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Mission Unterhose

Mission Unterhose

Titel: Mission Unterhose
Autoren: Tulipan Verlag
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»Ich leg dich um!«, brüllte der Mafiaboss durch die Nacht. »Sag Goodbye zum Leben!« Benny Hotton und sein Partner Phil hechteten hinter die nächste Hausecke und duckten sich. Sekunden später pfiffen die Kugeln über ihre Köpfe. »Geben Sie auf!«, rief Hotton dem Gangster zu. »Sie kommen hier nicht lebend weg!« Aber er bluffte nur. Ihre Pistolen waren bereits leergeschossen. Phil und er waren ihrem Gegner hilflos ausgeliefert.
    Hannes lag im Schatten unter dem Apfelbaum auf der Gartenliege, aß Erdnusskekse und verschlang gierig jedes Wort aus dem Benny-Hotton-Heft. Benny Hotton war Geheimagent. Es war ungefähr das tausendste Benny-Hotton-Heft, das Hannes las. Heimlich natürlich, seine Eltern wollten nicht, dass er Benny-Hotton-Hefte las. Weil sie viel zu brutal waren. Und weil es keine richtigen Bücher waren, sondern eben nur Heftchen, die man für einen Euro siebzig am Zeitungskiosk kaufen konnte.
    »Schund!«, sagten Hannes’ Eltern. »Ganz schlecht geschriebener Schund ist das!«
    Hannes fand die Hefte kein bisschen schlecht geschrieben. Und Herr Moll fand das auch nicht. Herr Moll war uralt und Hannes’ Nachbar. Er arbeitete nicht mehr, aber früher war er bei der Kriminalpolizei gewesen.
    »Nicht weiter aufregend«, sagte er immer, wenn Hannes ihn bat, davon zu erzählen. »Hin und wieder eine kleine Schießerei, aber ansonsten war wenig los.«
    Und dann erzählte er Hannes, was alles wenig los gewesen war, an Prügeleien und Banküberfällen und Verfolgungsjagden und Geiselbefreiungen.
    Herr Moll kaufte sich jede Woche ein neues Benny-Hotton-Heft, und wenn er es ausgelesen hatte, reichte er es Hannes über den Gartenzaun. Mit einer Packung Erdnusskekse.
    »Denn die gehören dazu«, sagte Herr Moll. »Es gibt nichts Besseres, wenn man einen Agentenroman liest, als Kekse mit dicken Erdnüssen drin, glaub es mir.«
    Zurzeit ging alles gut, was heimlich getan werden musste, denn es waren Sommerferien. Die kleine Sackgasse mit den Reihenhäusern, in der Hannes wohnte, war in diesen Wochen fast so unbewohnt wie der Mond. Auf jeden Fall war es so still wie auf dem Mond. Alle anderen Kinder aus der Siedlung waren im Urlaub. Hannes war das sehr recht. Er mochte es, wenn er seine Ruhe hatte.
    Seine Eltern mussten arbeiten und waren den ganzen Tag fort. Sie hatten sich gesorgt, dass Hannes alleine nicht zurechtkäme, aber er hatte sie beruhigt. »Ich bin sehr, sehr vernünftig«, hatte er gesagt, und das stimmte. Und außerdem gab es ja Herrn Moll, der versprochen hatte, sich zu kümmern, wenn Hannes es brauchte.
    Hannes konnte also tun und lassen, was er wollte. Es gab allerdings nicht viel, was er tun und lassen konnte, außer heimlich Schund lesen. Er hätte natürlich auch heimlich fernsehen können oder am Computer sitzen, aber bei Hannes gab es beides nicht. Seine Eltern waren dagegen. »Fernsehen und Computer«, sagten sie, »das macht dumm. Das ist wissenschaftlich erwiesen.«
    Es lohnte sich nicht, seinen Eltern zu widersprechen, das wusste Hannes. Sie waren nämlich Psychologen. Es war ihr Job, mit Leuten zu reden, die irgendwelche Probleme hatten. Hannes’ Eltern redeten und redeten und redeten mit den Leuten, bis die Probleme weg waren. Zu Hause redeten Hannes’ Eltern weiter. Und wenn Hannes eine andere Meinung hatte als sie, diskutierten sie so lange mit ihm, bis er müde wurde und aufgab.
    Seitdem Hannes die Agentenheftchen las, wusste er, was er werden wollte, wenn er groß war. Agent natürlich. Mit Anzug und Schlips und Sonnenbrille und Pistole. Er würde in einer unterirdischen Geheimwohnung leben. Über der Wohnung war zur Tarnung ein Auto geparkt. Man musste den Kofferraum aufklappen und hineinsteigen, um durch einen Gang in die Tiefe zu gelangen. Hannes würde alleine dort wohnen und jeden Tag Kekse essen und niemand würde ihn bei irgendetwas stören.
    Gerade war Benny Hotton gefesselt und geknebelt in den Kofferraum eines Wagens geworfen worden und wurde an einen unbekannten Ort entführt. Er versuchte, die Seile von den Handgelenken zu lösen, aber sie saßen zu fest. Hotton hatte keine Chance. Hannes saugte Seite um Seite auf und zerknackte dabei eine Erdnuss nach der anderen zwischen den Zähnen.
    »Hey!«, rief es vom Gartenzaun her.
    Hannes sah und hörte nichts. Hotton hatte eben mit den Zähnen eine Nagelfeile aus der Brusttasche seiner Anzugjacke gezogen. Nun krümmte und wand er sich in dem engen Kofferraum, um mit der Feile an die Fußfesseln heranzukommen.
    »Hey! Hey!
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