau untersuchen. Sie wollte den Augenblick genießen und darauf achten, dass er nicht so einfach verflog. Schon bald würde sie sich nach neuen Freunden umschauen, dessen war sie sich sicher; doch für den Moment fühlte sie sich allein oder nur mit ein paar engen Vertrauten um sich herum besser.
    Das Wäldchen bot sich an einem sommerlichen Nachmittag als ein magischer Ort zum Alleinsein an. Das Spiel von Licht und Schatten tauchte die Bäume in ein frisches, kühles Grün. Alles strahlte eine unfassbare Lebendigkeit aus und wirkte doch ruhig – fast so, als warte die Natur auf ein großes Ereignis. Das Wäldchen war ein Platz, an dem man sich Waldgeister und Elfen leicht vorstellen konnte, auch wenn es nur die Ringeltauben, die raschelnden Blätter und der nahe gelegene Fluss waren, die leise miteinander plauderten.

    Natürlich wäre dies auch der richtige Ort, um ihn mit jemand anderem zusammen zu genießen, dachte sie und wartete darauf, gleich von einem schrecklichen Schmerz durchzuckt zu werden. Doch als er sich nicht einstellte, musste sie lächeln. Es waren nur glückliche Erinnerungen, die in ihr auftauchten. Sie selbst und Gerald auf einem ihrer häufigen sommerlichen Spaziergänge nach einem guten Essen. Beide waren von dem guten Wein, den sie getrunken hatten, ein wenig angeheitert gewesen und hatten sich etwas erregt gefühlt. Dann hatten sie sich an eine besonders dicht bewachsene Stelle unter dem großen alten Baum, der nun zu ihrer Rechten stand, zurückgezogen und es dort miteinander getrieben. Zwischen den Ameisen, den Zweigen und der Erde waren sie laut gekommen.
    Wir sind ein gutes Paar gewesen, dachte sie – alles in allem. Ihr Lächeln wurde wehmütig. Natürlich hatte es auch Probleme gegeben – der große Altersunterschied und Geralds unbezähmbare Begeisterung für alles Geschäftliche hatten bedeutet, dass derart verrückte Eskapaden im Gebüsch immer seltener vorkamen. Dennoch waren es nur die schönen
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