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Silver Moon

Silver Moon

Titel: Silver Moon
Autoren: Elea Noir
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Tabletten sein?«, fragte Raphael und ich wurde hellhörig.
    »Etwas zum Spritzen, Dr. Keidel, das wäre super!«
    »Kira! Nenn mich nicht Dr. Keidel, sonst besorge ich dir nichts – klar?« Betreten nickte ich. »Natürlich … Raphael.« Er grinste und blickte auf die Uhr. »Ich habe heute Nachtdienst auf der 4A. Komm bitte nach deiner Schicht auf meine Station. Ich besorge dir bis dahin wirksame Medizin!« Er hielt sein Versprechen. Als ich kurz nach neun auf die Station 4A ging, hatte er mir schon fünf Ampullen mit den dazugehörigen Einwegspritzen zusammengepackt.
    »Wenn es ein großer Hund ist, gib ihm pro Tag eine Spritze, ist es eine kleinere Rasse, genügt die Hälfte! Wenn es nach drei Tagen deutlich besser ist, kannst du abbrechen, ansonsten spritzt du es ihm über fünf Tage!«, belehrte mich Raphael und ich konnte meine Dankbarkeit kaum in Worte fassen. »Nichts zu danken, aber wenn du mal wieder Lust auf Kino oder ein nettes Essen hast, dann könntest du an mich denken. Ich wäre über deine Gesellschaft hocherfreut!«, ließ er mich wissen und meine Schuldgefühle ihm gegenüber gefielen mir gar nicht.
    Dennoch machte ich mich gut gelaunt mit dem Hundefutter und der Medizin für meinen Wolf auf den Nachhauseweg. Hätte ich geahnt, was mich daheim erwartet, wäre ich gerast, aber so fuhr ich friedlich über die Landstraße und genoss den romantischen Sonnenuntergang, der sich mir über den Feldern von Elmenthal bot.

Kai

    Als ich die Haustüre aufschloss, schien im ersten Moment noch alles ganz normal zu sein. Es wirkte sogar friedlich und eine Stille herrschte, wie selten zuvor. Normalerweise begrüßten mich meine Geschwister, aber heute war kein Leben in unserem Haus. Eine beklemmende Ruhe begleitete mich auf jedem Zentimeter, den ich voranging. Langsam spähte ich in die Küche. Seltsam, der Tisch war nicht abgeräumt, dreckiges Geschirr stand auf der Ablage und die Reste des Mittagessens zierten die Teller. Hatte denn keiner Abendbrot gegessen? Auf dem Geschirr waren eindeutig die Spuren des Auflaufs! Wo waren meine Geschwister überhaupt? Für gewöhnlich säuberten Mia und Nino die Küche, das war stets ihre Aufgabe, aber weshalb kamen sie heute nicht ihren Pflichten nach? Ein ungutes Gefühl beschlich mich. Voller Sorge ging ich nach oben in Mias Zimmer. Sie lag in ihrem Bett und die Jalousien waren zugezogen, alles wirkte düster … etwas Unheimliches lag in der modrigen Luft. Ich wollte gerade wieder gehen, als ich ihre hohe Kinderstimme hörte. »Kira? Bist du es?«
    »Ja, Kleines, ich bin’s. Was ist hier los? Weshalb habt ihr die Küche nicht aufgeräumt?« Mia begann zu weinen. Ich trat an ihr Bett und schaltete die bunte Nachttischlampe ein.
    »Mia, was um alles in der Welt ist passiert?«
    »Kai … Er war heute lange bei dem Wolf. Er ist gleich nach der Schule zur Hütte gegangen und erst am Abend wiedergekommen. Kai hat seine Arbeit vergessen, er sollte den Zaun um unser Grundstück ausbessern – hat er aber nicht, und Vater hat …Vater …«, jammerte sie und ihr starkes Weinen verhinderte, dass sie weitersprechen konnte. Ich wurde unruhig und schüttelte sie leicht an den Schultern.
    »Was hat Vater? Nun sag schon! Was?«
    »Er hat Kai geschlagen, sehr schlimm geschlagen, ganz schlimm sogar, und Kai … er blutet, überall … am Rücken, sogar aus seinem Mund kam Blut. Kira, ich habe Angst! Kai darf nicht sterben, bitte; mach, dass er nicht stirbt!«, flehte sie und fiel mir um den Hals. In mir ging es drunter und drüber, mein Magen verknotete sich und mir wurde übel. Ich drückte Mia von mir weg, um ihr in die verweinten Augen sehen zu können.
    »Wo ist Kai? Wo ist er?«, wollte ich wissen und wurde lauter.
    Mia schniefte. »In seinem Zimmer.« Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn und befahl ihr, sich wieder hinzulegen und still zu sein. Dann nahm ich gleich zwei Stufen auf einmal und flitzte nach oben ins Dachgeschoss, wo Kai sein kleines Reich unter einer morschen Schräge hatte. Langsam betrat ich sein spärliches Zimmer. Die alten Dielen begannen sofort zu knarren und verrieten jeden Schritt von mir. Es war dunkel im Raum, ich konnte nur schemenhaft Umrisse erkennen, wie Kais Bett mit dem kleinen Nachttisch und den alten Schrank, den Nino bunt verziert hatte – wenigstens etwas Farbe in diesem tristen Loch. Ich knipste das Licht an und die kahle Glühbirne an der Decke, für die wir leider keinen Lampenschirm hatten, flackerte verdächtig, ehe sie mir genügend
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