Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schweig um dein Leben

Schweig um dein Leben

Titel: Schweig um dein Leben
Autoren: Lois Duncan
Vom Netzwerk:
schloss die Tür hinter sich.
    »Mein Vater ist nicht hier.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Und wir haben keine Ahnung, wo er ist, weil wir selbst gerade erst angekommen sind.«
    »Das weiß ich«, sagte er. »Ich bin ein paar Minuten vor Ihnen hier gewesen und habe gesehen, wie Sie die Einfahrt hochgefahren sind. Zuerst dachte ich, es wären Ihre Eltern, aber dann habe ich erkannt, dass es ein Porsche ist. Ich muss zugeben, ich war überrascht, wie schnell Sie beide es bis nach Grove City geschafft haben.«
    »Wie haben Sie das Haus gefunden?«, fragte Lorelei. »Selbst uns ist es schwergefallen, bei dem Regen im Dunkeln hierherzugelangen.«
    »Oh, ich hatte einen wertvollen Hinweis bekommen, und zwar von Ihrer Enkelin höchstpersönlich«, antwortete Vamp. »Selbstverständlich war sie sich darüber nicht bewusst, als sie Sie anrief und einen Freund namens Larry Bushnell erwähnte. Es gab im Telefonbuch nur einen einzigen Eintrag für Bushnell.« Er sah mich an. »Larry war nicht gerade gut auf Sie zu sprechen, April. Als ich ihm sagte, ich sei ein Bundesbeamter auf der Suche nach einem flüchtigen Steuerhinterzieher, musste ich ihn nicht lange bitten, seinen Bürgerpflichten nachzukommen. Ich hatte keinerlei Probleme, das Haus zu finden.«
    »Und woher wussten Sie, dass wir im Mayflower in Richmond waren?« Die Frage war wie von selbst aus mir herausgebrochen, ohne dass ich die Antwort hören wollte.
    »Das habe ich dem Brief entnommen, den Sie an Ih ren Freund geschickt haben. Der Poststempel hat mir die Stadt verraten, und da Sie schrieben, dass Sie im vierzehnten Stock wohnen, waren die Hotels, die ich überprüfen musste, stark eingegrenzt. Danach war es nicht schwer, die Familie ausfindig zu machen, die sich sämtliche Mahlzeiten aufs Zimmer bringen ließ.«
    »Was haben Sie mit uns vor?«, fragte Lorelei. »Warum sind Sie überhaupt hinter meiner Enkelin her? Sie weiß nichts.«
    »Sie hat ihren Zweck erfüllt und mich hierhergeführt«, sagte Vamp. »Und jetzt gedenke ich, sie als Geisel zu nehmen. Familienväter wie Corrigan ertragen es nämlich nicht, wenn sie ihr eigen Fleisch und Blut flehen und weinen hören.«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass wir nicht wissen, wo mein Vater ist«, sagte ich.«
    »Das macht nichts.« Vamp lächelte. »Früher oder später wird er hier auftauchen. Das Einzige, was ich tun muss, ist warten.«
    »Das ist doch krank!«, schrie ich. »Dad weiß überhaupt nichts! Er hatte nur Beweise gegen Loftin, sonst gegen niemanden!«
    Vamp hob die Schultern. »Die Leute, für die ich arbeite, wollen nun mal kein Risiko eingehen. Dafür steht einfach zu viel für sie auf dem Spiel. So, und jetzt suchen wir ein hübsches kleines Versteck für Sie und Ihre Großmutter. Wenn Sie vielleicht vorausgehen wollen, April? Sie kennen sich hier besser aus.«
    Porky lief, immer noch schwanzwedelnd, voran, als Mike Vamp uns den Flur entlang folgte. Meine Angst war einer seltsamen Benommenheit gewichen, so als würde all das, was gerade geschah, gar nicht mich betreffen. Die Gesichter der Menschen, die mir wichtig waren, stiegen vor meinem inneren Auge auf. Dad, wie er mich mit hoffnungsvollem Blick ansah, als er den Ausflug nach Disney World vorschlug. Mom, wie sie an ihrer Schreibmaschine saß, versunken in der Welt ihrer eigenen Geschöpfe. Das strahlende Gesicht meines Bruders, als er in Alice im Wunderland in der Teetasse fuhr. Steve, Jodie und Sherry. Sogar Jim Peterson mit seinem großväterlichen Lächeln und den Brettspielen unterm Arm.
    Jim , flüsterte ich stumm. Es tut mir so unendlich leid. Es war alles meine Schuld. Ich war dumm und egoistisch und habe den Vampir auf unsere Spur gebracht. Und jetzt habe ich es schon wieder getan.
    Du bist ein nettes und kluges Mädchen, April, hörte ich plötzlich Jims Stimme in meinem Kopf. Aber du bist mit einem völlig falschen Bild unserer Welt groß geworden. Das Leben ist nicht so wie in deinen Daily Soaps. Du musst endlich begreifen, dass die Geschichten im echten Leben nicht immer gut ausgehen, und anfangen, Verantwortung zu übernehmen.
    Das werde ich, Jim, antwortete ich lautlos, versprochen .
    Mittlerweile waren wir am Ende des Flurs angekommen und ich drehte mich zu Vamp um. »Es ist mir egal, in welches Zimmer Sie uns sperren«, sagte ich. »Badezimmer, Küche, Schlafzimmer, suchen Sie sich eins aus. Aber egal, was Sie tun, bitte nicht in den Schrank. Ich ertrage es nicht, an einem Ort ohne Fenster eingeschlossen zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher