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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung
Autoren: L. E. Modesitt
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I
     
    K annst du erkennen, wie die Teile sich zusammenfügen? Nicht nur die sichtbaren, wie die Türme der Dämmerung, sondern auch die unsichtbaren, wie das Herz eines Menschen oder die Seele eines Magiers?
    Du wirst es mir nicht glauben, aber Muster wirken auf diese Weise, denn jedes Wesen ist in seinen Mustern gefangen und muss sich doch mit ihnen aussöhnen.
    Die Herrin namens Megaera, wenn sie bloß diese ist, erkennt all die Muster. Doch trotz allem, was sie sieht und hört, trotz der Wahrheiten in der Legende muss die Logik gleich den Türmen untergehen. Logik ist in der Tat ein zu zerbrechliches Gebilde, um eine Wirklichkeit zu beherbergen, die sowohl Ordnung als auch Chaos beinhalten muss, besonders, wenn Schwarz für Ordnung steht und Weiß das Zeichen von Chaos ist.
    Selbst Logik muss sich dem wahren Verständnis unterwerfen; denen also, die über ihre Ketten lachen können und Chaos zertrümmern und Ordnung auf den Kopf stellen, noch mehr als die so genannten Götter und die, die sie anflehen. Oder die Furien, die den vom Himmel gefallenen Engeln folgten.
    Hatte es in Candar einen Gott gegeben? Fielen die Engel tatsächlich auf das Dach der Welt? Wie wahr ist die Legende? Die Muster bringen keine Antworten, aber eine Geschichte muss irgendwo beginnen, selbst wenn ihr Beginn wie das Ende einer anderen Erzählung erscheint oder wie die Mitte eines dritten Epos. Muster erzählen nie die gesamte Geschichte, ungeachtet der Ordnungs- wie auch der Chaos-Meister.
    Und was die Türme der Dämmerung betrifft …
    Obwohl der Musikant gesehen hat, wie die Türme der Dämmerung über die spitzen Gipfel des Westens emporragen. Doch wer hat dort gewohnt?
    Noch ein Blick – und schon gibt es sie nicht mehr. Nur Kumulus- und Nimbuswolken, die die Ausläufer der Berge mit den Peitschen der Götter strafen. Die zu Eis erstarrten Bachläufe würden den Zorn bestätigen, doch wessen Zorn?
    Was verrät ein Haus über seinen Erbauer? Was ein Schwert über seinen Besitzer? Oder über die Menschen, die stehen bleiben und diese bewundern?
    Der Musikant lächelt kurz. Mehr kann er nicht tun. Lächeln und in Musik umsetzen, was seine Augen geschaut haben, denn er wird für die Marschallin von Westwind, die Herrscherin über das Dach der Welt, von den Türmen der Dämmerung singen.
    Wer noch betrachtet die Türme der Dämmerung? Wer hat sie erbaut? Die Engel des Himmels? Der Musikant kennt nur die Antworten in seiner Musik und in seinem Herzen, das leidenschaftsloser schwingt als die Saiten der Gitarre, die er mit sich trägt.
    Es genügt zu sagen, dass das Schloss Westwind heißt … gegründet von der längst verstorbenen Ryba, Kapitänin der windschnellen Schiffe des Himmels.
    Ihr Nachfahre nach vielen Generationen … doch das ist schon die Geschichte, die ich erzählen werde.

 
II
     
    » Z erstöre Westwinds Herrschaft über die Westhörner, dann werden Sarronnyn und Suthya wie reife Äpfel fallen.«
    »Wenn ich mich recht entsinne, kostete diese Denkweise den Präfekten von Gallos fast das gesamte Heer.«
    »Licht! Wir sprechen nicht von Waffen!« Der Mann in Weiß, der einem Skelett gleicht, richtet den Zeigefinger gen Himmel. Der Mund in seinem jungen Gesicht lächelt. »Wir sprechen von Liebe.«
    »Was hat die Liebe damit zu tun, Westwind zu zerstören?«
    »Ich habe Werlynn nach Westwind geschickt. Gefällt dir der Klang – Werlynn nach Westwind?«
    »Aber … wie? Werlynn kommt niemals hierher. Seine Musik ruiniert die Arbeit der Weißen Brüder. Was …?«
    »Das ist doch gerade das Schöne! Ein kleiner Zauber … um sicherzustellen, dass er der Marschallin einen Sohn schenkt … als erstes. Und der Zauber gründete sogar auf Ordnung.«
    »Du hast Werlynn nie gemocht, richtig? Seit jener Zeit, als …«
    »Darum geht es nicht. Es geht um die Marschallin. Sie ist eine Frau, und eine Frau wird nie und nimmer ihr erstgeborenes Kind töten, selbst wenn es ein Knabe ist, trotz der Legende.«
    »Du scheinst dir ja völlig sicher zu sein. Aber sie hat noch keine Kinder, nicht einmal einen Lebensgefährten.«
    »Dafür wird Werlynn schon sorgen.«
    »Aber selbst dann wird es noch lange dauern.«
    »Wir haben Zeit. Die Straße zu den Osthörnern ist noch nicht durchgebrochen.«
    Der andere Mann schüttelt den Kopf, sagt aber kein Wort.

 
III
     
    D er Gitarrenspieler schlägt eine Kadenz an, beinahe einen Marsch – so gestochen sind die Noten, so klar die Töne. Er singt nicht.
    Ein Blick von dem mittleren Steinsitz
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