Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht

Titel: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
Vom Netzwerk:
Welt.
    Mit jedem Schritt knirscht der Boden, blassblauer Staub, knisternde Haut einer Mumie.
    Der Tod im Land greift nach ihrem Licht wie gierige Knochenfinger.
    Sie spreizt die Hände. Nicht sie wird Licht verlieren, sie wird Licht nehmen.
    Gras und Moos zu beiden Seiten verdorren.
    Neue Kräfte strömen durch ihren Körper, der eins ist mit dem großen Körper Erde.
    Sie denkt an einen Nachmittag zurück, auf einer felsigen Anhöhe. Beim Altar des Wassers. In Hellesdîm. Ihrer Heimat. Seiner. Meiner Heimat.
    Mit ausgebreiteten Armen vor dem Altar, einem flachen Steinbecken, die Gezeiten rufen. Sie ist Wolkenmasse. Federleicht und tonnenschwer. Weich und finster, mächtig, zart. Sie, nur ein Gedanke.
    Der Himmel kracht. Die Sonne ertrinkt in aufquellenden Schatten und dann fällt Regen. Das leere Steinbecken füllt sich mit laut klatschenden Tropfen.
    »Du hast es vollbracht, Mercurin«, sagt die vertraute kratzige Stimme ihres, seines Meisters. »Du wirst ein Druide der Ewigen Vier sein, Hüter der Elemente, Herr und Diener des Blauen Elements!«
    Wie ein Blitzschlag erstrahlte Mercurins Gesicht vor ihr: Erschrocken starrte er sie an, schweißnass aufgewacht in einer fernen Nacht. »Hel?«
    Die Erinnerung stürzte davon und sie blieb schutzlos und allein zurück, im Dunkel ihres Herzklopfens.
    Mercurin, dachte sie. Dachte sein schönes Gesicht. Er sah sie an, seine Augen die Farbe eines sterbenden Abendhimmels, voller Schreck, voll Traurigkeit. Er murmelte Verse, die sie nicht genau verstehen konnte, die ihr aber vage vertraut vorkamen. Sein Blick glitt langsam über sie. Stumm sagte er ihr, sie solle die Augenklappe abnehmen, und sie nahm sie ab, und er sah sie in ihrer Blöße. Hel fühlte sich so beschämt, so hässlich, dass es wehtat. Doch er hatte Mitleid mit ihr. Nein, es war kein Mitleid. Es war Bewunderung. Sie konnte nicht begreifen, dass er etwas Bewundernswertes an ihr fand.
    »Warum bist du hier? Warum bist du noch hier, bei mir, immer …?«
    Ohne Antwort zu geben, lief Hel vor ihm davon, mit Füßen, die schneller glitten als Schatten am Meeresgrund.

Im Westen
    S ie waren bei ihm, immerzu, und manchmal war ihre Nähe so überwältigend, dass Karat sich in ihren verschlungenen Gedankenarmen vergaß.
    Hier in den nördlichen Gebirgswäldern nieselte es fast die ganze Zeit, der Boden war feucht und strotzte vor dunkelgrünem Leben. Er lag zusammengekauert zwischen Wurzeln und Farn. Zwischen Traum und Wachsein. Karat hielt die Augen geschlossen, so ließen sich die Stimmen besser ertragen. Und die Lichter.
    Diese Lichter, sie trieben ihn in den Wahnsinn. Er sah sie erst seit Kurzem. Oder vielleicht fielen sie ihm erst seit Kurzem auf. Jedenfalls konnte er sich nicht daran erinnern, sie früher schon einmal bemerkt zu haben: die Funken, die überall waren, in Pflanzen, Tieren, Menschen und manchmal auch der Erde. Sogar er selbst strahlte dieses Licht aus. Sanft bebte es mit seinem Pulsschlag, ein schwarzglimmender Schleier, Licht zwar, aber mehr das Gegenteil von Helligkeit. Ähnlich wie das Schimmern, das sonst nur Pixies, Kobolde und andere Geisterwesen umgab. Er war nicht sicher, ob er es mit den Augen sah oder mit einem anderen, neuen Sinn.
    Als er den Händlertross vor einigen Tagen überfallen hatte, war das Licht der Männer mit ihrem Tod erloschen. Die platzenden Funken waren so schrecklich schön gewesen, Karat hatte im Kampf innegehalten und einfach nur das Wunder des Sterbens betrachtet. Dann hatte ihn eine wirre Angst gepackt, nein, es war eher Panik gewesen – Panik vor seiner eigenen Verzückung vielleicht, diesem schmelzendwarmen Gefühl, das wie Tränen durch sein Innerstes lief und alles zum Bröckeln brachte. Ihre Stimmen sagten ihm, dass er fliehen sollte, zurück in die Schatten der Wälder. Er packte sich einen Proviantbeutel und ließ die toten Männer liegen.
    Ihre Stimmen sagten ihm vieles. Sie lenkten ihn, wenn er nicht weiterwusste, und genau genommen wusste er nie weiter. Seine Vergangenheit, nichts als ölige Spuren im Sand. Die Zukunft, ein Wüstenhorizont. Aber sie wussten für ihn. Sie sagten und zeigten ihm, was wichtig war. Durch sie erinnerte er sich an Dinge, die er nie erlebt hatte. Er sah einen aufbrechenden Boden, der Menschen in die Tiefe riss, gigantische Lichtfontänen aus den Tiefen der Erde, die alles Leben tilgten und Städte in ihrem weißen Atem verglühen ließen. Und die tiefen Lichter, sie gehorchten ihm. In einer Erinnerung, die ihm nicht vertraut war,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher