Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silver Moon

Silver Moon

Titel: Silver Moon
Autoren: Elea Noir
Vom Netzwerk:
die Handschellen vor die Füße.
    »Binde ihn los und verarzte ihn, schließlich bist du Krankenschwester und hattest eine Ärztin als Mutter – da solltest du einiges gelernt haben! Und morgen früh repariert Kai sofort den Zaun, und es ist mir egal, ob er es im Liegen oder Stehen macht, aber bis morgen Abend ist das Grundstück wieder dicht! Magnus hat mir heute in der Kneipe erzählt, dass er diesen Wolfsköter angeschossen hat, der muss sich hier noch irgendwo rumtreiben. Ich hoffe ja, dass die Töle qualvoll verreckt ist, aber wenn nicht, will ich das Vieh nicht auf meinem Grundstück haben – HABT IHR VERSTANDEN?«, schrie er und ich zuckte zusammen. »Ja, Vater, ja!«
    Und ob ich verstanden hatte. Liebend gerne hätte ich geantwortet, dass ich den Zaun reparieren möchte, denn Kai wäre niemals dazu in der Lage, aber ich wagte nicht zu widersprechen, sondern nahm den Schlüssel und erlöste meinen Bruder von den Handschellen. Vater ging – Gott sei Dank –, er polterte die Treppen hinunter und schlug eine Türe zu. Einerseits erleichtert, weil er weg war, andererseits verängstigt, da Kais Zustand mich überforderte, blieb mir nichts anderes übrig, als meinen Bruder mit den wenigen Hilfsmitteln, die mir zur Verfügung standen, so gut ich konnte, zu versorgen. Ich desinfizierte die Wunden, was mir genauso wehtat wie ihm, da ich seine bleichen Fingerknöchel erkennen konnte, die sich verkrampft in die Bettdecke klammerten, sobald ich an die offenen Hautstellen kam. Aber Kai sagte nichts, er hielt tapfer durch.
    »Du hast zwei oder drei Rippenfrakturen, ich hoffe, es sind saubere Brüche. So etwas tut meist sehr weh, aber der Heilungsprozess besteht hauptsächlich in einer Ruhigstellung des Körpers. Die nächsten drei Wochen solltest du so wenig wie möglich machen«, bemerkte ich und begann, seinen Brustkorb mit einer engen Binde zu umwickeln. »Sehr witzig«, grummelte Kai. »Ruhigstellung, bei unserem Alten … dem fällt doch täglich etwas anderes ein!«
    Damit lag er richtig. »Ich weiß, aber den Zaun machen wir morgen zusammen. Besser gesagt, du setzt dich nur in die Wiese und gibst mir Anweisungen. Ich bekomme die paar Bretter auch alleine dran genagelt!« Kai antwortete mir nicht, stattdessen begann er mit einem anderen Thema. »Deinem Wolf geht es besser. Ich war den ganzen Nachmittag bei ihm in der Hütte. Er fraß gut und scheint zutraulich zu sein. Nun weißt du auch, wer ihn angeschossen hat. Es war dieser Fiesling Brock, Magnus Brock – Vaters Saufkumpan!« Kai tat sich schwer beim Erzählen, er konnte nur langsam sprechen.
    Erst jetzt klangen Vaters Worte nach und ich musste an den Wolf denken. Bei all der Hektik hatte ich ihn ganz vergessen. Ich blickte auf die Uhr, es war schon kurz nach Mitternacht, zu spät, um ihn im Wald zu besuchen. Als hätte Kai meine Gedanken gelesen, antwortete er mir ungefragt: »Es ist besser, wenn du morgen früh zu dem Wolf gehst! Ich habe ihn gefüttert und das Fenster geschlossen, er ist in der Hütte sicher aufgehoben und hat genügend Wasser. Leg dich jetzt schlafen, der morgige Tag wird anstrengend!« Ich nickte und machte mir vor seinem Bett auf dem flauschigen Läufer ein Nachtlager. Ich zog meine Hose aus, sie diente als Kissen und zum Zudecken nahm ich meine Jacke. Es war zwar unbequem, aber ich konnte Kai in dieser Nacht nicht alleine lassen, da mir seine Verletzungen große Sorgen bereiteten und ich für den Notfall einfach nur da sein wollte. »Kira, geh in dein Zimmer! Du brauchst dich hier nicht auf den Boden zu legen!«
    »Nein, ich bleibe bei dir und will darüber keine Diskussion! Außerdem ist es hier unten ganz nett. Weißt du eigentlich, dass dieser Wolf wahrscheinlich den Moores gehört?«, versuchte ich abzulenken.
    »Den Moores … diesen Indianern?«
    »Ja! Es wird erzählt, dass sie einen Wolf als Haustier hätten, und woher sollte dieser zahme Wolf sonst kommen?« Kai krächzte, als er antwortete. »Stimmt, davon habe ich auch schon gehört. Die wohnen doch nicht weit entfernt von meiner Hütte, gleich hinter dem Wald. Die haben Pferde und so, nicht?«
    »Ja, Pferde und Ponys. Ich werde morgen vor der Arbeit bei ihnen vorbeifahren und Bescheid geben. Sollte es ihr Hund sein, wollen sie ihn bestimmt zurück.«
    »Gut, tu das«, raunte Kai erschöpft, bevor er einschlief. Ich lag noch einige Zeit wach und drehte mich unruhig von einer Seite auf die andere. Der Boden war sehr hart. Durch das kleine Dachfenster schien der Mond strahlend
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher