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Sonntags bei Tiffany

Sonntags bei Tiffany

Titel: Sonntags bei Tiffany
Autoren: Patterson James
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gleichen Augenblick löste. In der Schachtel befand sich eine Unmenge an Seidenpapier, das ich aufgeregt durchwühlte. Ich berührte etwas Weiches und Samtiges – aber nichts Lebendiges. Ich griff zu und zog den größten, lilasten ausgestopften Pudel heraus, den ich je gesehen hatte. Sein Kopf war mit einem puffigen Dutt geschmückt, um den Hals trug er ein mit Rheinkieseln besetztes Band mit einem goldenen Anhänger, auf dem »Gigi« stand.
    Ziemlich genau das Gegenteil von dem Hündchen, das ich mir gewünscht hatte.
    Â»Danke, Daddy.« Ich setzte ein breites Lächeln auf. »Das ist aber eine Freude!« Ich versuchte, alle Gedanken an einen echten, warmen, zappelnden Welpen zu verbannen, der mir, nur mir allein gehört hätte. Es gab keinen echten Hund … dafür einen ausgestopften Pudel.
    Â»Bedank dich auch bei Ellie«, verlangte Daddy.
    Â»Danke, Ellie«, sagte ich höflich, woraufhin sie sich nach unten beugte und mich küsste. Ich erkannte ihr Parfüm: Chanel Nr. 5. Mein Vater hatte es immer meiner Mutter geschenkt. Ob Ellie das wusste?

    Â»Okay.« Dad erhob sich wieder. »Jetzt fahren wir weiter nach Nantucket.«
    Mein Herz machte einen Satz. »Wir?«, schrie ich beinahe.
    Ellie und mein Vater warfen sich einen seltsamen Blick zu.
    Â»Nein, Schatz«, antwortete Dad. »Ich meinte, Ellie und ich fahren nach Nantucket. Deine Mutter würde mich umbringen, wenn ich dich von deiner Geburtstagsparty wegschleppe.«
    Klar, das würde sie sofort merken, dachte ich freudlos. »Ich verstehe«, sagte ich und bemühte mich, nicht gleich loszuheulen. »Es ist nur so, dass mir Nantucket richtig gut gefällt. Echt. Und Michael auch.«
    Â»Wir fahren ein andermal hin, Jane. Versprochen«, tröstete mich mein Vater. »Und dann kommt dein Freund Michael auch mit.«
    Ich bin sicher, mein Vater meinte es so, weil er nie etwas sagte, was er nicht meinte. Aber es machte mich traurig, mit anzusehen, wie er Ellie in den Mantel half.
    Â»Kommst du hier zurecht?«, fragte Ellie. Eigentlich mochte ich sie. Sie war immer nett zu mir. Ich hoffte, mein Vater würde sie bald heiraten. Auch sie brauchte Umarmungen. Jeder braucht sie. Vielleicht auch Vivienne.
    Â»Natürlich. Es ist mein Geburtstag. An einem Geburtstag kommt man immer zurecht.«
    Wir umarmten uns. Wir küssten uns. Wir verabschiedeten uns. Dann betraten mein Vater und Ellie den Fahrstuhl und verschwanden in die Nacht. Um sich auf die glückselige Fahrt nach Nantucket zu machen.

    Die Premierenfeier war wieder in vollem Gang. Nichts erinnerte mehr daran, dass vor ein paar Minuten jemand »Happy Birthday« gesungen hatte. Es gab keinen Grund für mich hierzubleiben.
    Ich manövrierte durch die Menge der Erwachsenen und rannte schließlich den langen, mit dickem Teppich ausgelegten, stillen Flur entlang, der zu meinem Zimmer führte. Ich knallte die Tür hinter mir zu, warf mich aufs Bett und vergrub mein Gesicht ins Kissen. Hier, wo mich niemand sah, begann ich zu weinen wie die weltgrößte Heulsuse.
    Dann wurde die Tür geöffnet.
    Es war Michael. Gott sei Dank war es Michael, der gekommen war, um mich zu retten.

SIEBEN
    J ane lag schluchzend auf ihrem Bett, als er eintrat. Sie sah wirklich nicht wie ein glückliches Geburtstagskind aus. Aber wie sollte sie auch, das arme Mädchen?
    Michael seufzte, setzte sich neben sie und legte seine Arme um sie. Nein, sie verdiente es nicht, so verletzt zu werden. Kein Kind verdiente das.
    Â»Es ist in Ordnung, Schatz. Lass es raus«, flüsterte er in ihr Haar, das immer nach Babyschampoo roch, ihrem derzeitigen Lieblingsduft.
    Â»Okay. Du hast es so gewollt.«
    Schniefend und mit tränennassem Gesicht zog sich Jane die Schuhe aus und ließ sie auf den Boden fallen.
    Â»Ich glaube, Vivienne hat meinen Geburtstag total vergessen«, begann sie und holte zittrig Luft. »Und mein Dad ist gekommen, was schön war, aber er ist nach zwei Minuten wieder verschwunden. Er fährt nach Nantucket, meinem absoluten Lieblingsort! Ohne mich! Und einen Hund habe ich auch nicht bekommen.«
    Jane drückte den lila Pudel an ihre Wange. Michael hatte bemerkt, dass sie oft Gegenstände an sich drückte – einen Wintermantel, ein Kissen, ein ausgestopftes Tier. Sie hatte viele Umarmungen zu vergeben, aber nicht genügend Menschen dafür.

    Â»Du bist ein guter Zuhörer«, sagte sie
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