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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung
Autoren: L. E. Modesitt
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ärmellose Weste aus. »Ich bin gleich fertig.«
    »Danke.« Sie geht zurück in ihre Gemächer, schließt aber die schwere Eichentür nicht.
    »Woher hast du das?« fragt Galen und deutet auf eine dünne rote Linie auf dem linken Arm des Prinzen.
    »Vom Schwertkampf im Training. Woher sonst?«
    »Euer Gnaden, die Marschallin …«
    »Sie weiß es, aber sie kann nichts dagegen tun, dass ich in der Lage sein möchte, mich selbst zu verteidigen.« Mit finsterer Miene hält Creslin die dunkelgrüne Seidenhose hoch, ehe er hineinsteigt. »Ich sage ihr immer, dass ich viel mehr üben muss, wenn ich gefühlsmäßig angeblich so stark reagiere. Sie schüttelt nur den Kopf, aber bis jetzt hat sie es mir nicht ausdrücklich verboten. Ab und zu muss ich lächeln, doch meistens kann ich an den Verstand appellieren. Wie würde es aussehen, wenn der Sohn der in den Westhörnern am meisten gefürchteten Kriegerin nicht einmal weiß, welches die Schneide einer Klinge ist?«
    Galen schaudert, obgleich es nicht kalt ist.
    Creslin zieht das Hemd an und zupft es vor dem Spiegel zurecht.
    »Euer Gnaden …«, beginnt Galen zögernd.
    »Ja, Galen? Welche Falte habe ich nicht richtig gelegt?«
    Galen steckt einen in Silber gefassten Smaragd an den Kragen. Die Brosche hat die Marschallin ihm gegeben.
    »Muss ich das auch noch tragen? Ich komme mir wie ein Besitz vor.«
    Galen sagt nichts.
    »Na schön, ich bin ein Besitz, dank der verfluchten Legende.«
    »Euer Gnaden«, bemerkt Galen erschrocken.
    »Bist du fertig, Creslin?« ertönt eine Stimme hinter der Tür.
    »Jawohl, Euer Hochwohlgeboren. Sobald ich mein Schwert umgegürtet habe.«
    »Creslin!«
    »Galen, trägt etwa nicht jeder Mann im Osten ein Schwert?«
    Keine Antwort. Ein Lächeln huscht um Creslins Lippen, als er den weichen Prunkschwertgurt umlegt. Das Kurzschwert der Garde von Westwind steckt in der Scheide.
    Creslin tritt in das anschließende Gemach. Die Wache folgt ihm mit den Augen, doch er schenkt ihnen keine Beachtung.
    Dann tritt er mit seiner Mutter, der Marschallin, durch den kunstvoll geschnitzten Torbogen, der zum Gästeflügel führt. Creslin bleibt einen halben Schritt links von der Marschallin zurück. Er weiß, dass er es nicht auf die Spitze treiben darf.
    »Creslin«, sagt die Marschallin leise. »Du hast deine Rolle hier verstanden?«
    »Jawohl, Euer Gnaden. Ich soll charmant sein und aufmerksam, aber nur Unwichtiges äußern. Ich darf singen, wenn sich die Gelegenheit bietet, aber nur ein einziges Lied – und selbstverständlich ein unverfängliches. Ich darf meine Klinge nur berühren, wenn ich mich in Lebensgefahr befinde, was ziemlich unwahrscheinlich ist. Und ich darf keinerlei Bemerkungen über die Verhandlungen machen.«
    »Du hast tatsächlich zugehört.« Ihre Stimme klingt sarkastisch.
    »Ich höre immer zu, Euer Gnaden.«
    »Ich weiß. Aber du gehorchst nicht immer.«
    »Ich bin ein pflichtbewusster Sohn und Prinz.«
    »Sorge dafür, dass das auch so bleibt.«
    Während dieses Wortwechsels haben sie einen breiten Korridor erreicht, der zum Speisesaal im Palast der Tyrannin führt. Ein Page, noch ein Junge, erscheint, um sie zur Tyrannin zu geleiten.
    Er führt sie in einen noch breiteren Korridor. Durch die Fenster sieht man links einen Garten, in dem ein Irrgarten aus grünen Hecken angelegt ist, in dessen Mitte ein Brunnen in einem Teich plätschert. Die Brunnenstatue, ein nackter Mann, überall, wo es zählt, prächtig bestückt, steht inmitten eines Kreises von Fontänen.
    Die Wand rechts der beiden aus Westwind besteht aus blaßrosa poliertem Granit. Zahlreiche Gobelins mit Goldfransen zeigen das Leben im alten Sarronnyn.
    Creslin hatte die Wandteppiche bereits am Nachmittag betrachtet. So würdigt er sie jetzt keines weiteren Blickes, sondern schaut zum Eingang des Speisesaals, wo zwei bewaffnete Frauen Wache stehen.
    Die Marschallin wartet, bis der Page den Saal betritt.
    »Die Marschallin von Westwind!« verkündet der Page. »In Begleitung des Prinzen.«
    Die Marschallin nickt und folgt dem Pagen zum langen Tisch auf der Estrade.
    »… hübscher Bursche.«
    »… mit Schwert … ob er damit umgehen kann?«
    »… würde ich gern sehen.«
    »… zu feminin.«
    »… scheint mit der Garde trainiert zu haben.«
    Creslin tut so, als höre er die Bemerkungen nicht, während er seiner Mutter folgt. Am Ehrentisch sind zwei Plätze frei: einer neben der Tyrannin und einer am Ende, zwischen zwei Frauen.
    »Euer Gnaden.« Ein Diener rückt einen
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