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Schiffe versenken

Schiffe versenken

Titel: Schiffe versenken
Autoren: Mark Chisnell
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zittern begann, und eine Träne zog ihre Spur über sein blutverschmiertes Gesicht. Er drückte das Baby so fest und so lange an sich, dass Cappson ihm schließlich die Hand auf die Schulter legte, voller Sorge, er könnte es ersticken. Hamnet lockerte den Griff und betrachtete sein Kind. Der gelbe Strampelanzug war dreckig, das Gesichtchen immer noch gerötet, aber es hatte aufgehört zu schreien und schaute nun mit großen, neugierigen Augen um sich.
    »Jetzt wird alles gut, für uns alle drei, alles wird gut, ich werde dich nie mehr allein lassen«, flüsterte Hamnet mit erstickter Stimme. Dann schaute er die Männer an, die um ihn herumstanden. »Haben wir Milch, irgendetwas, womit wir das Baby füttern können?«
    »Natürlich, in der Kombüse«, sagte ein großer Mann, der sich die Schürze des Smutjes umgebunden hatte. »Kommen Sie mit.«
    Hamnet folgte ihm zum Block mit den Unterkünften, dann drei Treppen hinauf in die Messe, die er vor kurzem noch voller Angst durch das Glas in der Tür betrachtet hatte. Die Kombüse lag am anderen Ende, und Hamnet legte seinen Sohn vorsichtig auf einer Anrichte aus rostfreiem Stahl ab. Hinter ihm wärmte der Smutje bereits die Milch an.
    Liebevoll strich Hamnet durch das dunkle zerzauste Haar. »Annas Haare«, dachte er erschüttert, während er den Strampelanzug und die Windel auszog. »O mein Gott!«, entfuhr es ihm dann. Er merkte, dass er kurz davor war, ohnmächtig zu werden, seine Kehle zog sich zusammen, er biss sich auf die Lippe, und sein Unterkiefer schob sich vor, aber seine Augen schwammen in Tränen. Sein Sohn war eine Tochter. Hamnet verbarg sein Gesicht in der gesunden Hand und begann zu weinen, wie er noch nie zuvor geweint hatte. Er war verzweifelt.
    Er wusste später nicht, wie lange er so dagestanden hatte, aber eine Hand drückte seine Schulter, sodass er reagieren musste. Er schaute auf, atmete tief durch den Mund, schniefte und wischte sich mit seinem linken Arm das Gesicht ab.
    »Der Anführer der Piraten ist zu sich gekommen und will was von Ihnen.«
    Hamnet starrte den Smutje an.
    »Ich werde mich um das Baby kümmern«, sagte der große Mann, »gehen Sie nur.«
    Hamnet folgte dem Schweden auf die Brücke, während er seine letzten Tränen trocknete. Dann sah er Mandal – der sich saubere Hosen angezogen hatte, wie Hamnet etwas boshaft registrierte – über Janac gebeugt auf der nun hell erleuchteten Brücke stehen, und der Bandit lag klein und erbärmlich in seinem eigenen Blut.
    Mandal richtete sich auf. »Ich konnte die Blutung stoppen, und wir haben ihn an einen Tropf gehängt, den wir aus unserem Krankenrevier geholt haben. Aber ich glaube, die Kugel hat sein Rückgrat verletzt, denn er kann sich nicht bewegen und ist unterhalb des Brustkorbs völlig gefühllos. Wir haben allerdings nicht mehr genug Morphium, und die letzte Ration läuft gerade durch.«
    »Lassen Sie im achtern angebrachten Rettungsboot nachschauen, ob dort noch mein Satellitentelefon liegt. Vielleicht können wir damit Hilfe anfordern«, sagte Hamnet, während er neben Janac in die Hocke ging, und Mandal machte sich auf den Weg, nachdem er Cappson den Auftrag weitergegeben hatte.
    Als er Hamnets Stimme hörte, öffnete Janac die Augen, aber sein Atem war fast nicht mehr spürbar. Er schaute ihn lange an, seine Lippen bewegten sich kaum, und seine Stimme war ebenfalls kaum noch zu hören. Hamnet beugte sich noch weiter hinunter und legte sein Ohr dicht an die Lippen, damit er ihn verstehen konnte.
    »Hast du ihn umgelegt?«
    Hamnet wich irritiert zurück. »Wen?«, fragte er und beugte sich dann wieder hinunter.
    »Den Filipino, damals im Rettungsboot.« Die Stimme rasselte nur noch.
    Hamnet grinste.
    »Ich muss es wissen«, murmelte Janac schließlich.
    Hamnet wippte auf seine Fersen zurück, rieb sich die Wange und starrte die blutverschmierte Hand an, die auf ihn zukam. Mord und Totschlag überall. Nur drei lebende Menschen wussten, was damals geschehen war. Keiner hatte jemals ein Sterbenswörtchen darüber verloren. Es gab auch keinen Grund, das jetzt zu ändern. Hamnet näherte sich Janac wieder und flüsterte ihm ins rechte Ohr: »Nach dem, was du meiner Frau und meinen Kindern angetan hast? Zur Hölle mit dir!«
    Einen Moment lang schlossen beide die Augen. Hamnet wusste, dass ihn die tiefen, grauen Tümpel nicht loslassen würden. Er stand auf, schaute sich auf der Brücke um und sah das MP5, das immer noch dort lag, wo Tosh es abgelegt hatte. Er ging hinüber, hob
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