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Roter Herbst - Kriminalroman

Roter Herbst - Kriminalroman

Titel: Roter Herbst - Kriminalroman
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Bilder kamen in ihm hoch, traten aus dem Dunkel der Vergangenheit hervor, blieben einen Moment, vage und bedrohlich, ehe er sie schnell wieder wegwischte.
    Plötzlich spürte er die Kälte des hereinbrechenden Abends.

2
    Amanda Wouters stammte aus einem der ärmlichen Dörfer am Rande des großen Moores. Ihre Eltern hatten dort, ebenso wie ihre Großeltern, die einst aus dem Belgischen gekommen waren, eine kleine Landwirtschaft betrieben und sich zeit ihres Lebens abgerackert, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Schon während ihrer Schulzeit hatte Amanda auf dem kleinen Hof mitgearbeitet und später, als die Eltern die Landwirtschaft hatten aufgeben müssen, der Vater war viel zu früh krank und bettlägerig geworden, hatte sie für sie gesorgt und sie gepflegt.
    Trotz eines glänzenden Abiturs fand sie nach ihrer Schulzeit nur eine schlechtbezahlte Tätigkeit als Schreibkraft bei der örtlichen Polizeidienststelle. Gute Jobs wuchsen in der Gegend nicht auf Bäumen und waren vor allem rar, wenn jemand, so wie Amanda, räumlich gebunden war. Sie sah es jedoch als ihre Pflicht an, für ihre Eltern da zu sein.
    Als sie 28 Jahre alt war, heiratete sie. Es war keine Liebeshochzeit und entsprang auch nicht einem Bedürfnis nach erotischer Erfülltheit, etwas, das sie höchstens vom Hörensagen kannte, sondern erfolgte eher aus einer gewissen Ermüdung und Erschöpfung, die sie nach männlicher Unterstützung suchen ließ.
    Ihr Mann erwies sich allerdings als totaler Fehlgriff, da er weder in der Lage war, sie sexuell zu befriedigen noch bereit war, ihr die starke Schulter zu bieten, nach der sie suchte.
    Wenige Jahre nach ihrer schlichten Hochzeit jagte sie ihn aus dem Haus und schwor sich, niemals mehr derart ihre Zeit zu vergeuden.
    Ihre Eltern starben im Jahr nach der Scheidung, zuerst ihr Vater und nur drei Monate später ihre Mutter. Ein tiefer Einschnitt in ihrem Leben, doch zum ersten Mal fühlte sich Amanda absolut frei. Sie war mittlerweile 32 Jahre alt und die Welt stand ihr plötzlich offen.
    In ihrer bisherigen Tätigkeit konnte sie beobachten, was es bedeutete, Polizist oder Polizistin zu sein, und sie hatte Gefallen an der Idee gefunden, selbst Polizistin zu werden. So bewarb sie sich an der Polizeiakademie in Frankfurt und dank ihres guten Abiturzeugnisses wurde sie, ein wenig zur eigenen Überraschung, auch angenommen. Sie schnitt als eine der besten ihres Jahrgangs ab und war nach einer Reihe von Jahren, die sie an den verschiedensten Polizeirevieren des Landes absolviert hatte, schließlich wieder in M. gelandet, ganz in der Nähe der Orte, wo sie ihre Kindheits- und Jugendjahre verbracht hatte.
    Amanda Wouters war eine gute Polizistin und im Alter von 42 Jahren zur Leiterin der Kripo in M. berufen worden.
    Sie liebte ihre Arbeit und es hatte den Anschein, als habe sie darin ihre Erfüllung gefunden. Sie verstand es, mit den Kollegen umzugehen, egal ob männlich oder weiblich, und selbst die Verbrecher, die sie zur Strecke brachte, schienen sie als eine unerbittliche Vertreterin einer höheren Gerechtigkeit zu akzeptieren.
    In ihrem privaten Leben herrschte allerdings eine große Leere. Da sie keinen großen Bekanntenkreis hatte, nahmen die Menschen, mit denen sie dienstlich zu tun hatte, an, sie würde ausschließlich für ihren Beruf leben. Das stimmte jedoch nur zum Teil. Zweimal im Jahr machte sie Urlaub in einem afrikanischen Land, was bei den männlichen Kollegen zu süffisanten Äußerungen führte, die sie lächelnd an sich abprallen ließ.
    Schweren Kummer bereitete ihr allein die enorme Größe ihrer Brüste, die sich, verglichen mit den übrigen Körperproportionen, im Laufe der Jahre übermäßig entwickelt hatten. Ein Ende dieser Entwicklung war, wie sie mutmaßte, nicht abzusehen und so war es nicht verwunderlich, dass sie sich gerne Fernsehsendungen ansah, die die erstaunlichen Möglichkeiten der modernen plastischen Chirurgie vorführten. Dies war jedoch ihr Geheimnis, von dem nicht einmal die engsten Freunde wussten.
    »Haben Sie ihn gefunden?«, fragte sie Bichlmaier und verzog dabei ein wenig das Gesicht. Der schüttelte den Kopf. »Ein junger Mann ist vor mir da gewesen.«
    »Was für ein Mann?«
    Bichlmaier zuckte mit den Schultern. »Ein junger Mann eben. Ich kannte ihn nicht. Aber er war behindert?«
    »Wie behindert?«
    »Nicht körperlich, eher …«
    »Jemand mit Downsyndrom?«
    »Ja, wahrscheinlich.«
    »Das war Martin, der Enkel vom alten Berger.«
    »Vom Berger?
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