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Du stirbst zuerst

Du stirbst zuerst

Titel: Du stirbst zuerst
Autoren: Dan Wells
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Agent Leonard kniete vor dem Toten nieder und achtete darauf, dass die Säume seines Mantels nicht mit dem Blut in Berührung kamen.
    »Wissen wir schon, wie er heißt?«
    Agent Chu schüttelte den Kopf. »Auf dem Namensschild steht Woods , aber die ChemCom beschäftigt eine Menge Raumpfleger, und der Mitarbeiter, der ihn gefunden hat, konnte mit dem Namen nichts anfangen. Eine Identifizierung des Gesichts ist ja leider nicht mehr möglich.« Er winkte dem Polizeibeamten, der neben ihm stand. »Die Ortspolizei befragt gerade den Nachtwächter. Hoffentlich weiß der etwas.«
    Leonard musterte den Toten: zwei Einschusslöcher in der Brust, schwere Verletzungen am Hinterkopf und eine zerstörte, blutige Masse anstelle eines Gesichts. Genau wie bei den anderen. Er zog ein Paar Gummihandschuhe an und drehte behutsam den Kopf zu sich herum, damit er die Wunde näher betrachten konnte. »Eindeutig das Werk unseres Täters.« Leonard ließ den Kopf wieder los und tastete den blutigen Overall des Toten ab. Als er im Ärmel ein Loch fand, legte er überrascht den Kopf schief. »Was ist denn das?«
    Agent Chu bückte sich und spähte über die Schulter des Kollegen, während Leonard den Riss weiter öffnete. Darunter fanden sie noch mehr Blut.
    Chu zog die Augenbrauen hoch. »Klasse.«
    Hinter ihnen räusperte sich ein Beamter. »Wie bitte?«
    »Verzeihung, ich wollte nicht gefühllos sein«, entgegnete Chu. »Es ist nur so … der Wellnesskiller hat noch nie brauchbare Spuren hinterlassen. Er ist äußerst vorsichtig, und bislang hatte keines seiner Opfer die Chance zur Gegenwehr. Diese Verletzungen – Schnittwunden von einer Messerklinge an den Unterarmen – lassen möglicherweise auf Abwehrbewegungen schließen. Vielleicht hat der Mann den Angreifer bemerkt.« Der Agent hob die Schultern.
    »Das sind aber ziemlich viele Mutmaßungen«, meinte der Beamte.
    Agent Leonard stieg über den Toten hinweg und untersuchte den anderen Arm. »Richtig, auf dieser Seite sieht es ähnlich aus. Das Opfer hätte beinahe einen Finger verloren.« Er blickte Chu an. »Kein Zweifel – der Mann hat sich gewehrt.«
    Chu sah sich unterdessen im Flur um und dachte über den Tathergang nach. »In dieser Ecke hat er dem Mann aufgelauert. Das Opfer kommt um die Ecke, der Wellnesskiller wartet schon mit gezogener Waffe. Peng . Zwei Kugeln in die Brust, dann nimmt er sich das Gesicht vor. Jedenfalls hat er es so geplant, denn bei den anderen Opfern ist er auf die gleiche Weise vorgegangen. Warum hat es dieses Mal nicht geklappt?«
    Leonard zog die Handschuhe aus. »Die Abwehrverletzungen sind zuerst entstanden, demnach griff der Täter zunächst mit dem Messer an und benutzte die Schusswaffe erst danach. Konnte er sie nicht mehr rechtzeitig ziehen?«
    »Wenn er dem Opfer hier aufgelauert hat, dann hatte er sie bereits gezogen«, widersprach Chu. Er ging die paar Schritte bis zum Ende des Flurs, die Schritte hallten auf dem Betonboden. »Merken Sie etwas? Man kann mich hören, obwohl es im Moment gar nicht besonders ruhig ist. Mitten in der Nacht und ohne Gerichtsmedi­ziner, die ihre Arbeit tun, hört man die Schritte noch deutlicher.«
    »Dann kommt das Opfer also hier entlang« – Leonard bewegte sich auf Chu zu –, »erreicht die Ecke, und der Killer sticht mit dem Messer zu. Das Opfer wehrt sich, läuft zurück …« Er hielt inne und untersuchte den Boden. »Hier ist aber nirgends Blut zu sehen. Nur bei der Leiche haben wir Blut gefunden.«
    »Außerdem haben die Schüsse das Opfer von vorn und nicht von hinten getroffen. Wir brauchen die ganze Truppe, um herauszufinden, wie sich der Kampf abgespielt hat – Kinetik, Blutspritzer, das volle Programm.«
    »Sie könnten auch die Hilfssheriffs fragen«, schlug der Polizeibeamte vor. Er deutete den Gang entlang. »Die ChemCom hat offenbar Überwachungskameras installiert.«
    Chu und Leonard blickten in die angegebene Richtung und entdeckten an der hinteren Wand eine kleine gläserne Halbkugel.
    »Ob die Kamera überhaupt funktioniert?«, wandte Chu ein. »Der Tote wurde von einem anderen Raumpfleger entdeckt, aber nicht von den Sicherheitskräften, die eigentlich die Monitore beobachten sollten.«
    »Dieser Gang gehört anscheinend zu einem Lagerbereich.« Der Polizist betrachtete die breiten, in gleichmäßigem Abstand eingelassenen Türen. »Wahrscheinlich wird das Signal dieser Kameras nicht ständig überwacht, sondern lediglich auf einer Festplatte gespeichert, damit man nachträglich
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