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Schweig um dein Leben

Schweig um dein Leben

Titel: Schweig um dein Leben
Autoren: Lois Duncan
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hinuntergelaufen und sprintete auf die Einfahrt zu. Kein Wunder, dass ich nicht entdeckt worden war, als ich die Diele entlangschlich. Und kein Wunder, dass das Haus so still gewirkt hatte. Vamp hatte nicht im Wohnzimmer auf meine Eltern gewartet, sondern im Garten.
    Am Ende der Einfahrt strahlten mir die Scheinwerfer des Porsche entgegen. Ich hatte es so eilig gehabt, mich zu vergewissern, dass niemand in dem in den Graben gefahrenen Plymouth saß, dass ich vergessen hatte, sie auszuschalten. Jetzt wiesen sie mir den Weg wie die Lichtsignale eines kleinen Leuchtturms und ich rannte noch schneller. Hinter mir hörte ich die sich nähernden Schritte meines Verfolgers und war froh, im Gegensatz zu ihm jeden Busch und jedes Schlagloch hier zu kennen. Ein paar Sekunden später hörte ich, wie er einen Fluch ausstieß, als er vermutlich über irgendwelches Gestrüpp gestrauchelt war.
    Porky schien das Ganze immer noch für ein lustiges Spiel zu halten und sprang fröhlich bellend hinter mir her, bis er plötzlich ein schmerzerfülltes Jaulen von sich gab, dem eine männliche Stimme folgte, die eine Reihe derber Verwünschungen ausstieß. Vamp musste über den Hund gestolpert sein, was mir für Porky furchtbar leidtat, aber wenigstens konnte ich dadurch meinen Vorsprung ausbauen.
    Als ich den Wagen erreicht hatte, warf ich mich hinein, schlug die Tür zu und drückte im selben Augenblick den Knopf hinunter, in der Vamps Hand den Türgriff zu fassen bekam. Panisch tastete ich nach dem Zündschloss und war unendlich erleichtert, dass der Schlüssel noch darin steckte. Ich startete den Motor, der jedoch nur ein schwaches Keuchen von sich gab. Selbst jemand, der so wenig Ahnung von Autos hatte wie ich, wusste sofort, dass die Batterie fast leer war, weil ich das Scheinwerferlicht angelassen hatte.
    Ich warf einen hektischen Blick aus dem Seitenfenster, und mir blieb beinahe das Herz stehen, als ich in den Lauf einer Pistole sah, die Vamp von außen dagegendrückte.
    »Mach die Tür auf und komm aus dem verdammten Wagen raus!«, schrie er, womit klar war, dass seine ausgesuchte Höflichkeit nur Fassade gewesen war. »Ich hab es weder auf dich noch auf deine Großmutter abgesehen, sondern nur auf deinen Vater. Wenn mein Job hier erledigt ist, kann der Rest der Familie gehen.«
    Aus seinem Mund klang es so, als wäre der Mord an meinem Vater unausweichlich.
    Während ich aus dem Fenster in das Gesicht des Todes starrte, fragte ich mich, ob in diesen kalten schwarzen Augen jemals ein liebevoller Ausdruck gelegen hatte oder ob sie schon immer, selbst als sie noch einem Neugeborenen gehört hatten, so kalt gewesen waren. Jim hatte recht gehabt – das Leben war nicht so wie in den Daily Soaps. Die Realität war knallhart, und wenn man einen schlimmen Fehler gemacht hatte, so wie ich, musste man die Verantwortung dafür übernehmen und hart darum kämpfen, dass es ein Happy End gab.
    Ohne den Blick von Vamp abzuwenden, tastete ich zwischen den Sitzen nach meinem Tennisschläger und packte ihn fest am Griff. Dann schaltete ich die Scheinwerfer aus und es wurde dunkel in der Einfahrt. Die dünne Mondsichel war zwischen den Wolken verschwunden und die beleuchteten Fenster des Hauses lagen hinter den Büschen verborgen. Mit der anderen Hand nahm ich die Taschenlampe und legte den Daumen auf den Schalter.
    »Sie haben gewonnen. Ich steige aus«, sagte ich und öffnete die Tür.
    Hätte ich mehr Zeit zum Nachdenken gehabt, hätte ich es vielleicht nicht getan. Meine Eltern hatten mich in der Überzeugung erzogen, dass es für alles eine friedliche Lösung gab. Gewalt kannte ich nur aus Filmen. Um nicht die Nerven zu verlieren, stellte ich mir vor, ich würde im frühen Morgenlicht auf dem Tennisplatz stehen und gegen den überheblichen Macho Larry Bushnell antreten.
    »Hey, du spielst nicht schlecht für ein Mädchen!«, hörte ich ihn grinsend rufen und spürte, wie die Wut in mir aufstieg. Ich riss die Wagentür auf, knipste die Taschenlampe an und richtete sie direkt auf die Augen des Killers. Der plötzliche grelle Lichtstrahl ließ ihn die Hände vors Gesicht heben, und ich verschwendete keine Zeit damit, auf eine weitere Reaktion zu warten, sondern holte zu einem Aufschlag aus, der das Match entscheiden würde. Im besten Fall für mich.
    Mir kam es vor, als würde ich mich in Zeitlupe bewegen, in Wirklichkeit spielte sich alles innerhalb von Sekunden ab. Während ich den Schläger nach unten zog, drehte ich ihn so, dass der Rahmen
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