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Schlafende Geister

Schlafende Geister

Titel: Schlafende Geister
Autoren: Kevin Brooks
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keine Luft !«
    Und Bridget …
    »JOHN!«
    Bridget.
    Ich zog die Waffe aus Rays Mund. Er keuchte und stöhnte, spuckte Blut und Zahnstücke hoch.
    »Scheiße!«, prustete er. »Du beschissenes –«
    Ich rammte ihm die Pistole gegen den Kopf. Er grunzte, dann stöhnte er, die Augen flatterten, drehten sich nach oben. Ich schlug noch einmal zu und er wurde schlaff. Ich drehte mich zu Mick um und sah, dass er viel näher herangekommen war. Er schwitzte jetzt, war blass und starr. Er wirkte nicht mehr ganz so ruhig und selbstbewusst.
    Ich richtete die Waffe auf ihn. »Gehen Sie da rüber und schauen Sie nach Bridget.«
    Er warf einen kurzen Blick auf seinen Bruder, dann ging er hinüber, dorthin, wo Bridget am Boden lag.
    »Sehen Sie nach, ob sie noch lebt«, forderte ich ihn auf.
    Er hockte sich neben sie und suchte nach ihrem Puls. Ich beobachtete ihn, überrascht, wie behutsam er es tat – wie er zwei Finger an ihren Hals legte, sich eine Weile still konzentrierte, dann vorsichtig die Lider hob und ihr in die Augen sah.
    »Hat Ray ihr das angetan?«, fragte er und betrachtete ihr übel zugerichtetes Gesicht.
    »Was glauben Sie denn?«
    Er nickte, während er weiter auf Bridget schaute. »Ich glaube, sie hat keine schlimmen Verletzungen … nichts gebrochen.« Er drehte sie auf die Seite und schob ihren Kopf nach hinten. »Ist nur eine schwere Gehirnerschütterung. Sie wird überleben.«
    »Rufen Sie einen Krankenwagen.«
    Er sah mich an. »Das kann ich nicht.«
    »Sie muss behandelt werden. Rufen Sie einen Krankenwagen.«
    Er stand auf und schüttelte den Kopf. »Das wird nicht passieren, John.«
    Ich rammte die Pistole in Rays bewusstlosen Kopf. »Wenn nicht, ist Ihr Bruder tot.«
    Mick starrte mich eine Weile schweigend an, warf wieder einen Blick auf Ray, dann ging er zu dem Sofa und setzte sich. »Wenn ich einen Krankenwagen rufe«, sagte er müde, »wird automatisch die Polizei informiert. Und wenn die herkommen … na ja, dann war’s das. Dann sind zu viele Leute in die Geschichte verwickelt. Sie werden das mit Ray und mir rausfinden und das mit dem Gerrish-Mädchen …«
    »Und mit den andern, die er umgebracht hat.«
    Er sah mich an. »Sie wissen es?«
    »Ja, ich weiß es. Ich weiß alles.«
    Er seufzte. »Ray kann nichts dafür –«
    »Ach, hören Sie doch auf«, stieß ich hervor. »Erzählen Sie mir nicht so eine Scheiße. Er hat fast dreißig Frauen ermordet, verdammt noch mal. Dreißig. Er hat sie gefoltert, mit dem Messer auf sie eingestochen, sie verstümmelt … und Sie wollen mir einreden, er kann nichts dafür?«
    »Er kann wirklich nichts … es ist …«
    »Es ist was ?«
    Bishop schaute einen Moment zu Ray hinüber und betrachtete seinen Bruder fast in der gleichen gefühllosen Weise, wie Ray mich betrachtet hatte. »Er ist einfach so. Er ist krank . Krank im Kopf, krank im Herzen … was auch immer. Ihm fehlt was. Er ist so geboren … es war von Geburt an etwas nicht richtig mit ihm.«
    »Und das entschuldigt alles, ja? Das gibt ihm das Recht, sein Leben lang Menschen zu töten?«
    »Nein …«
    »Wieso decken Sie ihn dann?«
    »Weil er mein Bruder ist. Er ist alles, was ich habe. Alles, was ich je gehabt habe.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Als Bishop dasaß und schweigend zu Boden starrte, sah ich all die Jahre des Schmerzes und der Trauer in seinen Augen und mir war klar, es war nur sein Schmerz, sein Leiden, aber was er getan hatte, was seinem Bruder durch ihn möglich geworden war, hatte so unendlich viel mehr zerstört und so viele unschuldige Menschen in Verzweiflung gestürzt …
    »Es ist einfach passiert«, hörte ich ihn sagen. »Ich wollte nicht, dass es so endet …« Seine Stimme klang distanziert und weit weg, fast so, als spräche er mit sich selbst. »Ray hatte nie vor , Mum und Dad zu töten, er wollte es ihnen nur heimzahlen, dass sie solche Arschlöcher waren. Aber nachdem er das Haus niedergebrannt hatte und dann Pin Hall … na ja, da wusste ich, dass er Geschmack am Töten gefunden hatte und weitermachen würde, und dass ich nichts dagegen tun konnte. Also dachte ich, es wäre das Beste, wenn er wegzöge …«
    »Wieso, verdammt?«, fragte ich. »Was sollte das Ihrer Meinung nach bringen?«
    Er zuckte die Schultern. »Wenn er hiergeblieben wäre … wenn er sich an irgendeinem Ort zu lange aufhielte, hätte man ihn geschnappt. Aber wenn er ständig umzog …«
    »Wäre es leichter für ihn, ungestraft davonzukommen?«
    Bishop
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