Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So weit die Hoffnung trägt - Roman

So weit die Hoffnung trägt - Roman

Titel: So weit die Hoffnung trägt - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
dem Tag bereits zwanzig Meilen zurückgelegt, und vor mir ragte ein bedenklich steiler Hügel auf, daher beendete ich meinen Tag vor der Stadtgrenze beim Happy Holiday Motel. Ich rechnete jeden Augenblick damit, Pamela hinter mir aus einem Wagen steigen zu sehen, aber das passierte nicht. Ich war so dumm und optimistisch, zu glauben, sie hätte endlich aufgegeben und den Rückzug angetreten. Ein großer Irrtum.

Fünftes Kapitel
    Gestern Nacht träumte ich, ich würde McKale küssen. Als ich meine Lippen auf ihre presste, wurde ich von übergroßer Freude erfüllt. Dann verwandelte sich meine Freude in Entsetzen, weil ich begriff, dass ich sie nicht küsste, sondern ihr eine Mund-zu-Mund-Beatmung gab.
    A LAN C HRISTOFFERSENS T AGEBUCH
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fragte ich mich, was Pamela mir wohl sagen wollte. Wenn sie gekommen war, um sich zu entschuldigen, dann war sie zu spät dran. Der Mensch, bei dem sie sich hätte entschuldigen müssen, lebte nicht mehr.
    Nach dem Frühstück dehnte ich kurz die Beine und den Rücken, dann machte ich mich wieder auf den Weg.
    Ich mag keine Tage, die mit großen Hügeln anfangen; dasselbe galt im übertragenen Sinn schon damals, als ich meine Werbeagentur leitete. In weniger als zwei Stunden erhob sich Rapid City vor mir.
    Rapid City erinnerte mich sehr an Spokane. Da es die erste Stadt nennenswerter Größe war, durch die ich seit Cody, Wyoming, kam, beschloss ich, die Truckerroute links liegen zu lassen und durch die Stadt zu gehen. Zweifellos inspiriert von der präsidialen Erhabenheit des Mount Rushmore stand an jeder Straßenecke eine Bronzestatue, die einen US -Präsidenten bei irgendeiner Aktivität darstellte, die für seine Amtszeit typisch war.
    Ich erkannte nicht viele von ihnen. Ehrlich gesagt erkannte ich kaum einen. Das war kein Wunder. Ich meine, könnte irgendjemand, der heutzutage lebt, bei einer polizeilichen Gegenüberstellung auf James K. Polk zeigen oder Rutherford B. Hayes erkennen, wenn er ihm in einem Aufzug begegnen würde? Oder was war mit William Henry Harrison, unserem Präsidenten mit der kürzesten Amtszeit, der nach nur zweiunddreißig Tagen im Amt verstarb? Ich fragte mich, wie seine Statue wohl aussah – ein Mann im Bett?
    Am Ende der Einkaufsstraße bog ich nach links auf den East Boulevard zur I-90 ein. In der Stadt kommt man zu Fuß grundsätzlich langsamer voran, und mein Weg wurde durch eine längere Baustelle zusätzlich verzögert, weil ich auf den nächsten paar Meilen immer wieder Straßenbauarbeitern und ihren schweren Maschinen ausweichen musste. Ich hatte die Stadt noch nicht einmal zur Hälfte durchquert, als ich mich schon wieder nach der Wildnis sehnte.
    Das einzige Lokal, das ich – abgesehen von den üblichen Fastfoodketten – sah, war ein vietnamesisches Restaurant, das sich interessant anhörte. Nachdem ich es betreten hatte, bestellte ich letztendlich jedoch Dinge, die gar nicht vietnamesisch waren – Sesamhühnchen und Thai-Curry-Shrimps. Beides schmeckte gut. Ich aß rasch auf, um mich wieder auf den Weg machen und die Stadt verlassen zu können.
    Bei einem Lebensmittelgeschäft hielt ich an, um meine Vorräte aufzustocken: Dosenobst, Dörrfleisch, Energieriegel, Brot, Pop-Tarts, ein Glas Artischockenherzen und Wasser. Eine halbe Stunde nach dem Lebensmittelgeschäft erreichte ich die Interstate 90 und nahm den Weg nach Osten.
    Auf der Interstate herrschte gefährlich viel Verkehr, und die meiste Zeit war ich gezwungen, auf dem holperigen, mit Schlaglöchern übersäten Seitenstreifen zu laufen.
    Bis zum Spätnachmittag ließ wenigstens der Verkehr nach, während die Landschaft eintönig und kahl wurde. Riesige Wohnwagenparks, ganz ohne Bäume, schufen eine trostlose Atmosphäre. Ich kam mir vor, als wäre ich wieder in Ost-Wyoming. Aber nur, bis ich mein erstes Wall-Drug-Schild sah.
    Wall Drug ist eine Legende, eine echte amerikanische Erfolgsgeschichte und eine Fallstudie über die Macht der Werbung. Jeder Werbetyp, der sein Geld wert ist, kennt Wall Drug.
    Die Wall-Drug-Story begann im Jahr 1931 in Canova, South Dakota, als Ted Hustead, ein junger Apotheker, den verhängnisvollen Entschluss fasste, sich selbstständig zu machen. Mit dem Dreitausend-Dollar-Erbe seines Vaters sprangen er und seine Frau Dorothy in ihr Model T und begannen, den Bundesstaat nach einem Laden abzuklappern, den sie kaufen könnten.
    Ihre Suche führte sie zu der kleinen, trostlosen Stadt Wall in South Dakota – eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher