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Schlafende Geister

Schlafende Geister

Titel: Schlafende Geister
Autoren: Kevin Brooks
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Frau vergewaltigt und ermordet wurde … der Mann, der zufällig Annas Leiche gefunden hat … der Mann, dessen Vater –«
    »Hey, du Arschloch«, sagte Bridget plötzlich von der anderen Seite des Zimmers. »Wieso hältst du nicht einfach die Klappe und tust es endlich?«
    Bishop erstarrte einen Moment, dann schaute er langsam zu ihr hinüber. Sie hatte sich noch nicht gerührt, sie saß noch immer mit den Händen hinterm Rücken auf dem Fußboden, als ob sie weiter an die Heizung gefesselt wäre. Aber unglaublicherweise wirkte sie jetzt nicht mehr verängstigt oder unter Schock … sie schaute einfach nur völlig verächtlich.
    »Ich meine, verdammt, dieses ganze Gelaber «, sagte sie und grinste ihn dabei höhnisch an. »Blablabla … das ist so verdammt langweilig .«
    Bishops Gesicht verdunkelte sich, als würde der Schatten einer Wolke darüberziehen, und als er sich von mir abwandte und auf Bridget zuging, hätte ich schwören können, dass der Raum kälter wurde. Er beeilte sich nicht, er ging einfach schweigend durchs Zimmer und blieb nur kurz am Tisch stehen, um das Messer zu nehmen. Bridget beobachtete ihn die ganze Zeit, ihr Blick ließ seinen nicht los. Mir war klar, dass sie Todesangst haben musste – es konnte gar nicht anders sein –, doch in ihren Augen war keine Angst zu sehen.
    Bishop blieb vor ihr stehen – das Messer in der einen Hand, die Pistole in der andern – und für ein, zwei Sekunden stand er bloß da und starrte auf sie herab, ohne das kleinste Blinzeln, den ganzen Körper unnatürlich versteift.
    »Gott«, stöhnte Bridget, starrte zurück und schüttelte den Kopf. »Du bist wirklich erbärmlich .«
    Seine Lippen glitten über die Zähne zurück, ein schrecklicher zischender Laut drang von ganz hinten aus seiner Kehle und für einen kurzen Moment fürchtete ich, dass sie zu lange gewartet hatte, doch gerade, als sich sein Körper dehnte und er das Messer hob, um zuzustechen, schoss ihre Hand vor und bohrte das Klappmesser tief in seinen Schenkel. Als er aufschrie und rückwärts taumelte, sprang Bridget auf die Beine, stürzte sich wütend auf ihn und stieß ihm das Messer in den Bauch. Er stöhnte und sank auf die Knie, ließ Pistole und Messer fallen. Da rammte ihm Bridget – mit einem Schrei voller Wut – ihre Faust ins Gesicht.
    »Du Arschloch!«
    Und wieder.
    »Du elendes ARSCHLOCH!«
    Und als er stürzte, am Boden zusammenbrach und den Kopf mit den Händen schützte, drehte sie komplett durch – trat ihn, trampelte auf seinem Kopf herum, schlug ihn, stach mit dem Messer auf ihn ein … und schrie dabei die ganze Zeit wie eine Todesfee. » DU! DRECKIGES! ELENDES! DRECKIGES! ELENDES! ARSCHLOCH!«
    Sie brachte ihn um.
    Er hatte ihren Hund getötet.
    Sie würde ihn umbringen.
    Und ich wusste genau, wie sie sich fühlte. Er hatte es verdient zu sterben, er musste sterben … er würde sterben. So wie Anton Viner. Aber ich wusste auch, was es in ihr anrichten würde, wenn sie Bishop tötete, was es ihr nehmen würde, wie sie – so wie ich – mit gebrochener Seele zurückbliebe … und das hatte sie nicht verdient.
    »Bridget!«, rief ich.
    Sie rammte ihre Füßen gegen Bishops Kopf.
    »Bridget!«
    Sie trat ihm brutal in die Eier.
    »BRIDGET!!«
    Verwirrt hielt sie inne und sah zu mir rüber. Mit gebleckten Zähnen, die Hände voll Blut. Ihre Augen weiß und wild.
    »Es ist gut«, sagte ich sanft. »Du kannst aufhören.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er hat Walter getötet.«
    »Ich weiß, aber –«
    Sie schaute auf Bishop herunter. Er lag zusammengekrümmt vor ihr auf dem Boden, geschlagen und blutüberströmt, rührte sich nicht … es war schwer zu sagen, ob er noch lebte.
    »Bridget?«, sagte ich leise.
    Sie sah mit verstörtem Blick wieder zu mir.
    »Kannst du zu mir kommen und mich losschneiden?«, fragte ich.
    Sie nickte, bewegte sich aber nicht.
    Ich lächelte sie an. »Bitte.«
    Sie kam auf mich zu, leicht taumelnd.
    »Ist gut«, sagte ich. »Ganz ruhig …«
    »Ich bin okay«, murmelte sie und weinte jetzt.
    »Ich weiß.«
    »Ich hab nur … er hat ihn getötet …«
    »Ist gut«, sagte ich. »Es ist jetzt vorbei … es ist vorbei. Du musst mich nur losschneiden, ja? Kannst du das tun?«
    Sie blieb vor mir stehen und schaute auf das Klappmesser in ihrer Hand. Sie wirkte verwirrt, als ob sie nicht verstehen könnte, wieso sie es in der Hand hielt und warum es voll Blut war.
    »Komm schon, Bridget«, sagte ich. »Bitte …«
    Sie sah mich an, blinzelte
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