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Der Mitternachtsdetektiv: Unter Wölfen (German Edition)

Der Mitternachtsdetektiv: Unter Wölfen (German Edition)

Titel: Der Mitternachtsdetektiv: Unter Wölfen (German Edition)
Autoren: Dane Rahlmeyer
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Für Hennes: Hörspielfan und Gelegenheitsdetektiv
     
     
    Danke an Ursula, Jan, Andreas, Sabine und natürlich Joy. Ihr seid die Besten!
     
     
    »Lupus est homo homini.«
    – Titus Maccius Plautus
     
    »Wölfe sind auch nur Menschen.«
    –      unbekannt
     
     
    1
     
    Mein Name ist Kai Hellmann, ich bin einunddreißig, Privatschnüffler.
    Weihnachten stand kurz bevor. Die Nächte waren schwarz und eisig und die Tage – keine Ahnung; es war lange her, seit ich zum letzten Mal das Tageslicht ges e hen hatte. Die Geschäfte liefen seit Wochen mies, wä h rend sich die Rechnungen auf meinem Schreibtisch zu mageng e schwürerregender Höhe auftürmten.
    Ich brauchte einen Klienten – und zwar so bald wie möglich. Vorzugsweise einen normalen Klienten. Mit normalen Problemen.
    Nur war weit und breit keiner in Aussicht. Und die roten Zahlen wurden immer roter.
    Ich versuchte gerade mich mit einer Ein-Mann-Jam-Session auf dem Saxophon abzulenken. Kaum war ich über die ersten drei Noten von Baker Street hinaus, donnerte es so heftig g e gen die Tür, dass die Bilder an den Wänden wa c kelten.
    Seufzend nahm ich das Mundstück von den Lippen, setzte mein bestes Perfekter-Schwiegersohn-Lächeln auf und öffnete.
    Da stand sie, in all ihrer ergrauten, dauergewellten Pracht: Die Witwe Prapotnik. Die kratzbürstigste Hexe, die niemals einen Besen geritten hat.
    »Herr Hellmann.« Ihre Stimme war so frostig, dass sie Eisblumen an die Fenster zaubern konnte. Sie zog dr a matisch lang an ihrer Zigarette und blies den Rauch scheinbar nur unter größter Willensanstrengung nicht in meine Richtung. »Es ist nach einundzwanzig Uhr!«
    »Hallo, Frau Prapotnik«, säuselte ich so süß, dass selbst ein Einhorn an Zuckerschock gesto r ben wäre.
    »Junger Mann.« Ihre Augen waren winzig und dunkel wie die eines Maulwurfs. Eines schlecht gelaunten, nik o tinabhängigen Maulwurfs. »Was hatten wir über das Trompete-Spielen nach einundzwanzig Uhr verei n bart?«
    »Das ist eigentlich mehr ein Saxophon.« Ich bekam langsam Krämpfe vom Gute-Miene-Machen.
    »Und wenn’s die Posaunen von Jericho wären«, sie hob den knöcherigen Finger, »nach neun haben Sie di e ses Gedudel zu unterlassen!« Ihr Fingernagel – gelb und säbelartig – deutete auf meine Kehle.
    Ich ließ mein angestrengtes Grinsen fallen. »Kommt nicht wieder vor, versprochen.« Ich wusste aus gut u n terrichteten Quellen, dass es niemand sonst im Haus gab, den meine musikalischen Ergüsse störten. Aber ich hielt den Mund.
    Sie leider nicht.
    »Und noch etwas. Heute ist Mittwoch. Sie wissen, was das bedeutet?«
    »Ja. Das ist der Tag nach Dienstag.« Eine Welle für Kai Hellmann, Privatschnüffler und Komik-Gott!
    Die bösen Maulwurfsaugen sprühten Funken. »Nein, das bedeutet, dass Sie mir immer noch die Miete schuldig sind. Sie wollen doch Privatdetektiv sein. Sollten Sie sich dann nicht um Kundschaft kümmern, statt dem ganzen Haus mit Ihrem Blasinstrument auf die Nerven zu gehen? Zum Beispiel könnten Sie zur Abwechslung mal morgens aufstehen und abends zu Bett gehen, wie jeder anständige Bundesbü r ger!«
    Ihr Wort in Gottes Ohr. Leider hatte sich nach meinen letzten nocturnen Jobs mein Schlafrhythmus immer noch nicht normalisiert; ich schlief bis in die Puppen wie eine verdammte Fledermaus. »Ich gelobe Bess e rung«, sagte ich und formte in Gedanken die folgende Gleichung: Im selben Haus wie Vermieterin wohnen = blöde Idee¹º.
    »Ist mir ja auch schnurz.« Die Zigarettenspitze glühte wie ein Drachenauge auf, als sie an dem Glimmstängel saugte. »Bis Samstag ist die Miete auf meinem Konto, ansonsten schmeiß’ ich Sie endgültig raus. Und en d gültig heißt endgültig, egal wie viele Blumen Sie mir diesmal schicken.«
    Ich schluckte. Wenn es jemand fertig bringt, seinen Mieter kurz vor Heiligabend rauszuschmeißen, dann Frau P. Danke, lieber Gott. Hast du nicht Lust, noch mal ordentlich nachz u treten, wo du schon mal dabei bist?
    »Haben Sie mich verstanden, junger Mann?«
    »Hab’ verstanden«, murmelte ich. »Keine Bl u men.«
    »So was.« Sie machte auf dem Absatz kehrt. »Keinen Respekt, die Jugend! Keinen –!«
    Ich schloss wohlweislich die Tür, um dem Rest der Tirade zu entgehen.
    Kai, alter Junge, dachte ich. Vielleicht ist der Zei t punkt endgültig gekommen, in die Freuden der Fast-Food-Industrie einzutauchen. Oder deine linke Niere zu ve r scherbeln.
    Wieder ein Klopfen. Ich unterdrückte mit aller Macht ein tonnenschweres
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