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Schiffe versenken

Schiffe versenken

Titel: Schiffe versenken
Autoren: Mark Chisnell
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wurde erst neon-orange, dann rot, dann grün. Barmädchen kreischten den sich vorbeischiebenden Menschenmassen zu. Die Touristinnen schauten weg, ihre Männer glotzten. Ich hob das Glas Mekong und Coke etwas unsicher an die Lippen. Die Eiswürfel waren nur noch eine geisterhafte Erinnerung in der lauwarmen zuckersüßen Flüssigkeit. Schon vor einer Weile hatte ich aufgehört, die Drinks zu zählen. Über den Rand des Glases hinweg betrachtete ich das Mädchen neben mir. Die Schönheit der thailändischen Frauen wird nur übertroffen von dem Ruf ihres Landes, sie billig zu verkaufen. Tiefschwarzes Haar, Schlafzimmerblick, die schmale Figur gut verpackt in dem kurzen, seidenen und sehr roten Kleid. Die unverfrorene Anmache kontrastierte mit einer überraschenden, beinahe leuchtenden Naivität in ihrem Gesicht. Aber es war die Anmache, an der ich interessiert war. Die Augen sagten, dass sie verfügbar war. Das sind sie alle, für Geld.
    Das rabenschwarze Haar verschleierte ihr Gesicht, als sie sich hinunterbeugte, um eine Zigarette anzuzünden. Das Streichholz flackerte in der Düsternis, gefährlich nahe an ihrem Haar. Das war der Augenblick, auf den ich gewartet hatte. Ich hob meine Hand, um den Haarschopf zur Seite zu schieben.
    »Nicht Mädchen anfassen«, sagte die Stimme.
    Ich schaute mich ein wenig überrascht um, während meine Hand kurz vor ihrem Gesicht in der Luft hing. Es war der Barkeeper. Er hatte unsere Unterhaltung schon eine Stunde lang beobachtet, warum hatte er plötzlich damit ein Problem ? Unwillkürlich kräuselten sich meine Nasenflügel in einer Wolke scharfen Rauches. Ich wandte mich wieder dem Mädchen zu. Sie atmete in meine Richtung aus. Ihre roten Lippen küssten die Luft und wandelten sich dann zu einem breiten Grinsen. Ein kurzer Schreck bahnte sich seinen Weg durch den Alkoholnebel. Der Barkeeper trat hinter dem Tresen hervor und nahm seine Schürze ab. Das darunter erscheinende T-Shirt war nicht viel sauberer als die Schürze, und es saß eng an einem beachtlichen Körper. Er sah nach ziemlichen Muskeln aus.
    »Nicht anfassen«, wiederholte er.
    »Wer sagt das ?«, fragte ich, bevor ich überlegt hatte.
    »Ich«, antwortete er einfach. Das Gesicht war teilnahmslos, die Augen leer. Ich hätte gehen können, wenn ich schlau gewesen wäre. Aber mein Mundwerk war schneller.
    »Und wer zum Teufel sind Sie ?«, fragte ich.
    Die Augen huschten zu seiner Rechten. Ich folgte seinem Blick und ein weiterer Thai erschien, dessen teures weißes Hemd mit dem Buttondown-Kragen irgendwie nicht so recht zu den dicken tätowierten Unterarmen passte. Das musste der Manager sein. Doch es war mehr noch die Eisenstange, die er auf den Holztresen zwischen uns legte, die mich interessierte.
    »Der Boss mag es nicht, wenn Sie seine Freundin anfassen«, sagte der Barkeeper. Aha. Die Freundin des Managers. »Sie machen sie schon ganzen Abend lang an, und jetzt hat er genug.«
    Dies ist der Augenblick in allen Konflikten, potenziellen und bereits gelösten, wo die innersten Instinkte einen entweder aus dem Schlamassel herausführen oder hoffnungslos darin verstricken. Diesmal hatte der Alkohol das letzte Wort.
    »Tja, dann sollte er sie nicht wie ’ne Nutte angezogen zusammen mit dem Rest der Ware hier sitzen lassen«, lallte ich.
    Ich hörte einen Pfiff und sah, wie sich weitere fünf Thais aus den einzelnen Gruppen von Trinkern lösten. Sehr viel greller Goldschmuck passte nicht zu dezenten Brooks Brothers-Hemden. Stuhlbeine kratzten auf dem Holzfußboden, als die anderen Gäste sich umwandten, um die Show zu sehen. Die fünf näherten sich lässig. Sie schienen nicht zu denken, dass ich ihnen großen Ärger machen würde. Da hatten sie wohl Recht. Ich konnte den Alkohol in meinem Gehirn herumschwappen spüren; meine Gedanken waren langsam und meine Bewegungen noch langsamer. Das hier war zu viel. Ich sah, wie der Boss den Wagenheber vom Tresen nahm. Er bewegte sich ruhig nach rechts und versuchte, mich zwischen sich und dem Barkeeper festzunageln. Ich stand vom Barhocker auf, um etwas Distanz zu gewinnen. Meine Augen huschten zwischen den Gruppen hin und her. Das Mädchen war weg.
    Primitive Überlebensinstinkte schalteten sich ein; Blut pumpte, mein Kopf wurde klar. Die Thais schossen so plötzlich auf mich zu wie das Adrenalin durch meinen Körper. Ich tauchte unter dem durch die Luft geschwungenen Wagenheber durch und überraschte den Manager mit einem Tritt in den Magen. Er krümmte sich. Der Wagenheber
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