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Schneeballflirt und Weihnachtszauber

Schneeballflirt und Weihnachtszauber

Titel: Schneeballflirt und Weihnachtszauber
Autoren: Sissi Flegel
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umfallen konnte, und Omi Anni und Großtante Katrin legten die alten Kleidungsstücke sauber gefaltet in die Fächer. Der Lederkoffer stand keinen halben Meter von ihnen entfernt.

    Fieberhaft überlegte ich, wie ich die drei vom Speicher locken könnte. »Sagt mal, wollt ihr heute nicht Tatort gucken? Superspannend soll er sein, und –«
    »Heute ist Tatort-Tag?« Großtante Katrin ließ einen lila Pullover aus dicker Wolle fallen. »Den muss ich sehen.«
    »Musst du nicht«, entgegnete Omi Anni streng. »Zuerst wird Ordnung gemacht.«
    »Hier ist es aber affenkalt. In eurem Alter, finde ich, muss man vorsichtig sein; ihr könntet euch den Tod holen«, warnte ich. »Und überhaupt – morgen ist auch noch ein Tag.«
    Opa Manno zwinkerte mir zu. »Den Tatort lasse ich mir nicht entgehen«, meinte er entschieden. »Das Kind hat recht; es ist kalt, und das Licht ist viel zu schwach für unsere Augen, Anni.«
    Omi Anni ließ sich nicht umstimmen. »Ihr setzt euch vor den Fernseher. Ich machte hier Ordnung.«
    »Wie du meinst!« Opa Manno hielt nichts von Meinungsverschiedenheiten. Er warf einen letzten Blick auf den Schrank, pfiff vergnügt vor sich hin und eilte nach unten.
    »Ich kann dich nicht allein lassen«, jammerte Großtante Katrin. »Aber den Tatort will ich sehen. Komm doch mit, Anni.«
    »Deine Hände sind schon ganz rot vor Kälte, Omi. Was hast du davon, wenn dir morgen die Nase läuft?« Ich trat von einem Fuß auf den anderen. Wenn Omi Anni allein hier oben bliebe, würde sie unweigerlich mein Engelskostüm entdecken! »Komm schon!«
    Omi Anni schüttelte störrisch den Kopf. »Später!«
    Ich sah ein, dass ich sie mit vernünftigen Argumenten nicht umstimmen konnte. Also musste eine List her! »Dann«, sagte ich und streichelte ihre kalte Wange, »bringe ich dir eben einen heißen Tee nach oben.« Ich drehte mich um, ging über die staubigen Dielen in Richtung Tür und – stieß einen fürchterlichen Schrei aus. »Huch!!! Da … da … das war ’ne Maus!«
    Omi Annis Schrei war schrill und drang mir durch Mark und Bein. »Iiii!«! Sie ließ fallen, was sie gerade in den Händen hielt und rannte so schnell und so dicht an mir vorbei, dass ich einen Satz zur Seite machte. Ha, das hatte geklappt! Ich grinste; Mut war Omi Annis Markenzeichen. Sie fürchtete nichts und niemand; mit einer Ausnahme: Mäuse!
    Ich eilte ihr hinterher. »Wo sind die Mausefallen?«
    »Frag deinen Großvater«, keuchte Omi Anni. »Bevor ich die tote Maus nicht mit eigenen Augen gesehen habe, setze ich keinen Fuß auf den Speicher!«
    Das war mir nur recht. Aber eines war natürlich klar: mein Engelskostüm musste raus aus dem alten Lederkoffer. Oder sollte ich doch lieber …? Auf der Treppe machte ich kehrt, ging zum dritten Mal an diesem Tag an den gelbstichigen Fotos vorbei, schnappte den Koffer und schleppte ihn in mein Zimmer, wo ich ihn unters Bett schob.
    Man soll nicht auf halbem Weg stehen bleiben, sagte ich mir, riss ein liniertes Blatt vom Block und schrieb:
    Nicht öffnen! Weihnachtsgeschenke!
    Erst nachdem ich das Blatt mit Tesa aufs Leder geklebt hatte, war ich zufrieden und ging runter ins Wohnzimmer.
    Die dicke Luft hätte ich schneiden können! Die Erwachsenen saßen mit ernsten Gesichtern vorm Fernseher und sahen aus, als wären die Mörder in unserer Familie zu suchen – Line und Lene. Die Zwillinge heulten leise; ich wusste, dass das nur Show war. Sie können nämlich etwas, was ich leider nicht kann: auf Knopfdruck heiße Tränen produzieren, mit denen sie im Handumdrehen jeden hartherzigen Erwachsenen erweichen. Damit kamen sie aber heute nicht zum Ziel. »Eine Woche haben wir Hausarrest«, schluchzte Line. »Und das nur, weil wir dich rächen wollten, Katinka.«
    »Eure Schwester kümmert sich schon selbst um ihre Angelegenheiten«, schnauzte Vater.

    »Klar«, bestätigte ich und dachte daran, dass das bereits morgen der Fall sein würde. »Klar«, wiederholte ich. »Was sein muss, muss sein.« Vor Aufregung schlotterten mir zwar schon jetzt die Knie, aber der Gedanke, dass ich fröhliche Weihnachten in einem schicken Jugendhotel (in dem garantiert Tag und Nacht der Bär brummte!) und ganz ohne neugierige Fragen feiern würde, brachte meine Zitterknie zum Stillstand. Dann kehrte ich die verständnisvolle ältere Schwester heraus. »Trotzdem war’s toll, dass ihr euch für mich so ins Zeug gelegt habt. Paps, findest du nicht, dass der gute Wille zählt und eine Woche Hausarrest übertrieben lang
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