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So weit die Hoffnung trägt - Roman

So weit die Hoffnung trägt - Roman

Titel: So weit die Hoffnung trägt - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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dem Haus. »Sie sind mir etwas schuldig«, brüllte sie.
    Ich schnellte herum. »Was?«
    »Sie sind mir etwas schuldig.«
    Ein Anfall von Zorn wallte in mir auf. »Ich bin Ihnen etwas schuldig?«
    Sie kam halb über den Parkplatz auf mich zu. »Oh ja. Allerdings.«
    »Wofür? Dass ich ein kleines Mädchen im Stich gelassen habe? Dass ich das Leben meiner Frau ruiniert habe?«
    Sie sah mir in die Augen. »McKales Leben war nicht ruiniert. Sie hatte Sie.« Sie trat näher, und ihre Stimme war jetzt ruhiger. »Wenn ich nicht eine so schlechte Mutter gewesen wäre, hätte McKale Ihnen dann so gehört, wie sie es tat? Hätte sie Sie dann so gebraucht, wie sie es tat? Hätte sie Sie überhaupt geheiratet?«
    Ihre Fragen verschlugen mir für einen Moment die Sprache. Dann sagte ich: »Gehen Sie nach Hause, Pamela. Fahren Sie zurück dorthin, wo Sie sich all die Jahre versteckt haben. Sie hatten Ihre Chance.«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Ich wandte mich zur Straße um. Ich ging etwa fünfzig Meter weit, bevor ich noch einmal zurücksah. Ich konnte es nicht glauben. Sie folgte mir noch immer. Diesmal jedochmit einem leichten Humpeln. Ich brauchte nicht lange, um sie weit hinter mir zu lassen.
    Das Seltsamste, was ich an diesem Morgen – abgesehen von Pamela – sah, war ein Schild für Red-Ass-Rhabarberwein . Wenn ich es nicht so eilig gehabt hätte, meine Verfolgerin abzuschütteln, hätte ich vielleicht angehalten, um ihn zu kosten. Einen Schluck Wein hätte ich gut vertragen können. Pamelas Fragen ließen mir keine Ruhe.
    Kurz nach Hill City kam ich zu einem Ort mit dem Namen Mistletoe Ranch, der eigentlich gar keine Ranch war, sondern ein Weihnachtsladen. Ein Schild vor dem Gebäude erklärte es: Das ultimative Weihnachtskaufhaus .
    McKale war ein eingefleischter Fan von Weihnachten, und sie hatte mich, wie bei so vielen ihrer Leidenschaften, ebenfalls dazu bekehrt. Selbst im Frühjahr konnte ich mich der Anziehung der Weihnachtszeit nicht entziehen. Da ich Pamela seit über einer Stunde nicht mehr gesehen hatte, ging ich hinein.
    Der Laden war tatsächlich randvoll mit Weihnachten. Blecherne Banjo-Weihnachtsmusik drang über mir aus Lautsprechern, und es roch nach Tannen und Kerzen mit Buttercremeduft. Auf den Regalen an den Wänden türmten sich hunderte einzigartiger weihnachtlicher Dekorationen, Nippesgegenstände und Sammlerobjekte, von Betty-Boop-Weihnachtsschmuck über Elvis-Strümpfe bis hin zu Miniatur-Weihnachtsdörfern aus Porzellan.
    Es gab ein paar Dinge, die ich gern haben wollte, aber da es absurd gewesen wäre, irgendetwas zu kaufen, was ich mit mir herumschleppen müsste (auch wenn ich in Versuchung war, eine Marilyn-Monroe-Figur zu kaufen, die ich von meinem Rucksack baumeln lassen könnte), verließ ich das Geschäft mit leeren Händen. Aber mein Zwischenstoppwar keine Zeitverschwendung gewesen. Der Besuch hatte mich von den Emotionen abgelenkt, die meine Begegnung mit Pamela aufgewühlt hatte. Egal, zu welcher Jahreszeit, eine gesunde Dosis Weihnachten hebt jedes Mal die Stimmung.
    Als ich die Tür öffnete, sah ich zuerst in beide Richtungen, ob Pamela in der Nähe war. Tatsächlich, da war sie. Ich habe keine Ahnung, woher sie wusste, dass ich in das Geschäft gegangen war – sie war nirgends zu sehen gewesen, als ich es betreten hatte –, aber jetzt stand sie da, auf der anderen Straßenseite, und wartete auf mich.
    Ich setzte meinen Weg fort, mit noch schnelleren Schritten als sonst. Binnen einer Viertelstunde war Pamela wieder außer Sichtweite, auch wenn ich inzwischen nicht mehr glaubte, dass sie die Verfolgung aufgegeben hatte.
    Ein paar Meilen hinter Hill City teilte sich der Highway. Ich ging auf der 16 in östlicher Richtung weiter, bis die Straße wieder nach Norden verlief. Gegen Mittag erreichte ich das geschichtsträchtige Rockerville Café, wo ich einkehrte, um einen Hamburger zu essen – ohne zu erfahren, was den historischen Wert des Lokals ausmachte. Ehrlich gesagt war mir das auch egal. Nachdem ich Idaho durchquert hatte, wo alles historisch bedeutsam war, hatte dieses Etikett seinen Glanz verloren.
    Ich hielt mich nicht lange auf. Zwar hoffte ich, dass ich Pamela dort abgehängt hatte, wo sich der Highway teilte – aber falls dem nicht so war, wollte ich ihr nicht die Gelegenheit geben, mich einzuholen. Ich war erleichtert, dass sie nicht dastand, als ich das Café verließ.
    Ein paar Meilen hinter dem Café wies mich ein Schild der Forstverwaltung darauf
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