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So weit die Hoffnung trägt - Roman

So weit die Hoffnung trägt - Roman

Titel: So weit die Hoffnung trägt - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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meinen Gedanken. Ob es nun richtig oder falsch war, ich hatte nicht das Bedürfnis, mit ihr zu reden. Wenn sie litt, dann war es eben so. Das hatte sie sich nur selbst zuzuschreiben. McKale war ihr nichts schuldig. Ich war ihr nichts schuldig.
    Nach dem Essen bezahlte ich meine Rechnung, dann schulterte ich meinen Rucksack und ging die Hauptstraße in nördlicher Richtung hoch, auf der Suche nach dem Bed & Breakfast. Unterwegs hielt ich an einem kleinen Supermarkt und stockte meine Wasser- und Essensvorräte auf: Pop-Tarts, Äpfel, Studentenfutter, Salami, Orangen, Eiweißriegel, Dörrfleisch, ein Brot mit einer harten Kruste und ein paar Konservendosen: Suppe, Chili und Eintopf.
    Ich fragte die Kassiererin, ob sie etwas von dem Bed & Breakfast wüsste, aber zu meiner Verwirrung hatte sie nie davon gehört. Wie war das in einer Stadt dieser Größe überhaupt möglich? Ich ging wieder hinaus und wandte mich nach Norden, besorgt, ich könnte das Haus im Dunkeln übersehen haben. Nach einer weiteren Meile entdeckte ich am Straßenrand ein Schild, auf dem stand:
    THE HOLLY HOUSE
    BED BREAKFAST RESORT
    Ich war mir nicht sicher, was der Begriff »Resort« mir sagen sollte, denn das Haus sah eher ein bisschen in die Jahre gekommen aus und nicht wie eine schicke Urlaubsanlage. Scheinwerfer strahlten das Gebäude von außen an und erhellten eine Fassade, die mit Stechpalmenblättern und -kränzen verziert war.
    Ich ging ums Haus und klopfte an eine Seitentür. Eine Frau mittleren Alters öffnete, bei der es sich, so meine Vermutung, um die Besitzerin des »Resorts« handelte.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich brauche ein Zimmer für die Nacht.«
    »Willkommen«, sagte sie mit einem breiten Lächeln. »Mein Name ist Dawna. Bitte kommen Sie herein.«
    Ich betrat das, wie es aussah, Wohnzimmer des Hauses. Es hatte einen dunkelroten Veloursteppich und waldgrüne Wände, bedeckt von gerahmten Aquarelldrucken mit weihnachtlichen Motiven.
    »Wie heißen Sie?«, fragte sie.
    »Alan.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Alan. Wir haben fünf freie Zimmer und hinter dem Haus eine Hütte. Ich werde Ihnen alles zeigen, und dann können Sie mir sagen, welches Zimmer Sie gern hätten.«
    »Spukt es in Ihren Zimmern?«, fragte ich.
    Sie sah mich von der Seite an. »Nicht dass ich wüsste. Benötigen Sie denn ein Zimmer, in dem es spukt?«
    Ich grinste. »Nein. Ohne Spuk ist mir recht.«
    Dawna führte mich durch alle fünf Zimmer, angefangen mit dem Western-Zimmer, in dem eine Nachbildung von Wyatt Earps Revolver ausgestellt war, über das USA -Zimmer, die Hochzeitssuite und das Harley-Zimmer (zweifellos zu Ehren des alljährlichen Motorradfahrer-Treffens in Sturgis so benannt) bis hin zu dem Viktorianischen Zimmer, das mit dem Taufkleid von Dawnas Schwiegermutter und einem funktionstüchtigen, antiken Victrola-Grammophon geschmückt war.
    Die Zimmer sahen alle hübsch aus, und mir war es im Grunde egal, in welchem ich schlief. Also entschied ich mich für das Western-Zimmer, aus dem einfachen Grund, weil es dem Eingang am nächsten war. Außerdem gefiel mir die Badewanne, die fast groß genug für einen Cowboy und sein Pferd war.
    »Gute Wahl«, sagte Dawna. »Zum Frühstück morgen werde ich meine festliche Frühstückskasserolle servieren. Was meinen Sie, um wie viel Uhr Sie essen wollen?«
    »Normalerweise stehe ich früh auf«, sagte ich, froh über die Aussicht auf etwas Schönes zum Frühstück. »Vielleicht sieben. Vielleicht noch früher.«
    »Dann bereite ich das Frühstück um die Zeit für Sie vor. Gute Nacht.«
    Ich ging auf mein Zimmer und schaltete den Fernseher ein, während ich mir in der Whirlpoolwanne ein Bad einließ. Im Fernsehen lief eine Reality-Show über Leute, die den unbekannten Inhalt verlassener Lagerräume ersteigerten. Sie sollten eine Sendung über einen Typen bringen, der zu Fuß durch Amerika geht , dachte ich. Nur nicht über mich .
    Ich schaltete den Fernseher aus, zog mich aus und ließ mich in das Wasser sinken, das so heiß war, dass meine Haut ganz rot davon wurde. Erst nach einem langen Bad war ich bereit, mich schlafen zu legen.

Viertes Kapitel
    Zu sagen, dass jemand nicht weiß, wann er aufhören soll, ist entweder eine Beleidigung oder ein Kompliment, je nachdem, was bei seinen Mühen am Ende herauskommt.
    A LAN C HRISTOFFERSENS T AGEBUCH
    Am nächsten Morgen wachte ich zu dem Geräusch von klapperndem Geschirr auf. Ich sah auf die Uhr. Es war fast acht. Ich duschte, rasierte mich und zog mich
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