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So weit die Hoffnung trägt - Roman

So weit die Hoffnung trägt - Roman

Titel: So weit die Hoffnung trägt - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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mich wieder auf den Weg.
    In den nächsten paar Stunden waren die Wanderbedingungen ideal – glatte, neue Straßen aus schwarzem Asphalt, breite Seitenstreifen, frische Luft und eine wunderschöne Gebirgslandschaft – etwas, das ich nach meinem langen Marsch durch den trostlosen Osten von Wyoming erst recht zu schätzen wusste.
    Die Sonne stand bereits tief am Himmel, als ich hinter mir einen Wagen heranfahren und mit knirschenden Reifen auf dem Kies zum Stehen kommen hörte. Als ich mich umwandte, sah ich einen älteren, türkisfarbenen Chevy-Truck mit einem dazu passenden Camper-Verdeck, der etwa fünfzig Schritte hinter mir angehalten hatte. Die Beifahrertür ging auf, und Pamela stieg aus. Sie sagte irgendetwas zu dem Fahrer, dann warf sie sich ihre Tasche über die Schulter und ging mir wieder nach. Ich stöhnte auf. Sie ist genauso hartnäckig wie McKale , dachte ich. Vielleicht ist Hartnäckigkeit genetisch bedingt. Wenn McKale etwas wollte, dann ließ sie nicht locker, bis sie es bekam.
    Nachdem der Truck weitergefahren war, rief Pamela mir zu: »Alan, wir müssen reden.«
    »Nein, das müssen wir nicht«, rief ich zurück, ohne mich umzudrehen. »Lassen Sie mich einfach in Ruhe.« Ich beschleunigte meine Schritte. Als ich eine Stunde später Hill City erreichte, war sie nirgends mehr zu sehen.

Drittes Kapitel
    Ich weiß nicht, ob es Poltergeister oder Gespenster gibt, und es ist mir auch egal. Es gibt zu vieles in meinem Leben, was ich nicht verstehe, um mir den Kopf über Dinge zu zerbrechen, denen ich noch nicht begegnet bin.
    A LAN C HRISTOFFERSENS T AGEBUCH
    In seiner kurzen Blütezeit besaß Hill City den Spitznamen »Hell City« oder »Die Höllenmeile«, da es an jedem Ende der Stadt eine Kirche gab, mit fünfzehn Saloons dazwischen. Die Stadt wurde während Amerikas Hundertjahrfeier 1876 gegründet und war ursprünglich eine Bergarbeiterstadt – erst die zweite, die in den Black Hills angesiedelt wurde.
    Hill City war etwa zwanzig Meilen von Custer entfernt, und die Strecke führte hauptsächlich bergab, was sich wohl ziemlich leicht anhört. Aber ich spürte das Gefälle in meinen pochenden Knien. Es wurde bereits dunkel, als ich begann, nach einem Bett für die Nacht Ausschau zu halten.
    An der Hauptstraße von Hill City stieß ich auf ein Hotel mit dem Namen Alpine Inn, ein auffälliges Gebäude im bayerischen Stil, wie ein Lebkuchenhaus verziert und mit einer hölzernen Veranda davor. Über den Stufen vor dem Haus befand sich ein Schild mit der Aufschrift:
    GEPFLEGTE EUROPÄISCHE UNTERKUNFT
    Ich betrat eine leere Bar, in der nur ein paar kleine runde Tische standen. Links führte eine Tür in ein Restaurant, das allerdings verblüffend gut besucht war. Eine Frau stand dort hinter einem massiven Walnuss-Empfangstresen und beobachtete mich. Sie lächelte, als ich auf sie zutrat. »Guten Abend«, sagte sie.
    »Ich würde gern einen Blick auf Ihre Speisekarte werfen«, sagte ich.
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte sie. »Wir haben nur ein Gericht auf der Karte. Zwei, um genau zu sein. Filet mignon, klein oder groß.«
    Im ersten Augenblick dachte ich, sie hätte einen Witz gemacht, aber ihre Miene blieb ernst. »Wirklich?«
    Sie nickte. »Ich weiß, das ist etwas ungewöhnlich, stimmt’s?«
    Ich war noch nie in einem solchen Restaurant gewesen, aber danach zu urteilen, wie voll der Laden war, machten sie offenbar irgendetwas richtig.
    »Ich nehme das Filet mignon«, sagte ich.
    »Gute Wahl«, sagte sie. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«
    Sie führte mich zu einem kleinen Tisch im hinteren Teil des Raums, an der Innenwand. In einem Ständer auf dem Tisch steckten Speisekarten aus Papier, was mir angesichts des begrenzten Angebots des Restaurants etwas seltsam erschien.
    Kurz darauf kam meine Kellnerin. Sie war eine hochgewachsene Frau, vermutlich etwa in meinem Alter, mit blondem Haar und einer großen Nase.
    »Ich bin Heidi«, sagte sie. »Groß oder klein?«
    »Groß.«
    Sie notierte sich nichts, was kein Wunder war. »Möchten Sie etwas trinken?«
    »Haben Sie Saft?«
    »Apfel, Orange und Cranberry.«
    »Ich nehme einen Apfelsaft. Können Sie ihn mit Cranberry mischen?«
    »Na klar. Einen Cranapple.«
    »Und etwas Eiswasser.«
    »Sehr gern.«
    Bevor sie ging, fragte ich: »Wissen Sie zufällig, ob es in Ihrem Hotel heute Abend noch freie Zimmer gibt?«
    »Nein, aber ich frage gleich nach.«
    Einen Augenblick später kam sie mit meinem Saft wieder. »So, bitte sehr. Und ich habe mich
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