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Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht

Titel: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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hinterlassen. Andere Erinnerungen entfalteten ihre schwarzen Blüten in Karat, rankten sich tückisch um die Gegenwart und raubten ihr ihren Platz.
    Karat sah, wie die Welt unterging und die Völker in Lichtfluten ertranken. In einem Krieg, der fünf Jahrhunderte zurücklag, hatte er mit seinen eigenen Händen die Erde umgegraben, um das Tiefe Licht hervorzubringen. Wie wunderschön es war! Wie wunder-, wunderschön der Tod das Leben umschlingen konnte … verschlingen … mit Haut und Haaren fressen .
    Was tue ich hier? Wo war ich fünfhundert Jahre? Die Fragen schliefen in den Knospen des Rosengestrüpps, das sein Gedächtnis durchwucherte. Er hatte in einem Grab gelegen, unter feuchtem Lehm und dunkler Erde und Granit, mit einem Herzschlag für jedes verstreichende Jahr, während weit über ihm die Zeit der Menschen vorüberraste. Jetzt war er zurück. Und die Zeit der Verfluchten war vorbei.

Aufbruch
    H el erwachte, als der Tag anbrach. Fahrig befreite sie sich aus ihrer Bettdecke. Der Stoff war feucht vor Schweiß und sie zitterte. Höchstens drei Stunden waren vergangen, seit sie sich hingelegt hatte, doch sie würde nicht mehr schlafen können, das wusste sie. Sie wollte auch nicht. Die Augen zu schließen bedeutete, wieder in der Dunkelheit zu versinken, in der alles passieren konnte … Sie fuhr sich über die Stirn, als könnte sie so die Bilder wegwischen. Woher kamen nur diese Träume … Als Erinnerungen an das eben Gesehene in ihr hochstiegen, stand sie so hastig auf, dass ihr schwindelig wurde.
    Sie zog sich die Augenklappe auf, schlüpfte in ein frisches Hemd, ihre grüne Wolltunika und Beinlinge, stieg in ihre Halbstiefel und schlang sich den Gürtel um die Taille. Zuletzt legte sie sich ein leeres Feenlicht an einer Lederschnur um den Hals. Der Stein war durchsichtig wie Glas – erst wenn er sich mit Lirium füllte, würde er seine Farbe ändern und schließlich schwarz zu funkeln beginnen. Oft hatte Hel den Wandel eines Feenlichts beobachtet und sich gefragt, wie es funktionierte. Angeblich gab es Leute, die das Geheimnis der Magierschaft entschlüsseln wollten – doch Feenlichter ließen sich nicht zertrümmern oder schmelzen. Die Magier mussten eine andere Methode anwenden, um das gesammelte Lirium wieder aus den Feenlichtern zu bekommen.
    Den magischen Umhang aus Moia, der vor Kälte, Regen und Feuer schützte, packte Hel in ihren Quersack, zusammen mit Arills Weste, dem einzigen Erinnerungsstück, das ihr von der Mannschaft der Schwalbe geblieben war. Nachdenklich fuhr sie über den Stoff, als sie ihn einpackte. Sie hatte die Weste nie gewaschen und manchmal, wenn sie verstohlen daran roch, glaubte sie vertraute Gerüche wahrzunehmen … von Abenden in der Schiffsküche bei gebratenem Sandwurm … und von Wüste, ihrer Reise durch die Wüste mit ihm, Mercurin … Das war stets der Moment, in dem sie die Weste wieder weglegte. Wahrscheinlich bildete sie sich die Gerüche sowieso nur ein. Trotzdem war das alte Kleidungsstück mit den abgerissenen Ärmeln und dem zerschlissenen Kragen das Kostbarste, was sie besaß.
    Nach ein paar Silbermünzen für ihre Augenklappe, um die zweite Sicht abzuschirmen, hatte sie kaum mehr einzupacken. Eine Tüte Kirschsaftpulver noch und so viele Datteln, wie hineinpassten. Außerdem hatte sie im Lesezimmer der Liga eine Ausgabe von Jurebas Lieblingsbuch gefunden: Die Leiden des jungen Waydir . Im Gedenken an die isische Sturmjägerin, der Hel das Lesen verdankte, hatte sie das Buch geklaut. Jetzt schob sie es zwischen ihre Kleider in den Quersack und schnürte alles zu.
    Bevor sie ging, sah sie sich noch einmal im Zimmer um. Zwischen diesen vier Wänden hatte sie die letzten Wochen geschlafen, es war ihr erstes Zuhause gewesen seit dem Absturz der Schwalbe vor fast einem halben Jahr. Dennoch war ihr nichts im Raum vertraut. Das Eichenholzbett war so steif und streng wie ein Vertreter der Magierschaft, die dunklen Wandschränke schienen sie wie stumme Zeugen aus ihren Schlüssellöchern zu mustern. Es roch sogar wie in den Ratssälen des Westturms, nach kühlem Stein und dem Staub von Jahrhunderten. Hel trat hinaus und schloss die Tür hinter sich. Sie würde das Zimmer nicht vermissen. Nicht einmal die Ruhe und Bequemlichkeit. In der unmittelbaren Nähe der Magierschaft würde sie sich nie wirklich wohlfühlen.
    Hel lief zu Novas Zimmer, doch als sie anklopfte, kam keine Antwort. Sie öffnete einen Spalt und lugte hinein. Das Bett war zerwühlt, die Schränke
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