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Schiffe versenken

Schiffe versenken

Titel: Schiffe versenken
Autoren: Mark Chisnell
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flog durch die Luft und ich hechtete ihm hinterher. Beinahe hätte ich ihn erwischt, da krachte mir ein Stuhl in die Kniekehlen. Ich ging hart zu Boden und dachte, das war’s, jetzt bringen sie dich um. Ich drehte mich um, durfte nicht aufhören, mich zu bewegen, schlug nach allem und nichts, um zu verhindern, dass sich der Kreis um mich herum schloss. Ich erwartete den Schlag, den kommenden Schmerz. Aber er kam nicht.
    In entsprechenden Büchern heißt es immer, wenn man Kneipenschlägereien gewinnen will, muss man bereit sein, sofort zu rückhaltloser Gewalt überzugehen. Keine Experimente mit diesem inszenierten Blödsinn, den man im Kino sieht, sondern sofort mit dem härtesten Gegenstand, den man zur Verfügung hat, mit voller Kraft auf die weichste Stelle schlagen, die man erreichen kann. Mit dem Schädel auf die ungeschützte knorpelige Nase, mit dem Knie in den Schritt, den Fingern ins Auge – das sind gute, solide Kneipenschläger-Techniken. Dieser Kerl musste die Anleitung dazu geschrieben haben.
    Er tauchte hinter dem Kreis der Thais auf. Er war mir vorher nicht aufgefallen und er sah wirklich nicht aus wie ein ActionHeld. Er war eher zierlich gebaut, höchstens einsachtzig groß und trug Chinos sowie ein Hemd mit offenem Kragen. Das rötliche Haar hatte einen kurzen Militärschnitt. Keine Muskelpakete, keine asiatische Kampfkunst-Haltung. Aber er war fit und sein Gesicht so hager wie der Rest seines Körpers. Falten und Sommersprossen zeugten von zu viel Sonne. Er strahlte eine beinahe übernatürliche Ruhe aus. Ohne die Miene zu verziehen, schlug er mit der linken Hand gegen die Kehle einer meiner Angreifer. Der Mann ging zu Boden, würgte und versuchte verzweifelt, durch die eingeschlagene Luftröhre zu atmen. Sein nächster Kumpan wandte sich um, aber er war zu langsam. Etwas Metallisches blitzte auf, als die rechte Hand des Fremden mit einem geraden Schlag nach vorne schoss. Der Thai kippte nach hinten um und fasste sich an sein blutiges Gesicht.
    Dann war alles ruhig. Sehr clever, dachte ich. An ihrer Stelle hätte ich es auch nicht eilig, mich zu bewegen. Der Neuling nutzte die Situation und stellte sich zwischen mich und die Thais. »Alles okay ?«, fragte er über die Schulter hinweg. Amerikaner.
    »Klar, danke.« Vorsichtig stand ich auf, bürstete den Staub von mir ab und machte ein paar dringend nötige Atemzüge.
    Er wandte seinen Blick nicht von den fünfen ab, die immer noch da standen, während er die schwere Edelstahluhr von seinen Knöcheln wieder auf das Handgelenk zurückschob. In der Stille hörte ich, wie der Verschluss des Armbandes zuschnappte. »Wir gehen jetzt«, sagte er zu ihnen. Keiner rührte sich. »Wir gehen jetzt ganz ruhig und langsam«, fuhr er leiser fort. »Sie zuerst. Passen Sie hinter uns auf, ich behalte diese Jungs hier im Auge.« Ich ging rückwärts zur Tür, während der Fremde mir bis auf die Straße folgte. Gemeinsam machten wir uns schnell auf den Weg. Einoder zweimal warf er einen Blick über die Schulter zurück, aber es folgte uns niemand. Nach etwa einhundert Metern war immer noch kein Verfolger zu sehen. Ich verlangsamte meinen Schritt und blieb schließlich stehen. Ich war ein gutes Stück größer und schwerer als dieser Mann, aber ich konnte mich in dem Menschenstrom um uns herum kaum halten, während ihm das keine Probleme zu bereiten schien.
    »Kann ich Ihnen einen Drink ausgeben ?«, fragte ich. »Sie haben mir die Haut gerettet.«
    »Ist schon gut, das waren sowieso Arschlöcher.« Er beendete den Satz mit einer Grimasse, die ein Lächeln hätte sein können, und zeigte sehr unamerikanisch gelbe Zähne. »Aber den Drink nehme ich trotzdem an. Ich kenne da einen Laden am Strand. Der Besitzer ist ein Bekannter – da sind wir ungestört.«
    Ich folgte ihm bergab zum Meer, von dem man nur die weiße Linie der Brandung sehen konnte. Wir wandten uns nach Westen und gingen parallel zum Strand weiter. Ich rasselte gegen eine Bank mit Modeschmuck. Herrgott, wie viel hatte ich denn schon getrunken ? Die ernüchternde Wirkung des Adrenalinschubes begann abzuklingen. Wir gelangten in eine rückwärtige Gasse zwischen Holzhütten, prasselnden Feuern und stummen Blicken und gingen noch fünfzig Meter weiter bis zu einer Bar, die vor dem Touristenstrom verborgen war. Die Art Bar, wo die Gäste den Besitzer kennen mussten, oder sie kamen nicht herein. Auf einem festgestampften Erdboden standen ein paar Bambustische und -stühle verstreut herum. Ansonsten war
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